Luxemburg in Laos: Von der Hilfe in einem fast vergessenen Staat

Luxemburg in Laos: Von der Hilfe in einem fast vergessenen Staat
Foto: Armand Back

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Es gibt wohl kaum zwei Länder weltweit, die sich stärker unterscheiden könnten, als Luxemburg und Laos dies tun. Und trotzdem: Zwischen beiden Staaten sind über die vergangenen Jahre fast freundschaftliche Bande entstanden. Grund ist die enge Entwicklungszusammenarbeit des reichen Großherzogtums mit dem bettelarmen südostasiatischen Binnenstaat. Im letzten Fünfjahresprogramm, das 2021 ausläuft, waren 86 Millionen Euro für Laos vorgesehen.

Von den sieben Partnerländern Luxemburgs ist Laos damit jenes, das die zweithöchste Unterstützung erhält. Das meiste Geld fließt über bilaterale Abkommen direkt in bestimmte Projekte, aber auch Agenturen der Vereinten Nationen oder Nichtregierungsorganisationen werden unterstützt. Sowohl Manuel Tonnar als Gaston Schwartz, der eine Direktor für Entwicklungszusammenarbeit des Außenministeriums, der andere Direktor bei LuxDev und damit der Agentur, die im Auftrag des Ministeriums an den Projekten in den verschiedenen Ländern arbeitet, kennen Laos seit vielen Jahren – und beide betonen die speziellen Beziehungen.

„Obwohl wir es hier mit einem kommunistischen Staat zu tun haben“, sagt Tonnar, „stellen wir eine große Offenheit fest“. Das habe sich stark verändert während der vergangenen Jahre. „Noch vor zehn Jahren konnten wir Begriffe wie Zivilgesellschaft oder Nichtregierungsorganisation nicht in unseren Kooperationsabkommen unterbringen“, sagt Tonnar. Das sei mittlerweile nicht mehr der Fall. Tonnar besucht Laos alle zwei, drei Jahre und „stellt jedes Mal Veränderungen fest“. Trotzdem gelte es, den Fortschritt jetzt raus aus den Städten in die ländlichen Gegenden zu tragen, wo die Armut größtenteils weiter grassiert.

„Ehrlicher Makler“

Gaston Schwartz führt die guten Beziehungen zu den Laoten nicht zuletzt auf Luxemburgs Rolle als „ehrlicher Makler“ zurück. Dass man im Gegensatz zu anderen Staaten „keine versteckte Agenda“ verfolge, erleichtere die Arbeit vor Ort. Schwartz zufolge hilft Luxemburg „der laotischen Regierung dabei, ihre Prioritäten zu verfolgen“. Die Kontakte zu den verschiedenen Ministerien aus den Bereichen Infrastruktur und Planung sowie Gesundheit und Sport seien tadellos. Hinzu komme, dass die LuxDev- Mitarbeiter im Laos „alle hoch qualifiziert“ seien.

Ministerin Paulette Lenert machte sich während acht Tagen ein Bild der Lage vor Ort, besuchte Krankenhäuser, Schulen, die juristische Fakultät, Forschungsinstitutionen. Aber ebenso Projekte in abgelegenen Dörfern und Programme zur Entsorgung der Bomben (unsere Reprtage ► Eine Luxemburger Ministerin auf den Minenfeldern in Laos), die auch Jahrzehnte nach dem Zweiten Indochinakrieg noch immer unter laotischem Boden liegen. Das Tageblatt war dabei – und bietet hier einen kleinen Überblick darüber, wie Luxemburger Steuergelder dabei helfen sollen, den Ärmsten der Armen Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben.

Raus aufs Dorf

Alleine 30 Millionen Euro fließen in die Entwicklung des ländlichen Raumes. In kein anderes Lux-Dev-Projekt weltweit fließt mehr Geld, insgesamt werden damit 150.000 Menschen in knapp 230 Ortschaften unterstützt. Also heißt es raus aus der Stadt, raus aus Vientiane – und drei Stunden mit den Geländewagen in die Provinz Bolikhamsai im Osten der Hauptstadt. Wer die Strapazen der Anfahrt  auf sich nimmt, gelangt in eine andere Welt. Es geht durch den Dschungel, vorbei an Reisfeldern, Palmen, wieder durch den Dschungel. Das Gefühl der Zeitreise drängt sich auf. Bambushütten, Schlammwege, Wasserstellen, an denen sich ganze Familien waschen.

Die Einwohner des Dorfes Phadai in ihrer Festtagskleidung

Es ist ein vorrangiges Ziel der Luxemburger Entwicklungszusammenarbeit, den Fortschritt auch in die entlegenen Regionen zu bringen – dort wird er am dringendsten gebraucht. Im Dorf Phadai, das die Luxemburger Delegation besucht, hat längst nicht jede Hütte eine Kochstelle. Wasser gibt es nur an den Brunnen, die hier mit Geld aus Luxemburg  eingerichtet wurden. Was Phadai aber auch hat, ist eine Schule, in der die jungen Einwohner des kleinen laotischen Dorfes unterrichtet werden können. Ohne die Hilfe aus Luxemburg würde sie nicht hier stehen. Und ohne Ausbildung gibt es für junge Menschen keinen Ausweg, ist ihre Zukunft vom Tag ihrer Geburt an vorgezeichnet – sie werden ihr Dorf nie verlassen können, ein Aufstieg bleibt ihnen verwehrt.

Gespannt auf den Besuch: Die Schule wurde mit Geld aus Luxemburg finanziert

Mit Tourismus lässt sich auch in Laos Geld verdienen. 2017 besuchten kanpp vier Millionen ausländische Gäste das Land. Tourismus bietet demnach Arbeitsplätze. Doch ohne Ausbildung fehlen die Fachkräfte. Dass Luxemburg in diesem Bereich investiert, muss also nicht verwundern. Gemeinsam mit der Schweiz wird eine Kochschule unterstützt, beide Länder investieren jeweils 7,5 Millionen Euro in das Projekt.

Kochschüler weisen Ministerin Paulette Lenert in die laotische Küche ein

Lanith heißt die Ausbildungsstätte und hat Niederlassungen in der Hauptstadt Vientiane und in Luang Prabang, dessen Stadtkern das Siegel Unesco-Weltkulturerbe trägt. Die Besucher aus Luxemburg kommen in den Genuss der Kochkünste der Schüler – und Ministerin Paulette Lenert darf sich an der Zubereitung der laotischen Leibspeise Laap versuchen. Bis zum Jahr 2021 sollen 5.000 Schüler die Kurse besucht haben. Offiziellen Angaben zufolge finden 75 Prozent der Absolventen anschließend eine Anstellung.

Foto nach dem Foto in der  Gastronomie-Schule Lanith

Erst jetzt ein Strafgesetzbuch

Laos ist ein kommunistischer Einparteienstaat, politisch, institutionell und wirtschaftlich ein ziemliches Wrack, das Justizwesen mit westlichen Standards nicht messbar. Zumindest noch nicht messbar. Bis zur vergangenen Woche existierte nicht einmal ein Strafgesetzbuch. Es gab natürlich Gesetze und Reglementierungen, gebündelt aber waren sie nicht. Auch über den Umgang mit ihnen, ihren Gebrauch, etwa wie eine Beweisaufnahme vonstatten zu gehen hat, damit sie juristisch nutzbar ist, herrschte und herrscht weitestgehend bestenfalls Unklarheit, schlimmer noch Unwissen. 

Bei der Vorstellung des neuen Strafgesetzbuches war auch
EU-Kommissar Neven Mimica anwesend

Um das zu ändern, hat Luxemburg dazu beigetragen, das erste laotische Strafgesetzbuch zu verfassen. Der in Laos lebende, luxemburgische Jurist Richard Philippart hat hieran mitgearbeitet. Institute for Legal Support and Technical Assistance, abgekürzt ILSTA, heißt sein Institut, das von Luxemburg aus finanziell unterstützt wird. Ministerin Paulette Lenert liegt die Rechtsstaatlichkeit am Herzen.

Ministerin Paulette Lenert beantwortet Fragen an der
juristischen Fakultät in Vientiane

Richard Philippart und sein ILSTA-Institut helfen bei der Umsetzung

Viel, viel Aufklärungsarbeit

Die ehemalige Richterin will sie zu einem zentraleren Baustein der Luxemburger Entwicklungszusammenarbeit machen. Gemeinsam mit EU-Kommissar Neven Mimica und dem laotischen Justizminister wurde die Textsammlung während der Visite in Vientiane bei einem Festakt vorgestellt. Hiermit sollen vor allem Menschenhandel, Korruption und Umweltvergehen stärker in den Fokus der Behörden gelangen. Doch der Weg ist ein weiter.

So war es zum Beispiel nicht möglich, die laotische Regierung davon zu überzeugen, auf die Todesstrafe zu verzichten (die letzte Vollstreckung liegt offiziellen Angaben zufolge allerdings 30 Jahre zurück). Schwerer noch wiegt aber das niedrige Ausbildungsniveau auf allen Ebenen der Justiz und der Kriminalitätsbekämpfung. Richard Philippart und nicht einmal zwei Dutzend seiner Kollegen werden demnach in den kommenden Wochen vor allem eine Aufgabe zufallen: Sie werden sich das Strafgesetzbuch unter den Arm klemmen, raus ins Land fahren – und viel, viel Aufklärungsarbeit leisten müssen.  Wie gesagt, ein weiter Weg.

Krankenhäuser als Erfolgsgeschichte

80 Kilometer nördlich von Vientiane lacht einen Großherzogin Maria Teresa von oben aus an. Im Regionalkrankenhaus, das ihren Namen trägt, schmückt ein Bild von einem Besuch aus dem Jahr 2003 eines der Zimmer. Es ist das Jahr, in dem das Krankenhaus Maria Teresa nach einer fünfjährigen Bauphase offiziell eröffnet wurde.

Eintrag ins Goldene Buch des Provinzkrankenhauses in Bolikhamsai

Die Bettenauslastung stimmt hier, der Laden rollt. Das Haus bietet eine medizinische Versorgung, wie es sie in Laos sonst kaum gibt. Doch das Einzugsgebiet bleibt riesig, für mehr als 400.000 Menschen ist es das nächstgelegene Krankenhaus – und Krankenwagen gibt es kaum. Trotzdem trägt sich das Krankenhaus mittlerweile selbst. Und zählt damit zu einem der Aushängeschilder der Luxemburger Entwicklungszusammenarbeit in Laos.

In der Stadt Pakxan, in der Bolikhamsai-Provinz, steht ein weiteres Krankenhaus, das von Luxemburg aus finanziert wurde. Dieses ist noch nicht ganz fertig renoviert, aber zum allergrößten Teil in Betrieb. Und wieder gibt es eine Begegnung mit einem bekannten luxemburgischen Namen – hier steht ein Baum im Hof, auf dessen Plakette sich ablesen lässt, wem er gewidmet ist: Jean-Claude Juncker. Auch dieses Provinz-Krankenhaus bietet Patienten alle medizinischen Dienste, wie man sie auch aus Luxemburg her kennt. Nach dem Rundgang, dem obligatorischen Rundgang und dem Eintrag ins goldene Buch des Hauses setzt sich der Luxemburger Tross wieder in Bewegung.

Einer war schon vorher da: In Pakxan steht ein
Jean-Claude Juncker gewidmeter Baum

Luxemburger Spitzenkräfte in Laos

Auch in Vientiane, der immer noch etwas verschlafenen laotischen Hauptstadt, durch die sich der mächtige Mekong zieht, hat die Luxemburger Entwicklungszusammenarbeit Spuren hinterlassen. Im sogenannten Lao-Luxembourg Friendship Laboratory, das Teil des Institut Pasteur in Vientiane ist, empfängt einen ein gut gelaunter Dr. Claude Muller, eine internationale Koryphäe in der Impfstoffentwicklung. Es waren zwar die Franzosen, die das Institut Pasteur einst in Vientiane gründeten. Da Paris aber irgendwann nicht mehr so recht an das Projekt glauben wollte, brauchte es neue Geldgeber.

Dr. Claude Muller erklärt seine Arbeit in Laos

Luxemburg sprang ein – und heute gelten das Institut und die Arbeit von Muller, seinen Kollegen und den vielen vor allem laotischen Doktoranden als unverzichtbarer Teil der laotischen Gesundheitspolitik. Sie sind es, die die Impfstoffe in die entlegenen Gebiete bringen, Menschen und auch Tiere so vor Infektionskrankheiten schützen helfen und über Analysen feststellen, wo der Schuh noch drückt. Muller weist auch darauf hin, wieso die Arbeit unter anderem in diesem geografischen Raum so wichtig ist: Einige der Viren, die die Welt in Angst und Schrecken versetzt haben (wie jener der Vogelgrippe) haben hier ihren gesundheitlichen Raubzug angetreten.

Dr. Richard Schneider vor seiner ADS-Klinik in Vientiane

Ein weiterer bekannter Luxemburger Arzt wartet nur wenige Straßenblöcke entfernt auf die Gäste aus seiner Heimat. Herzchirurg Dr. Richard Schneider betreibt hier mit seiner Nichtregierungsorganisation Aide au développement de la santé (ADS) seit rund 20 Jahren ein Krankenhaus. Schneider und andere Ärzten sowie Operationshelfer reisen mehrmals im Jahr an – und operieren in ihrer Freizeit vor allem laotische Kinder. Die Luxemburger Entwicklungszusammenarbeit finanziert die ADS-Arbeit in Laos zu 80 Prozent. Das restliche Geld müssen Schneider und Kollegen über Spenden auftreiben.

Wie die Entwicklungszusammenarbeit funktioniert

Alles dreht sich um die PICs. Diese „Programmes indicatifs de coopération“ sind mit den Partnerländern ausgearbeitete Fünfjahresprogramme. Hierin festgehalten ist, wie viel Geld zu welchen Zwecken fließen soll. Je nach Bedarf kann ein PIC während seiner Laufzeit nachgebessert werden. Luxemburg hat sieben solcher Partnerländer: Cabo Verde, Burkina Faso, Mali, Niger, Senegal, Nicaragua (zurzeit ausgesetzt) – und eben Laos.

Das Geld aus Luxemburg fließt dann an luxemburgische und internationale Nichtregierungsorganisationen, an die Vereinten Nationen (multilaterale Hilfe) und vor allem in direkt mit den Partnerländern vereinbarte Projekte (bilaterale Hilfe). Diese bilaterale Unterstützung wird in den einzelnen Ländern von LuxDev umgesetzt. LuxDevelopment S.A. ist dabei die Agentur, die die Entwicklungszusammenarbeit der Luxemburger Regierung ausführt.

Die LuxDev-Geländewagen haben die Gäste raus in die Provinz gebracht

Kurzum: Das sind die Frauen und Männer, die zwar auch in Luxemburg, aber vor allem um die Welt verstreut die Projekte gemeinsam mit den lokalen Partnern umsetzen helfen. LuxDev arbeitet daneben für andere Geberländer und die Europäische Union um, ist aber zu hundert Prozent im Besitz des Luxemburger Staates. Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit ist LSAP-Politikerin Paulette Lenert. Sie übersteht damit der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Angelegenheiten, die wiederum Teil des Außenministeriums ist.

 

Laird Glenmore
23. September 2019 - 9.58

86 Millionen Euro für Laos vorgesehen. Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, den Minderbemittelten Luxemburgern wird alles gekürzt, junge Verliebte wollen keine Kinder mehr, weil alles unverschämt teuer geworden ist und das leidige Thema das unsere Landsleute in benachbarte Ausland ziehen müssen weil die Miet -und Kaufpreise hier ins uferlose abdriften, aber fast € 100 Millionen für Laos, nichts gegen Entwicklungshilfe, was für eine Gegenleistung bekommen wir von einem Land das nichts hat ??? Wie hoch sind die Folgekosten und können die Laoten überhaupt mit unserer Technik und dem dazu gehörenden Know how etwas anfangen ???