Was tun, wenn der Server verbrennt?

Was tun, wenn der Server verbrennt?
(Tageblatt-Archiv)

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Die "Association luxembourgeoise des bibliothécaires, archivistes et documentalistes" (Albad) feierte vergangene Woche ihr 25-jähriges Bestehen. Wir haben uns mit Albad-Präsidentin Estelle Beck unterhalten.

Die gebürtige Schweizerin, derzeit in der Abgeordnetenkammer als Bibliothekarin angestellt und seit April 2016 Albad-Vorsitzende, spricht im Tageblatt-Interview über die Herausforderungen und Chancen der neuen Technologien für das Bibliothekswesen und erklärt, warum ihr Berufsstand mehr Anerkennung verdient.

Stichwort

Die „Association luxembourgeoise des bibliothécaires, archivistes et documentalistes“ (Albad) wurde im Dezember 1991 gegründet. Am vergangenen Donnerstag feierte die Vereinigung, die aktuell rund 120 Mitglieder zählt, ihr 25-jähriges Bestehen. Neben Bibliothekaren, Archivaren und Dokumentalisten aus dem öffentlichen und privaten Sektor können auch Institute oder Institutionen Mitglied bei der Albad werden.

Die Vereinigung vertritt die Interessen der drei Berufsgruppen in der Öffentlichkeit und betreibt politische Lobbyarbeit.

In Luxemburg gibt es insgesamt fast 140 Bibliotheken (Sekundarschul-Bibliotheken inklusive). Nicht alle sind für die Öffentlichkeit zugänglich oder verfügen über feste Öffnungszeiten.

Tageblatt: Welchen Einfluss haben die neuen Technologien auf das Nutzerverhalten in Bibliotheken?

Estelle Beck: Das Verhalten der Nutzer hat sich geändert, doch längst nicht jeder will seine Bücher elektronisch lesen. Die junge Generation von Anwälten zum Beispiel nutzt fast nur noch digitale Angebote, ältere Generationen schwören hingegen auf Papier. Viele Romane und andere Literaturformen sind immer noch ausschließlich auf Papier verfügbar. E-Books sind zudem nur sehr selten frei erhältlich. Häufig handelt es sich bei den kostenlosen Büchern um sehr alte Werke, bei denen die Urheberrechte schon abgelaufen sind. Für Neuheiten und Bestseller muss aber die digitale Version weiterhin bezahlt werden. Solche Versionen bieten die Bibliotheken in Luxemburg nun auch an. Vor rund einem Jahr hat die Nationalbibliothek mit dem Consortium Luxembourg und den anderen öffentlichen Bibliotheken die Initiative ebooks.lu ins Leben gerufen, die es den Nutzern ermöglicht, sowohl ein E-Book vor Ort auszuleihen als es auch online herunterzuladen.

Wie funktioniert der Erwerb von E-Books?

Genau wie bei Büchern aus Papier. Die Bibliothek kauft und bezahlt für das Buch, das sie dann an ihre Kunden ausleiht. Der Kauf von Büchern wird durch die Bündelung der Ressourcen ermöglicht. Weil viele Menschen das Buch benutzen, lohnt sich die Anschaffung für die Bibliothek. Dieses Prinzip gilt für E-Books genauso wie für klassische Bücher und andere Medien.

(…)

Welche Konsequenzen hat diese neue Praxis für die Bibliotheken?

Wenn Sie ein klassisches Buch aus Papier kaufen, gehört es Ihnen. Sie können es lesen, ins Regal stellen, sie können es wegwerfen, Sie können es verbrennen, kurz, Sie können damit tun, was Sie wollen. Das E-Book können Sie aber nicht ins Regal stellen, weil es auf dem Server des Verlags gespeichert ist. Daraus ergibt sich ein Problem für den Fortbestand. Die Nationalbibliothek beispielsweise hat die Aufgabe, das ganze literarische und historische Patrimonium Luxemburgs zu konservieren. Diese Rolle zu erfüllen, könnte in Zukunft schwieriger werden. Die Nationalbibliothek müsste dann schon die elektronischen Werke vom Server des Verlages herunterladen, was aber auch wieder schwierige und komplizierte Verhandlungen mit den Verlegern voraussetzt.

Kann man das Buch nicht einfach ausdrucken und ins Regal stellen?

(lacht) Auch beim Drucken gibt es Einschränkungen. Oft können nur die ersten 20 bis 50 Seiten eines E-Books ausgedruckt werden, der Rest ist gesperrt. Die Archivierung von E-Books stellt ein großes Problem dar. Stellen Sie sich nur einmal vor, der Server des Verlages verbrennt. Dann sind die Ressourcen weg, und die Bibliotheken müssen gestehen, dass sie nicht wirklich der Besitzer dessen sind, was sie kaufen.

(…; die zuvor gestellte Frage bezog sich auf die Förderung von kleineren Bibliotheken)

Selbst die Nationalbibliothek verfügt nicht über ausreichend Personal. Vor allem weil mit der Fertigstellung des neuen Gebäudes auch verlängerte Öffnungszeiten eingeführt werden sollen.

Woran könnte das liegen?

Es ist eine Frage des politischen Willens. In Luxemburg werden die Bibliotheken nicht unbedingt als nützliche und eigenständige Kulturinstitutionen anerkannt. Bei Kultur denkt man hier eher an Musik oder Theater, doch die Literatur, und dazu gehören auch die Bibliotheken, wird etwas vernachlässigt. Bei den „Assises culturelles“ im vergangenen Jahr wurden die Bibliotheken kaum erwähnt. Das hat uns natürlich enttäuscht.

Das ganze Interview mit weiteren Hintergrundinformationen lesen Sie in der Tageblatt-Ausgabe vom 30. Januar (Print und Epaper).