Historischer Tag für Libyen: Der ehemalige Machthaber Muammar al-Gaddafi ist tot. Im ganzen Land feierten Menschen frenetisch das Ende der knapp 42 Jahre langen Herrschaft. Zwei Monate nach seinem Sturz wurde der 69-Jährige in seiner Heimatstadt Sirte von Milizionären getötet, wie Ministerpräsident Mahmud Dschibril in Tripolis bestätigte. Damit ist neun Monate nach Beginn des „arabischen Frühlings“ auch in Libyen der Weg frei für die Bildung einer provisorischen Übergangsregierung und die Vorbereitung demokratischer Wahlen.
Der Nato-Rat will auf einer Sondersitzung voraussichtlich schon am Freitag den Militäreinsatz in Libyen für beendet erklären.
Schussverletzungen
Gaddafi kam durch Schussverletzungen ums Leben. Das bestätigte ein Arzt im Krankenhaus von Misrata, in das der Leichnam von Sirte aus gebracht worden war. Gaddafi sei am Kopf und am Bauch von Schüssen getroffen worden, sagte der Arzt dem Nachrichtensender Al-Dschasira. Der Nachrichtensender Al-Arabija zeigte am Donnerstag aus der Stadt Misrata Bilder der Leiche.
Über die genauen Umstände des Todes von Gaddafi hatte es am Donnerstag lange Zeit Spekulationen gegeben. Nach widersprüchlichen Berichten soll er entweder während der Flucht aus einem Haus, in einem Autokonvoi, in einem Erdloch oder aber versteckt in großen Betonröhren getötet worden sein.
An geheimem Ort beigesetzt
Von Gaddafi fehlte seit dem 27. August jede Spur. Der Ex-Diktator soll jetzt nach libyschen Medienberichten an einem geheimen Ort beigesetzt werden, damit seine Anhänger keinen Wallfahrtsort haben.
Gaddafis Heimatstadt Sirte war am Donnerstag als letzte Bastion des Widerstands gegen die neuen Herrscher gefallen. Milizionäre hissten die Flagge des Übergangsrates im Stadtzentrum. Außerdem feuerten sie Salven aus ihren Maschinenpistolen ab. Auch in der Hauptstadt Tripolis herrschte große Freude. Überall feierten die Menschen.
Erleichterung
Die Nachricht über den Tod des Despoten löste in westlichen Staaten Erleichterung aus. „Heute kann Libyen eine neue Seite in seiner Geschichte aufschlagen und eine neue demokratische Zukunft beginnen“, heißt es in einer EU-Erklärung. „Sic transit gloria mundi“ – so vergeht der Ruhm der Welt – mit diesen Worten zitiert die italienische Nachrichtenagentur Ansa Regierungschef Silvio Berlusconi. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sagte: „Für das libysche Volk öffnet sich ein neues Kapitel, das der Versöhnung in Einheit und Freiheit.“
„Ich bin stolz auf die Rolle, die Großbritannien dabei gespielt hat“, kommentierte der britische Premierminister David Cameron mit Blick auf die Unterstützung der Aufständischen durch die Nato. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Libyer zur Versöhnung auf: „Die Kämpfer aller Seiten müssen ihre Waffen in Frieden niederlegen. Das ist die Zeit der Versöhnung, nicht der Rache.“
Gaddafi-Sohn Saif ebenfalls tot
Außer Gaddafi sollen auch dessen Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi und Verteidigungsminister Abu Bakr Junis getötet worden sein. Al-Arabija meldete am Abend, auch Gaddafi-Sohn Saif al-Islam sei tot. Zuvor hatte es geheißen, die beiden verletzten Gaddafi-Söhne Mutassim und Saif befänden sich in den Händen der Milizionäre des Übergangsrates.
Der Nachrichtensender Al-Arabija zeigte am Donnerstag Bilder von dem Ort in Sirte, an dem die Kämpfer Gaddafi angeblich gefunden hatten. Zu sehen sind zwei große Betonröhren, darüber hat jemand auf eine Betonwand gesprüht: „Dies ist der Platz der verfluchten Ratte Al-Gaddafi – Gott ist groß“. Vor den Betonröhren liegen zwei Leichen am Boden. Der britische Sender BBC zitierte einen Milizionär, wonach Gaddafi gebettelt haben soll: „Nicht schießen, nicht schießen.“
Angriff auf Konvoi
Nach anderen Berichten starb der Ex-Diktator während eines Angriffs auf einen Fahrzeugkonvoi. Wie ein Reporter der britischen Tageszeitung „Guardian“ berichtete, wurde der Konvoi am Donnerstagmorgen von Nato-Flugzeugen angegriffen, als er gerade Sirte verlassen wollte. Die Nato bestätigte am Donnerstag lediglich einen Angriff auf einen Konvoi.
Dass Gaddafi sich in Sirte versteckt hatte, ist für viele Beobachter überraschend. Der seit zwei Monaten Flüchtige war in einer Oase im Süden des Landes vermutet worden. Allerdings erklärt sich jetzt, warum in Sirte Gaddafi-Getreue über Wochen hinweg erbitterten Widerstand gegen die Truppen des Übergangsrates geleistet haben.
De Maart















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