Entdeckt, gehypt, steiler Aufstieg und noch steilerer Fall. Das sind Geschichten, die man von Künstlern kennt und die zur Legendenbildung beitragen. Bei Melody Gardot ist es umgekehrt. Ihr Aufstieg beginnt nach dem Fall. Die Legende ist ihr allerdings jetzt schon sicher.
Auftritt
Melody Gardot tritt am
9. April in der Philharmonie auf
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„Narben sind etwas Wunderbares. Egal, wo du sie hast und woher. Weil sie Teil deiner Geschichte sind. Sie machen uns einzigartig.“ Das sagt die heute 30-Jährige in einem Video in der Kultursendung „Titel, Thesen, Temperamente“.
Schicksalsschlag mit 19
Die junge Frau aus New Jersey weiß, wovon sie spricht, sie hat zahlreiche. Mit 19 Jahren scheint ihr Leben vorbei. Sie ist Studentin des Fachs Modedesign und singt in Bars, um sich den Unterhalt zu verdienen. Auf dem Weg zum College wird die Fahrradfahrerin von einem Geländewagen angefahren und schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Mehrere Beckenbrüche, Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen, die einhergehen mit Gedächtnisverlust und Koordinationsstörungen.
Musiktherapie soll helfen, den Heilungsprozess zu unterstützen. Die Songs münden in ihr Erstlingswerk „Worrisome Heart“ und bringen ihrer Musik das Etikett „Smooth Jazz“ ein. Das war 2006.
Neun Jahre später geht sie mit Hilfe eines Gehstocks und trägt stets eine dunkel Brille. Der Unfall hat ihre Augen lichtempfindlich gemacht, sie trägt eine Brille mit abgedunkelten Gläsern. 2015 ist auch das Jahr eines musikalischen Meilensteins für sie. Mit „Currency of Man“, ihrem vierten Album, legt sie das Etikett „Smooth Jazz“ endgültig zur Seite.
„Ich wollte mit Klängen Bilder malen“
Die Songs über Obdachlose, Prostituierte und Gestalten der Nacht klingen wie der Soundtrack zu einem Film.
Rau, rockig, bluesig kommen sie daher mit einer Stimme, die von Kritikern geschätzt und bei Fans unvergessen bleibt. „Ich wollte mit Klängen Bilder malen“, sagt Gardot über das Album, das auch die Geschichte von Emmett Till „malt“. Der schwarze Teen wurde 1955 mutmaßlich aus rassistischen Motiven umgebracht. Die Täter wurden damals freigesprochen. „Preacherman“ ist ihr Statement zum Rassismus in den USA.
Gardot schreibt ihre Songs selbst, vom studentischen „Pianobar-Repertoire“ hat sie sich längst emanzipiert. Wenn dann noch jemand wie Jerry Hey, Trompeter und Arrangeur, an den Aufnahmen mitwirkt, kann nicht viel schiefgehen. Er hatte schon bei Michael Jacksons „Thriller“-Album die Finger mit im Spiel.
De Maart
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