Afghanistan: Taliban töten weniger Zivilisten als Pro-Regierungs-Kräfte

Afghanistan: Taliban töten weniger Zivilisten als Pro-Regierungs-Kräfte

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Die kriegerischen Auseinandersetzungen in Afghanistan gehen unvermindert weiter und fordern ihre Opfer. Darunter sind viele Zivilisten, die zwischen den Fronten ihre Leben lassen oder verletzt werden. Die Unterstützungs- mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (Unama) hat für das erste Halbjahr eine Bilanz aufgestellt.

Die Zahl der zivilen Opfer in den afghanischen Kriegsregionen ist zwischen Januar und Juni dieses Jahres im Vergleich zur gleichen Periode im Vorjahr zurückgegangen, bleibt jedoch weiterhin viel zu hoch. 3.812 zivile Opfer zählte Unama im ersten Halbjahr 2019 in Afghanistan, davon 1.366 Tote und 2.446 Verletzte. Die Unterstützungs- mission der Vereinten Nationen in Afghanistan bezeichnete die Gewalt, die gegen Zivilisten verübt werde als „schockierend und unannehmbar“.

Zwar ging die Gesamtzahl der zivilen Opfer im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um 27 Prozent zurück. Doch nahm die Zahl der Opfer in den letzten drei Monaten dieses Jahres gegenüber den ersten drei Monaten um 27 Prozent zu. Dies könnte damit zusammenhängen, dass nach dem Winter die kriegerischen Aktivitäten wieder zunehmen, wie etwa die alljährliche Frühjahrsoffensive der Taliban.

Immerhin versprachen die Delegierten der beteiligten Konfliktparteien bei den innerafghanischen Gesprächen am 7. und 8. Juli in der katarischen Hauptstadt Doha in einer gemeinsamen Erklärung, die Zahl der zivilen Opfer auf null zu reduzieren. Allerdings kam es in den vergangenen Tagen wieder zu Anschlägen, bei denen viele Zivilisten getötet oder verletzt wurden.

Ein Drittel sind Kinder

Auffallend bei den von Unama gestern vorgelegten Zahlen ist der Umstand, dass mehr Zivilisten durch Pro-Regierungs-Kräfte ums Leben kommen (717 Tote) als durch Gegner der Regierung (531). Dem hingegen gehen jedoch die meisten zivilen Opfer (1.968) auf Aktionen der Regierungsgegner zurück – Pro-Regierungs-Kräfte waren in den ersten sechs Monaten des Jahres für 1.397 zivile Opfer verantwortlich.

Innerhalb der beiden Gruppen listet Unama auf, dass von den 52 Prozent an zivilen Opfern, die den Regierungsgegnern zugeschrieben werden, 38 Prozent auf die Rechnung der Taliban gehen, 11 Prozent auf jene des sogenannten Islamischen Staates der Provinz Khorasan und drei Prozent auf die anderer Gruppierungen. Bei den Pro-Regierungs-Kräften wiederum sind die nationalen Sicherheitskräfte für 18 Prozent, die internationalen Truppen für 12 Prozent und andere Gruppierungen, die auf der Seite der Regierung stehen, für zwei Prozent der zivilen Opfer verantwortlich.

Der Anteil der Kinder unter den betroffenen Zivilisten liegt den Unama-Zahlen zufolge bei einem Drittel. Kinder sind vor allem der Gefahr ausgesetzt, Opfer von nicht explodierter Munition zu werden. So sind 84 Prozent der durch explosive Überreste des Krieges getöteten oder verletzten Zivilisten Kinder.

Die meisten zivilen Opfer sind bei Bodeneinsätzen (33 Prozent) zu beklagen. 28 Prozent gehen auf sogenannte IEDs (Improvised Explosive Devices) zurück, die entweder ferngezündet oder bei Selbstmordattentaten eingesetzt werden. 14 Prozent der zivilen Opfer stammen von Luftangriffen und 14 Prozent durch gezielte Angriffe. Durch Luftangriffe wurden in den ersten sechs Monaten 363 Zivilisten getötet, davon 89 Kinder, und 156 (61 Kinder) verletzt. Die Zahl der zivilen Opfer durch Luftangriffe hat in diesem Jahr um 39 Prozent zugenommen.