Der Pferdefleischskandal verunsichert auch Luxemburger Konsumenten. In einer nicht repräsentativen Umfrage auf Tageblatt.lu hatten 38 Prozent der Teilnehmer angegeben, ihren Fleischkonsum zu überdenken bzw. beim Kauf noch stärker auf die Qualität der Ware zu achten.
Fund in Slowenien
Der Pferdefleischskandal weitet sich aus. Neben Funden in Großbritannien, Deutschland, Tschechien, der Schweiz und Hong Kong, wurden jetzt auch Fertiggerichte mit Pferdefleisch in Slovenien entdeckt.Die kroatische Fleischfirma, Ledo, welche Slowenien beliefert, erwägt jetzt eine Klage gegen den Produzenten Tavola in Capellen. „Tavola täuschte uns mit falschem Fleisch,“ betont der slowenische Ledo-Leiter in einem Fernsehinterview . In Slowenien wurden am Mittwoch sämtliche Lasagne-Fertiggerichte vom Markt genommen.
Nun meldet sich auch der Metzerverband zu Wort. Luxemburgische Metzgereibetriebe seien regionale Anbieter, die ihre Produkte von landwirtschaftlichen Betrieben der Region beziehen, so die Vereinigung am Donnerstag. Durch die Kennzeichnungspflicht könne die Produktionskette von der Ladentheke über die Schlachterei bis hinein in den Landwirtschaftsbetrieb lückenlos zurückverfolgt werden. Die Frische der Produkte werde unter anderem durch die kurzen Transportwege zwischen Züchter und Schlachter garantiert werden. Ein anderer Vorteil sei in Luxemburg der persönliche Kontakt zu den Produzenten. Es sei einfach, die tierschutzgerechte Haltung der Nutztiere zu überwachen.
Da die Luxemburger Metzgereien ausschließlich mit frischen Produkten arbeiten, seien sie nicht von den Problemen im Bereich der gefrorenen Fertigmenüs betroffen, heißt es in einer Mitteilung des Metzgereiverbands. Der Pferdefleisch-Skandal sei die Bestätigung, dass industrielle Standards, die man ja auch dem Lebensmittelhandwerk aufdrängen möchte, kein Garant für Qualität und Lebensmittelsicherheit seien.
Fleisch von den Großhändlern
Jean-Marie Oswald, Präsident des nationalen Metzgermeisterverbandes, erklärte Tageblatt.lu am Donnerstag, dass die handwerklichen Metzgereien in Luxemburg ihr Fleisch vorwiegend aus den Schlachthäusern in Ettelbrück und Wecker erhalten. Viele Restaurants würden ihr Fleisch aber über Großhändler beziehen. Dieses Fleisch komme zum großen Teil aus dem Ausland, zum Beispiel aus Frankreich, Polen oder Argentinien so Oswald. Beim Schweinefleisch werden lebende Tiere, unter andrem aus Belgien und Deutschland importiert und hier verarbeitet. Ziegen und Schafe stammen meist aus Luxemburg. Hier gibt es aber saisonbedingte Unterschiede im Angebot.
Geflügel kann in Luxemburg nicht im großen Stil geschlachtet werden. „Wir hatten eine fertige Anlage in Mersch, die aber nie in Betrieb genommen wurde“, erklärte Oswald. Deshalb werde das Geflügel in unseren Nachbarländern geschlachtet und danach wieder mit einer Luxemburger Etikette importiert. Nur ein kleiner Verweis in einer Ecke weise darauf hin, dass das Fleisch einen Umweg über die Grenze gemacht habe. Pferdefleisch wird nur von einigen luxemburgischen Metzgern verkauft, so der Präsident des Metzgereiverbandes. Das meiste Pferdefleisch werde importiert und ist für die Restaurants bestimmt.
Labels
Beim Rindfleisch seien im Zuge der BSE-Krise Labels eingeführt worden, welche die Rückverfolgung des Fleisches vorschreiben. Man müsse jedoch zwischen Metzgereifleisch und sogenanntem „Industriefleisch“ unterscheiden. Früher kaufte der Metzger das Fleisch direkt beim Bauer. Die Tiere wurden auf dem Hof geschlachtet und dann in den Metzgereien verarbeitet und verkauft. Die EU verbietet aber das Schlachten auf den Höfen. Jetzt werden die Tiere in Schlachthäusern geschlachtet und zum Teil verarbeitet. Händler verkaufen sie an die Metzgereien.
Seit etwa 20 Jahren sei jedoch das Phänomen der „Fleischbörse“ aufgetaucht. Die Schlachthäuser schlachten mehr Tiere, als sie für die Aufträge brauchen. Der Rest wird dann versteigert. Das Fleisch wird in ganz Europa zum Schnäppchenpreis verkauft. Unter anderem Hersteller von Fertiggerichten würden dieses Fleisch kaufen, um den Herstellungspreis niedrig zu halten.
Um wirklich gutes Fleisch auf seinem Teller zu haben, soll man „sich eingehend informieren“, so Oswald. Und bereit sein, für Qualitätsware einige Euro mehr zu zahlen.
Fleisch gehört bei vielen Luxemburgern immer noch zu einem guten Essen und gilt als ein Stück Kulturgut: Nach Angaben der UN-Welternährungsorganisation (FAO) werden bei uns durchschnittlich 136 Kilogramm Fleisch im Jahr verzehrt. Das sind im Jahr 45,5 kg Schwein, 43,8 kg Rind, 39,8 kg Geflügel, 1,7 kg Ziege/Schaf/Lamm und 5,8 kg sonstiges Fleisch, darunter auch Pferd. In Luxemburg gibt es ungefähr 90 handwerkliche Metzgereien.
De Maart

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