„Das Ministerium ist eine Blackbox“

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Der offene Brief, den die Theaterföderation gemeinsam mit den dezentralisierten Kulturhäusern an Maggy Nagel verschickt hatte, bricht mit der geduldigen Passivhaltung der Kulturschaffenden.

Nun fordern sie endlich Neuigkeiten über den Stand ihrer Konventionen. Doch das Kulturministerium sei eine „Blackbox“, sagt Christian Kmiotek, Präsident der Theaterföderation. Also „ein geschlossenes System unter Vernachlässigung des inneren Aufbaus“, wie uns das Wörterbuch erklärt.

Tageblatt: Sie sind Parteipräsident der Grünen und gleichzeitig Präsident der Theaterföderation. Geraten Sie da nicht in Interessenkonflikte?

Christian Kmiotek: „Nein, überhaupt nicht. Im Sport und auf lokaler Ebene gibt es diese Überschneidungen ja ständig. Dennoch hatte ich vor zwei Jahren, als ich Präsident der Grünen wurde, die Mitglieder gefragt, ob sie möchten, dass ich zurücktrete. Niemand wollte das. Und überhaupt: Wenn etwas gesagt oder gemacht werden muss, dann tue ich das. Die Mitglieder des Netzwerkes der dezentralisierten Kulturhäuser und der Theaterföderation sind derzeit sehr nervös. Sie wollten Druck machen und einen Brief an die Ministerin schreiben. Da ist es selbstverständlich, dass ich als Präsident der Föderation unterschreibe. Hinzu kommt, dass die Theaterföderation selbst von den eigenwilligen Maßnahmen der Ministerin betroffen ist. Unsere Konvention wurde auch gekündigt. Wir haben zwei feste Mitarbeiter. Wir wissen auch nicht, wie es weitergeht. Ich finde, der Brief war noch sehr soft verfasst, auch das war Wunsch der Mitglieder.“

Überhaupt fällt der Widerstand gegen Maggy Nagel und ihre Maßnahmen zur Reform der Förderpolitik recht schwach aus. Wie erklären Sie sich das?

„Die Leute sind am Limit. Sie haben die Nase im Lenker ihres Fahrrads, sie strampeln. Wie ernst die Lage ist, wird ihnen erst so langsam bewusst. Als sie die Fragebögen ausfüllten, da glaubten sie noch an das Versprechen, bis Dezember sei alles geklärt, die nächsten Spielzeiten könnten ohne Bruch und ohne Unsicherheit mit den neuen Konventionen geplant werden. Jetzt ist die Situation völlig anders. Alle Kultureinrichtungen müssen bis zum 15. Dezember ihren Budgetentwurf ans Ministerium schicken, aber mit welchem Betrag denn?“

Der 15. ist vorbei …

„Ja. Mitte November hat die Theaterföderation einen Brief ans Kulturministerium geschickt, in dem sie mitteilte, dass sie und alle ihre Mitglieder ihren Budgetplan nicht aufstellen könnten, da niemand wüsste, von welchem Beitrag er ausgehen könne. Wir baten um Antwort bis zum 10. Dezember, bis zum Tag unserer Mitgliederversammlung. Die Antwort kam am 11. Und war nichts weiter als eine Vertröstung. Eine Vertröstung ins neue Jahr. Das hat uns natürlich noch mehr geärgert.“

Mit welcher Zahl machten Sie nun Ihren Budgetentwurf?

„Nach zwei Wochen kam auf diese Frage die Antwort, wir sollten einfach den gleichen Betrag einsetzen wie im Vorjahr.“

Das spricht für sich …

„Ja. Ich glaube, Frau Nagel hat sich verrechnet. Sie steht unter massivem Druck im Bereich des Wohnungsbaus. Da bleibt keine Zeit für die Kultur.“

Aber sie arbeitet ja nicht alleine im Kulturministerium … Ist sie schlecht beraten?

„Natürlich ist sie schlecht beraten. Es handelt sich ja um dieselben Berater wie unter Modert, und die war auch schon schlecht beraten.“

Man wird den Eindruck nicht los, als werde die Kultur von der Politik weiterhin sehr stiefmütterlich behandelt. Weder für die LSAP noch für die Grünen, nicht einmal für die DP, war das Kulturministerium ein Wunschressort. Warum?

„Auch für die Grünen war die Kultur nicht prioritär, das stimmt. Ich hatte die Frage mal in die Runde geworfen: Wollen wir nicht auch noch ein Wohlfühlministerium haben?“

Wohlfühlministerium?

„Ja. Wenn du dich gescheit anstellst, dann kannst du als Kulturminister den Leuten Gutes tun, anstatt sie gegen dich aufzubringen.“

Wie denn?

„Man müsste das tun, was im Koalitionsvertrag steht: Eine Bestandsaufnahme machen und einen Kulturentwicklungsplan aufstellen.
Und zwar mit den Leuten vor Ort, aus der Szene. Doch dazu muss man natürlich mit ihnen reden und Beratung annehmen. Das Kulturministerium jedoch ist eine Blackbox.“

Wie geht es weiter?

„Das werden wir sehen, ich hoffe, es werden schnell Entscheidungen getroffen. Diese Unsicherheit schafft ein ganz schlechtes Arbeitsklima und hemmt natürlich die Kreativität.“

Janina Strötgen