Montag10. November 2025

Demaart De Maart

Der „Kalte Krieg“ am Findel

Der „Kalte Krieg“ am Findel
(US-Army)

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Im Bommeleeër-Prozess werden zwischen den Zeilen immer neue Details über den Standort Luxemburg während des Kalten Krieges bekannt. Das Land galt bei der NATO als wichtiger logistischer Brückenkopf für den Ernstfall.

September 1982, dichter Nebel hüllt den Flughafen Findel ein. Lautes Brummen lässt die Fensterscheiben der alten Abfertigungshalle am Flughafen vibrieren. Fast im Akkord tauchen aus der weißen Suppe am Ende der Landebahn riesige getarnte Transportmaschinen der US-Air-Force auf. Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit entsteht koordinierte Hektik am Rande des Flugfeldes. Die Maschinen stoppen ihre Triebwerke, Rampen öffnen sich, hunderte bewaffnete US-Soldaten verlassen im Laufschritt die Flieger.

Luxemburger Soldaten und Bodenpersonal der Luxair helfen bei der Verladung des US-Materials auf andere Transportmittel. Lange Schlangen bilden sich vor den US-Militär-LKW. Dazwischen immer wieder Alarmübungen. Hektisch ziehen die Soldaten Gasmasken an und aus. Befehle werden durch den Nebel gebrüllt. Damit die Moral nicht vollends am Boden liegt, werden die Männer aus einer Feldküche der Luxemburger Armee mit Lebensmitteln versorgt.

Brückenkopf Luxemburg

Innerhalb von wenigen Tagen werden so mehrere tausend US-Soldaten vom Flughafen Findel in Richtung West-Deutschland transportiert. Die Luxemburger Armee und Gendarmerie halten die Straßen für einen zügigen Transport in Richtung Rheinland-Pfalz frei.

Zwischen 1969 und Anfang 1990 spielt der Findel bei der Nato-Übung REFORGER, kurz „Return of Forces to Germany,“ eine große Rolle für den Transport. Bei den Kriegsplanungen im Pentagon wird den Strategen schnell klar, dass Luxemburg einer der wichtigsten logistischen Brückenköpfe im möglichen Krieg gegen den Warschauer Parkt werden kann. Ziel von REFORGER war unter anderem die Überprüfung und Verbesserung der geplanten logistischen Abläufe von Truppenverlegungen aus den USA nach Westeuropa. Es galt aber auch als Machtdemonstration gegenüber dem „Enemy“ im Osten.

„Kostengünstiger“ Krieg

Da weder die USA noch die einzelnen Weststaaten die für einen möglichen Krieg erforderlichen US-Einheiten ständig bei sich stationieren wollten, wurde Reforger auf die Beine gestellt. So war unter anderem Kriegsmaterial für mehrere US-Großverbände in Luxemburg eingelagert. Über die Jahre entstehen im Land drei riesige NATO/NAMSA-Depots (Capellen, Bettemburg, Sanem).

Durch Einfliegen von Personal aus Übersee sollte unter anderem das eingelagerte Material vor Ort übernommen und aktiviert werden. Damit wollte man eine rasche Verstärkung der Bodentruppen in Westeuropa auch möglichst „kostengünstig“ ermöglichen, hieß es damals von der NATO. Alleine bei der REFORGER-Übung 1985 wurden innerhalb von elf Tagen 8000 US-Soldaten über den Flughafen Findel transportiert.

Tote und Verletzte

REFORGER-Übungen sorgten bei der Bevölkerung immer wieder für Aufsehen. Zahlreiche Zivilisten starben bei Unfällen mit gepanzerten Fahrzeugen der Nato. Alleine in Deutschland kamen 1977 bei einer Übung 12 Menschen ums Leben, 94 wurden zum Teil schwer verletzt.

Am 9. November 1985 verüben die Bommeleeër zwei Sprengstoffanschläge auf das elektronische Landessystem ILS am Flughafen Findel. Sollte damit die Nato und die damit verbundenen REFORGER-Übungen getroffen werden? Dies ist eine von vielen Fragen, die derzeit das Gericht beschäftigten.