Wegen einer geplanten Ausweisung verständigte das Sozialamt Bartringen das Jugendamt, um die Kinder des visierten Paars zu ihrem eigenen Schutz aus der Familie zu nehmen. Das vierjährige Kind der Familie wurde am Freitagmorgen von Polizeibeamten aus der Schule genommen und in ein Heim gebracht. Weitere Beamten machten sich auf den Weg zur Wohnung der Familie, um auch das 14 Monate junge Kind in ein Heim zu bringen. Der Vater verständigte daraufhin seinen Anwalt, der beim Jugendrichter intervenierte.
Die Polizisten zeigten Fingerspitzengefühl und führten ihren Auftrag nicht sofort durch, sondern warteten erst einmal die Entscheidung des Jugendrichters ab. Gegen 15.00 Uhr wurde der Familie schließlich auch ihr kleines Kind weggenommen, obwohl sich die Kinder zu keinem Zeitpunkt in Gefahr befanden.
Seit langem gewusst und doch …
Denn wie sich herausstellte, hatte die geplante Ausweisung überhaupt nichts mit der senegalesischen Familie zu tun. Sie betraf einen Mann, der bereits seit längerer Zeit nicht mehr in der besagten Wohnung lebt.
Es handelt sich um einen Betrüger, der sich als Immobilienmakler ausgab und die zwei Zimmer an die vierköpfige Familie weiter vermittelte. Und die Gemeindeverantwortlichen aus Bartringen wussten sehr wohl Bescheid, dass die senegalesische Familie dort wohnt, da sie ihr eine Wohnbescheinigung ausstellte. Die Wohnverhältnisse der Familie sind alles andere als optimal. Es gibt kein fließendes Wasser und die Vermieterin hat vor gut vier Monaten den Strom abgestellt. Außerdem will die Vermieterin die Miete (600-650 Euro) nur ohne Beleg einkassieren. Deshalb hat der Anwalt der senegalesischen Familie ihnen nahe gelegt, keine Miete mehr zu zahlen.
Keine Optionen
Bürgermeister Frank Colabianchi, der sich bereits zweimal mit dem Familienvater getroffen hat, erklärte, dass einige Papiere der Familie nicht in Ordnung seien und sie die angebotene Hilfe nicht annehmen würde. Diese Hilfe besteht, laut Familienvater darin, dass man ihnen eine Unterkunft auf einem Camping, beziehungsweise in einem Hotel anbieten würde.
Dies sei jedoch keine Option, da sie somit ihre Wohnbescheinigung verlieren würden und die Chancen auf eine Erneuerung der Aufenthaltsgenehmigung gleich Null seien, so der senegalesische Familienvater.
Die Gemeinde Bartringen, um das Problem seit langem wissend, hat außer dem Angebot zum Zelten keine Unterbringung der Familie an anderer Stelle fertiggebracht. Wäre dies bei Zeiten passiert, wäre es überhaupt nicht zu der Aktion am Freitag gekommen.
Zudem muss man aber auch die Vorgehensweise insgesamt heftig in Frage stellen. Warum wird eine Familie so behandelt, obschon man weiß, dass es sich eigentlich um einen Irrtum handelt?
Am späten Nachmittag konnten wir noch in Erfahrung bringen, dass die Mutter das kleine Kind noch immer stillt und dass sie gerne mit dem Kind ins Foyer gegangen wäre, was ihr aber nicht erlaubt wurde. Sie durfte einzig und allein bis zur Tür des Foyers mit. Ob sich in dieser Sache am Freitagabend noch etwas getan hat, lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können