Von Dämonen, Mördern und Paganini

Von Dämonen, Mördern und Paganini
(Christian Schaack)

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Drei Bands heizten am vergangenen Freitag das Atelier ein. Headliner: die finnische Band Children of Bodom.

Es waren in der Tat drei Bands welche für eine mehr als dreistündige Show sorgten. ONI heißt die 2014 gegründete progressive Death Metal Band welche das Publikum als „opening act“ aufheizen sollte. Aus Kanada stammen die Musiker und sie zeigten Rhythmuswechsel vom Feinsten neben ständig abwechselnd aufgebauten Songs. Jake Oni als Bandsänger stand Pate bei deren Namenswahl. Zugleich steht Oni auch für einen japanischen Folkloredämon welcher wiederum das Logo der Band ziert. Im superweiten rotweißen Eishockeytrikot tat sich der Frontmann jedoch sehr schwer um beim etwas zähen Publikum Stimmung aufkommen zu lassen. Undankbar verhielten sich die Zuschauer insbesondere seinem versierten Gesang oder den originellen Einlagen eines Johnny DeAngelis auf seinem Xylosynth, einer Mischung aus Keyboard und Xylophon, gegenüber. Obschon es der jungen Band noch an etwas Reife in punkto Songwriting fehlt, hat letztere sich durch ein fehlendes Publikumsecho nicht aus der Ruhe bringen lassen: sie haben ihr halbes Dutzend Songs trotz allem mit Nachdruck vorgetragen.

Die Stimmung stieg jedoch ungleich stärker an als Forever Still die Bühne betrat. Es handelt sich um eine Band aus Kopenhagen welche 2010 von der Sängerin Maja Shining und dem Allroundmusiker Mikkel Haastrup gegründet wurde. Die beiden drehten anfänglich ihre Videos selber, schossen die Fotos für ihre Alben selbst, produzierten und mixten ihre Songs selbst und übernehmen auch weiterhin die Buchungen für Auftritte. Für jede Tournee werden zudem immer andere Musiker angeheuert damit die Band einen melodischen Alternativen Metal mit „Post- Grunge“ Touch vortragen kann. Und die Sängerin hat Charisma, singt gut und wirkt auch optisch anziehend weil sie sich eher „lückenhaft“ gekleidet gibt. Die Songs sind gut geschrieben, sie steigern sich im Aufbau, besitzen gute Riffs und gelungene Rhythmuswechsel. Dies riss natürlich das Publikum aus seiner Lethargie und die ausdrucksstarke Körpersprache Majas wusste schon die Zuschauer zu berühren. Es handelt sich auf jeden Fall um eine vielversprechende Band die man nicht aus den Augen verlieren sollte.

So hatten die Headliner des Abends, die finnische Band Children of Bodom, ein leichtes Spiel in dem bereits kochenden Saal. Die Vorgeschichte dieses Namens ist auch besonders interessant und hat leider nichts mit Kochen zu tun. Im Jahre 1960 wurden am See Bodom nahe der Stadt Espoo drei Jugendliche, zwei Mädchen und ein Junge, bestialisch ermordet. Ein weiterer Junge überlebte die Untat schwer verletzt. Obwohl es mehrere Verdächtige gab wurde der Mord nie aufgeklärt. Ein gefundenes Fressen also für Metal Bandmitglieder dieses Verbrechen zum programmatischen Namen zu bestimmen. Doch bei ihrer Gründung 1993 hieß die Band anders: Inearthed. Im Jahre 1997 wechselte sie die Plattenfirma und zugleich auch den Namen. So feiert Children of Bodom auf dieser Tour offiziell ihr 20 jähriges Bestehen! Und das Publikum zollte den Finnen gebührenden Respekt mit viel Pogo und einer Menge Begeisterung.

Die gebotene Show hatte es auch in sich. Eigentlich waren auf der Playlist nur Titel vorhanden die vor 2003 geschrieben wurden. Klassiker wie „Warheart“, „In the Shadows“, „The Nail“,“ Red Light in my Eyes Part 2“, „Downfall“ oder auch noch „Lake Bodom“ passen voll in eine Anniversary Tournee mit Rückblickanspruch. Die Songs handeln immer wieder vom Tod in Bodom in der Form eines Sensenmannes oder allgemein von Gewalt und Aggression. So waren zudem die Intros allesamt überragend! Einmal klangen Cembalo Töne zu einer angedeuteten Bach Toccata an, weiterhin lösten sich auch akustische Horrorfilmstimmungen mit angedeuteten Noten des Titels „The Final Countdown“ der schwedischen Band Europe ab, oder es klangen auch noch Elektro Pop Töne abwechselnd zu Niccolo Paganinis Barockmusik an. Keyboarder Janne Vilijami Wirman machte dies möglich. Frontmann Alexi Laiho fand dazu auch immer die treffenden Wörter mit dem genau richtigen anfeuernden Ton. Da diese Band zum melodische Death Metal mit stark progressiven Ansätzen gerechnet wird, bleiben die Kompositionen durchwegs mit radikalen Rhythmusvariationen und unterschiedlich gesteigerte Soli Passagen immer überraschend. Dabei spielen die Gitarren zwar regelmässig die Tonleiter rauf und runter. Das klingt jedoch nicht sinnlos repetitiv, sondern zeugt eher von einer soliden klassischen Musikausbildung. Es ist halt eben ein musikalisches Markenzeichen der Band. Die Songs bewegen sich zudem ständig zwischen sehr schnellen und gemächlicheren Passagen hin und her. Die Gitarreneinlagen erinnern irgendwie an Yngwie Malmsteen, und obwohl sie technisch sehr anspruchsvoll sind, bleiben sie zugänglich und reißen die Zuschauer mit.

Und überhaupt: die verschiedenen Einflüsse gehören zum künstlerischen Pedigree der Band. In dem 2009 Album „Skeletons in the Closet“ nahmen Alexi und Co. ausschließlich Coversongs auf welche aus der Feder von so unterschiedlichen Musikern wie Pat Benatar, Billy Idol, Alice Cooper, Britney Spears und Bands wie The Ramones, Suicidal Tendencies, Trust, W.A.S.P. Slayer oder Iron Maiden stammen.

Diese beeindruckende Bandbreite, ein konstant beherrschter Gesang mit vielen klassischen Anspielungen machen aus Children of Bodom eine großartige Metal Band mit reichhaltigem Songrepertoire. Typisch skandinavisch ist sie allemal und dieVorliebe in diesem Teil Europas für Metalklänge findet so einen hervorragenden Verstärker. 20 Jahre wild und doch sehr weise klingen hoffentlich die kommenden Jahre der Band weiterhin an.