Historischer Beschluss ohne London

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(dpa)

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Es geht um die Existenz des Euro und der EU. Mit einem wegweisenden Beschluss will Europa beides retten. Dazu gehören eine Schuldenbremse und strikte Sanktionen. Nur Großbritannien zieht nicht mit.

Mit einer strikten Haushaltskontrolle will Europa die Schuldenkrise in den Griff bekommen und den Zerfall des Euro abwenden. Der Eingriff in die Budgethoheit der Länder ist ohne Beispiel – auch wenn eine gemeinsame Lösung aller 27 EU-Staaten wegen der Blockade des Nicht-Eurolands Großbritannien auf dem Gipfel in Brüssel scheiterte.

Briten bleiben in der EU
Trotz seiner Isolation bleibt Großbritannien bei der geplanten Fiskalunion Mitglied der EU. Die Zugehörigkeit zur Europäischen Union liege im britischen Interesse, sagte Premierminister David Cameron.

Solange das der Fall sei, bleibe das Königreich Mitglied der EU und werde auch Einfluss auf deren Entscheidungen nehmen. Die Niederlande hätten sich bereiterklärt, britische Interessen in der Euro-Zone wahrzunehmen.
Reuters

Kroatien wird 28. EU-Mitglied
Der Balkanstaat unterzeichnete am Freitag den Beitrittsvertrag zur Europäischen Union. Der Adria-Anrainer Kroatien mit seinen 4,3 Millionen Einwohnern hatte seit 2006 über die EU-Mitgliedschaft verhandelt. Besondere Probleme bereiteten die Korruption und der Umgang der früheren jugoslawischen Teilrepublik mit den Folgen der Balkankriege der 1990er.

Serbien muss dagegen weiter auf die Mitgliedschaft warten. Die Entscheidung über den Kandidaten-Status wurde auf März verschoben.
dapd

Nach einem nächtlichen Kraftakt einigte sich die Mehrheit der EU-Staaten am Freitag, einen zwischenstaatlichen Vertrag über die Einführung einer Schuldenbremse und automatische Sanktionen gegen Schuldenstaaten anzustreben. Neben den 17 Euroländern erklärten laut Abeschlusserklärung auch 9 Nicht-Euroländer ihre grundsätzliche Bereitschaft dazu – machten konkrete Schritte aber von der Zustimmung ihrer nationalen Parlamente abhängig.

Grundlage

Damit legt die EU die Grundlage für ein weiteres Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB), wie es – gegen deutschen Widerstand – von vielen Ländern gefordert wird. EZB-Präsident Mario Draghi macht einen solchen verbindlichen Pakt zur Voraussetzung dafür, dass die Zentralbank etwa massiv Anleihen angeschlagener Staaten wie Spanien und Italien kauft, um ihre Zinsen niedrig zu halten.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte den Kompromiss als „sehr gutes Ergebnis“ und sprach von einer „Stabilitätsunion“ – ihrem bereits vor dem Gipfel erklärten Ziel.

Spaltung

Doch nach Ansicht von Diplomaten spaltet das Vorgehen die EU und entwickelt sie weiter in Richtung eines Europa der zwei Geschwindigkeiten. Großbritannien sieht sich aber nicht isoliert. „Was geboten wird, ist nicht im Interesse Großbritanniens, deshalb habe ich nicht zugestimmt“, erklärte der konservative britische Premierminister David Cameron, der unter massivem Druck seiner Europa-skeptischen Partei steht.

Experten fürchten jedoch, dass das anstehende Vorgehen zahlreiche rechtliche Probleme birgt, weil die Bestimmungen des künftigen neuen Vertrages den Regeln des bestehenden Lissabon-Vertrags nicht widersprechen dürfen.

Erleichterung

EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy zeigte sich nach der zehnstündigen Nachverhandlung erleichtert: „Wir haben mit 17 und vielen anderen einen neuen Haushaltspakt.“ Der Vertrag solle Anfang März unterschrieben werden.

Europa will unter dem Druck der Finanzmärkte mit dem Pakt seinen unbedingten Willen demonstrieren, seine Schulden abzubauen und zu sparen – und so verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Die Umsetzung der Schuldenbremse in den Nationalstaaten soll vom Europäischen Gerichtshof überwacht werden.

Maßnahmen

Die 27 Staats- und Regierungschefs vereinbarten zudem kurzfristige Maßnahmen. So soll der Internationale Währungsfonds (IWF) von den Zentralbanken um 200 Milliarden Euro aufgestockt werden, mit denen er Eurostaaten in Not beistehen kann. Die Ausleihkapazität des Krisenfonds für klamme Eurostaaten (EFSF) wird mit einem Kredithebel auf etwa 750 Milliarden Euro verdreifacht. Der dauerhafte Krisenfonds ESM soll um ein Jahr auf Juli kommenden Jahres vorgezogen werden.

Die EU gesteht ein, dass die Einbeziehung von Banken und Versicherungen bei der Rettung Griechenlands ein Fehler war. Dieses Verfahren soll nicht mehr für andere Länder angewendet werden, da es zur Verunsicherung der Märkte führte, heißt es in der Erklärung.