Obama richtet deutliche Warnungen an Nachfolger Trump

Obama richtet deutliche Warnungen an Nachfolger Trump
(AFP/Nicholas Kamm)

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US-Präsident Barack Obama hat zum Ende seiner Amtszeit eine Serie mehr oder minder deutlicher Warnungen an seinen Nachfolger Donald Trump gerichtet.

Bei seiner letzten Pressekonferenz vor dem Abschied aus dem Weißen Haus unterstrich er, dass „systematische Diskriminierung“ gesellschaftlicher Gruppen oder die Einschränkung der Pressefreiheit die demokratischen Grundwerte beschädigen würden. Auch warnte er Trump vor „plötzlichen“ und „einseitigen“ Manövern in der Nahostpolitik.

Obama: Urteil gegen Manning war nicht verhältnismäßig

US-Präsident Barack Obama hat an seinem drittletzten Amtstag die Begnadigung der Wikileaks-Informantin Chelsea Manning verteidigt. Das ursprüngliche Strafmaß von 35 Jahren Haft sei im Vergleich zu anderen Urteilen gegen sogenannte Whistleblower nicht verhältnismäßig gewesen, sagte Obama am Mittwoch bei seiner letzten Pressekonferenz als US-Präsident im Weißen Haus.

„Ich bin guten Mutes, dass der Gerechtigkeit genüge getan ist und trotzdem ein Zeichen gesetzt wurde“, sagte Obama. Niemand solle glauben, dass der Verrat von Details über die Nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten ungesühnt bleibe.

Auf die Zukunft von Wikileaks-Gründer Julian Assange, der über seine Rückkehr in die USA öffentlich nachgedacht hatte, wollte Obama nicht näher eingehen. „Ich zolle den Tweets von Herrn Assange nicht allzu viel Aufmerksamkeit“, sagte der scheidende US-Präsident. Grundsätzlich müsse aber im Online-Zeitalter eine vernünftige Balance zwischen Informationsfreiheit und dem Schutz sensibler Daten gefunden werden, sagte Obama. (dpa)

Obama wird am Freitag durch Trump abgelöst. Die zweieinhalbmonatige Zwischenphase seit der Wahl war durch eine ungewöhnlich hohe Zahl von Spannungen und Irritationen zwischen dem kommenden und dem gehenden Präsidenten gekennzeichnet. Obama machte nun erneut deutlich, dass er sich künftig zwar aus der Tagespolitik heraushalten wolle, sich aber zum Eingreifen veranlasst sehen werde, sollte er „grundlegende Werte“ der US-Demokratie in Gefahr sehen.

Nachdrückliches Plädoyer für die Pressefreiheit

Als Beispiel nannte er die denkbare Ausweisung von Immigranten, die als Kinder illegal in die USA gelangten, im Land aufgewachsen sind und deshalb „praktisch US-Amerikaner“ seien. Bislang werden diese Menschen durch ein Dekret Obamas vor der Abschiebung geschützt. Trump kritisierte das Dekret während des Wahlkampfs, milderte seine Kritik allerdings später ab. Obama sagte, er werde auch dann das Wort erheben, wenn es eine organisierte Behinderung von Bürgern bei der Ausübung ihres Wahlrechts geben sollte.

Und er hielt ein nachdrückliches Plädoyer für die Pressefreiheit als Grundpfeiler der Demokratie. Bei „institutionellen Anstrengungen, Dissens oder die Presse zum Schweigen zu bringen“, werde er sich einschalten, kündigte er an. An die Adresse der anwesenden Journalisten gewandt, sagte der bisherige Präsident: „Sie sollen nicht Schmeichler sein, sondern Skeptiker sein und die harten Fragen stellen. Sie sollen nicht artig sein, sondern einen kritischen Blick auf Leute richten, die über enorme Macht verfügen.“

„Unilaterales“ Vorgehen könne „explosiv“ sein

Seit Trumps Pressekonferenz in der vergangenen Woche, in der er aggressiv auf einzelne Medien losgegangen war, sind in der US-Medienlandschaft die Befürchtungen gewachsen, dass der neue Präsident die Berichterstattung systematisch behindern könnte. Die Sorgen wurden durch Überlegungen im Trump-Team verstärkt, die regelmäßigen Pressebriefings nicht mehr in dem angestammten Raum im Weißen Haus, sondern an einem anderen Ort abzuhalten.

Obama warnte seinen Nachfolger auch vor riskanten Manövern im israelisch-palästinensischen Konflikt. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigten, dass ein „unilaterales“ Vorgehen, das die Kernanliegen einer der Konfliktparteien berühre, „explosiv sein kann“. Obama bezog sich damit offensichtlich auf Trumps Ankündigung, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Wegen des umstrittenen Status von Jerusalem hat diese Ankündigung die Palästinenser bereits auf die Barrikaden getrieben.

Hohe Popularitätswerte

Obama nimmt nach acht Jahren mit hohen Popularitätswerten Abschied – sie zählen zu den höchsten, die ein scheidender US-Präsident in den vergangenen Jahrzehnten hatte. Nach einer Umfrage des Senders CNN sehen 60 Prozent der Wähler seine Amtsführung positiv. Der Trump-Präsidentschaft blicken hingegen viele US-Bürger mit Sorge und Skepsis entgegen. Laut einer Umfrage der Zeitung „Washington Post“ und des Senders ABC hat Trump die niedrigsten Zustimmungsraten eines antretenden Präsidenten seit mindestens 40 Jahren. Demnach stehen ihm nur 40 Prozent allgemein positiv gegenüber.

Für den kommenden Samstag, den Tag nach der Vereidigung des neuen Präsidenten, werden in der US-Hauptstadt Hunderttausende von Anti-Trump-Demonstranten erwartet.