Nur ein „pränatales Kindermädchen“?

Nur ein „pränatales Kindermädchen“?
(dpa/Felix Heyder)

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Bisher gibt es in Luxemburg kein Gesetz zur Leihmutterschaft. Durch einen (fast) fertigen Gesetzesentwurf, der Leihmutterschaft verbieten will, flammt nun eine neue Debatte dazu auf.

Leihmutterschaft wird in Luxemburg mit großer Wahrscheinlichkeit verboten werden. Die Kommission des Parlaments, die einen Gesetzesentwurf zum Abstammungsrecht ausgearbeitet hat, der auch Leihmutterschaft regulieren soll, war sich einig.

Das Verbot der Leihmutterschaft wird damit begründet, dass sie gegen die Würde der Frau und gegen das Prinzip der Nichtkäuflichkeit des menschlichen Körpers verstoße. Allerdings sollen Kinder, die im Ausland (unter dort legalen Bedingungen) von einer Leihmutter ausgetragen wurden, anerkannt werden. Damit wird verhindert, dass die Kinder einen Nachteil aus den Handlungen ihrer Eltern ziehen.

Nicht verbieten, aber regulieren

In Frankreich ist Leihmutterschaft strikt verboten, und die Abstammung der im Ausland legal oder illegal geborenen Kinder wird nicht anerkannt. Dadurch gab es schon Fälle, in denen das Kind monatelang ohne Besuchsrecht der genetischen Eltern in eine Pflegefamilie musste.

Die „Commission nationale d’éthique“ (CNE) veröffentlichte zum oben genannten Gesetzesentwurf eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, dass die Leihmutterschaft aus verschiedenen Gründen nicht verboten, sondern reguliert werden sollte, um Missbrauch zu verhindern. Die CNE organisierte auch eine Konferenz zu dem Thema, bei der die Leiterin der Abteilung für Bioethik des Europarates Laurence Lwoff eine Übersicht über die legale Situation in Europa gab.

Dabei war vor allem eine Richtung erkennbar: Generell gibt es einen starken Konsens über die „kommerzielle“ (bezahlte) Leihmutterschaft: Sie ist außer in der Ukraine europaweit explizit oder implizit verboten. Davon abgesehen ist die Situation in Europa von Land zu Land sehr unterschiedlich. „Ich werde hier nicht von einer europäischen Position (zur Leihmutterschaft, Anm. d. Red.) reden, denn es gibt keine“, stellte Laurence Lwoff gleich zu Beginn klar.

Uneinigkeit in Europa

Auf europäischem Niveau gibt es in der Tat von keiner Seite eine klare Meinung oder Richtlinie zu diesem Thema, einfach weil die Unterschiede zwischen den Ländern zu groß sind. Der einzige Anhaltspunkt sind einige wenige Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), unter anderem in den Affären Foulon und Bouvet gegen Frankreich.

Die französischen Behörden weigerten sich in diesen Fällen, die im Ausland ausgestellten Geburtsurkunden zu beglaubigen und erkannten damit die Abstammung der Kinder der Kläger nicht an. Der EGMR urteilte in dem Fall in Berufung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und der Überlegenheit des Wohles des Kindes, dass bei den Nachkommen wegen des Verhaltens der Eltern kein Nachteil entstehen dürfe. Aus diesem Grund ist der EGMR der Meinung, dass Frankreich die betroffenen Kinder anerkennen müsse.

Generell ist Leihmutterschaft in Europa nur schwer möglich. In Großbritannien ist die sogenannte „altruistische“ Leihmutterschaft legal, bei der theoretisch nur medizinische Kosten und eventuell ausfallende Einnahmen bezahlt werden dürfen.

Nichtkäuflichkeit

Über gemeinnützige Organisationen suchen sich Leihmütter das Paar aus, für das sie ein Kind austragen möchten. Nach der Geburt müssen die Eltern innerhalb kurzer Zeit ein „parental order“ beantragen, um als Eltern des Kindes anerkannt zu werden.

Dabei basiert dies ausschließlich auf gegenseitigem Vertrauen: Verträge zwischen Wunscheltern und Leihmutter werden nicht anerkannt, die Eltern könnten also nach der Geburt noch entscheiden, das Kind nicht zu nehmen, und andersherum kann auch die Leihmutter die Abgabe des Kindes verweigern.

Den zweiten Beitrag der Konferenz der CNE leistete der Frauenarzt und Geburtshelfer Israël Nisand. Für ihn sollte Leihmutterschaft unbedingt für Frauen erlaubt sein, die unter einer endgültigen Unfruchtbarkeit leiden. Davon betroffen sind Schätzungen zufolge in Frankreich etwa 15.000 Frauen.

Mit vielen Anekdoten und der Beschreibung konkreter Fälle unter seinen Patienten erklärte Israël Nisand: „Dass es hier und da schlecht läuft – und beim Thema Leihmutterschaft läuft es unweigerlich schlecht – heißt nicht, dass wir nicht die Pflicht haben, sie durchzuführen.“

Argumente dafür nannte er einige: „Die Auswirkungen auf die Kinder kennen wir, sie sind fast gleich null.“ Das Prinzip der Nichtkäuflichkeit des menschlichen Körpers sieht er als nicht respektiert: Bei besonders gefährlichen Einsätzen im Ausland bekommen französische Soldaten zum Beispiel einen höheren Lohn wegen des erhöhten (Sterbe-)Risikos. In Luxemburg ist Prostitution legal, auch hier wird also die Nichtkäuflichkeit nicht respektiert.

Insgesamt setzt Israël Nisand Leihmutterschaft eher mit einer Organspende gleich. Deshalb sollte Fall für Fall entschieden werden, ob eine unbezahlte Leihmutterschaft vertretbar ist. Eine Patientin, die zu dem Zeitpunkt Leihmutter war, erklärte ihm, sie sei ein pränatales Kindermädchen und fragte rhetorisch, warum ein pränatales Kindermädchen schlechter sei als ein postnatales.