Ende eines juristischen Marathons

Ende eines juristischen Marathons

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Hier der angriffslustige Ex-Minister Deubel, dort die gerne mal stichelnde Staatsanwaltschaft. Das war die Konstellation im Nürburgring-Untreueverfahren, das über Monate Schlagzeilen machte. Nun sorgte das Gericht mit den Urteilen für Aufsehen.

Ein juristisches Grollen geht an diesem Tag vom Schwurgerichtssaal des Koblenzer Landgerichts aus. Hier fallen die mit Spannung erwarteten Urteile im Untreueverfahren zum Nürburgringausbau – und sie haben es in sich: Der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) muss für dreieinhalb Jahre in Haft, für Ex-Ringchef Walter Kafitz und den ehemaligen Ring-Controller setzt es Bewährungsstrafen. Zwei wegen Beihilfe zur Untreue angeklagte Bankmanager werden verwarnt. Die von allen Verteidigern geforderten Freisprüche bleiben aus.

Deubel nimmt die Entscheidung äußerlich gefasst auf. Während der Vorsitzende Richter Winfried Hetger wortreich die Urteile begründet, wird ein Schaubild an die Wand geworfen, das die komplexen damaligen Verflechtungen zwischen Nürburgring GmbH, Finanzvermittlern, Land und Förderbanken illustriert. Ihnen war das Gericht auf den Grund gegangen. Ob der vielen Pfeile und Kästchen wird auf den Zuschauerbänken vereinzelt geschmunzelt – es ist eine der letzten Anekdoten dieses an Anekdoten so reichen Mammutverfahrens.

Prozessbeginn im Oktober 2012

Los ging der Prozess im Oktober 2012. Laut Gericht gab es 64 Verhandlungstage, 86 Zeugen wurden vernommen, hinzu kamen Sachverständige. Nach all dem schlug nun die Stunde von Richter Hetger. Dieser war monatelang der ruhende Pol in bisweilen hitzigen Debatten. Lange ließ er Prozessbeobachter so gar nicht in seine Gedankenwelt blicken, während Anklage und Verteidigung Spitzen austauschten.

Auch aus dem Urteilstag macht Hetger keine Show. Detailliert, aber ohne Polemik trägt er vor – und setzt dem Verfahren, das Koblenzer Justizkreise gerne als „ganz hartes juristisches Brot“ bezeichneten, ein sachliches Ende. Es wird klar, wie intensiv sich die Kammer mit dem rund 330 Millionen Euro teuren Ausbau des Freizeitparks an der Rennstrecke, der 2009 gescheiterten Privatfinanzierung, Zahlungen der landeseigenen Nürburgring GmbH an damalige Finanzvermittler und mit der möglichen Gefährdung von Steuergeld beschäftigt hat.

Viele Momente

Was von dem Verfahren gegen Deubel und Co. in Erinnerung bleibt, sind Wortschöpfungen und einprägsame Momente. Da war etwa der „Bordell- und Bratwurstvermerk“ mit angeblichen Hinweisen auf Luxus-Eskapaden der damaligen Finanzvermittler und Lippelts in Zürich. Da waren stundenlange, zuweilen oberlehrerhafte Stellungnahmen Deubels, die finanzwissenschaftlichen Vorlesungen glichen. Er zeigte sich häufig angriffslustig, warf der Staatsanwaltschaft eine „vorverurteilende Öffentlichkeitsarbeit“ vor, ein Gutachten des Landesrechnungshofs nannte er abenteuerlich und dilettantisch. Das Gericht konnte er damit offensichtlich nicht überzeugen.
Einige Stühle neben ihm saß stets der ungleiche Gegenspieler, der ehemalige Ring-Controller. Er litt sichtlich, saß meist gebeugt da, sprach leise. Er belastete Deubel, war aber so gar nicht der aggressive Widerpart. Deubel nannte ihn einen Lügner.

Ex-Ringgeschäftsführer Walter Kafitz wiederum spielte seine eigene Rolle. Er schwieg lange, erst am vorletzten Termin ergriff er das Wort. Er habe das Projekt nach bestem Wissen und Gewissen gefördert. „Ich habe mich immer im Rahmen von Aufsichtsratsbeschlüssen bewegt.“ Dem folgte das Gericht nicht, sah auch bei ihm Pflichtverletzungen.

Monatelang hieß es auf den Gängen des Koblenzer Landgerichts regelmäßig: „In der Sache Deubel und andere bitte eintreten.“ Damit ist es nach den deutlichen Urteilen nun vorbei.