Sonntag9. November 2025

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Grenzkontrollen: Schengen ist gefährdet

Grenzkontrollen: Schengen ist gefährdet
(Carsten Rehder)

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Die Reisefreiheit im Schengen-Raum wird wegen des Andrangs von Flüchtlingen Schritt für Schritt eingeschränkt. Die Zahl der in Europa ankommenden Flüchtlinge geht allerdings kaum zurück. Eine politische Lösung scheint nicht greifbar.

Nach der Einführung von Grenzkontrollen in Schweden und Dänemark wegen der Flüchtlingskrise wächst die Sorge vor einem Dominoeffekt im Schengen-Raum. „Manche sagen, dies ist das Ende von Schengen, wenn Grenzen so geschlossen werden“, sagte der litauische Außenminister Linas Linkevicius am Dienstag in Vilnius der Agentur BNS zufolge.

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos lud Regierungsvertreter aus Schweden, Dänemark und Deutschland für diesen Mittwoch zu einem Gespräch ein. „Das Ziel dieses Treffens ist es, die Koordinierung zwischen den betroffenen Ländern zu verbessern, um eine bessere Bewältigung des Migrationsdrucks sicherzustellen“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission.

Dänische Grenzer kontrollieren seit Montag für zunächst zehn Tage stichprobenartig die Pässe von Reisenden, um den Zuzug von Flüchtlingen zu begrenzen. Dazu sehe sich das Land gezwungen, weil die schwedische Regierung ihrerseits Kontrollen für Einreisende aus Dänemark gestartet habe, begründete der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen den Schritt.

Mutmaßliche Schleuser festgenommen

Die dänischen Passkontrollen haben bislang nur für geringe Behinderungen an der deutschen Grenze gesorgt. Nach Angaben der dänischen Polizei wurden dort am ersten Tag der Aktion 1100 Menschen überprüft. Längere Wartezeiten oder Staus habe es an den insgesamt 15 Grenzübergängen nicht gegeben. 18 Menschen sei bislang die Einreise verwehrt worden, außerdem seien drei mutmaßliche Schleuser wegen des Verdachts auf Menschenschmuggel festgenommen worden. Dänemark gehört wie die meisten anderen EU-Staaten dem Schengen-Raum an, in dem Grenzkontrollen nur in Ausnahmefällen erlaubt sind.

Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, forderte ein Ende der Kontrollen an europäischen Binnengrenzen. „Schlagbäume und Passkontrollen in Europa sollten der Vergangenheit angehören“, sagte der Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Die Europäer müssten „alles dafür tun, um die Reisefreiheit in Europa wieder zu ermöglichen“. Lambsdorff warf der Regierung von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel eine „chaotische, nicht mit den EU-Partnern abgestimmte Politik“ vor, die das Schengen-System in Gefahr gebracht habe.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn zeigte Verständnis für die schwedischen Ausweiskontrollen. „Ich verstehe, dass Schweden an einem Punkt angekommen ist, an dem das Land überlastet ist“, sagte Asselborn dem «Tagesspiegel» (Mittwoch).

3.771 Menschen starben bei der Flucht über das Mittelmeer

Bei der Flucht über das Mittelmeer sind im vergangenen Jahr 3771 Menschen ums Leben gekommen – und damit mehr als je zuvor binnen eines Jahres. „2015 war das tödlichste Jahr für Migranten und Flüchtlinge, die versucht haben, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen“, sagte der Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Joel Millman, am Dienstag in Genf. Unter den Bootsflüchtlingen auf dieser Route gab laut IOM 492 Todesfälle mehr als 2014. Allerdings flohen 2015 mit rund einer Million Menschen auch beinahe fünfmal so viele wie im Jahr zuvor über das Mittelmeer.

An der türkischen Küste wurden 31 Leichen von Flüchtlingen und Migranten angespült. Die Toten seien am Dienstag in den westtürkischen Distrikten Ayvalik und Dikili geborgen worden, berichtete der Sender CNN Türk. Die Menschen seien bei dem Versuch ertrunken, mit zwei Booten zur griechischen Insel Lesbos zu gelangen.

Die Slowakei wird nun auch Polizisten nach Mazedonien entsenden, um den Zustrom von Flüchtlingen einzudämmen. Regierungschef Robert Fico und Innenminister Robert Kalinak kündigten am Dienstag die Entsendung von 25 slowakischen Polizisten in dieses Nicht-EU-Land an. Schon bisher verstärken 70 slowakische Polizisten den ungarischen und slowenischen Grenzschutz.