Warum sich die DP-Fraktion von Parteipräsidentin Corinne Cahen gelöst hat

Warum sich die DP-Fraktion von Parteipräsidentin Corinne Cahen gelöst hat
Eugène Berger bleibt bis zum 1. Januar 2021 DP-Fraktionsvorsitzender. Max Hahn (im Hintergrund) soll Corinne Cahens Favorit auf den Posten gewesen sein, hat aber laut eigenen Angaben nie eine Kandidatur gestellt.

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Corinne Cahen gilt als große Wahlgewinnerin. Mit ihrem Resultat konnte sie ihre Macht als Parteivorsitzende konsolidieren. Doch mit der Wahl von Eugène Berger und Gilles Baum als Fraktionsvorsitzende musste sie einen herben Rückschlag einstecken.

Zwei Tage nach den Wahlen treffen sich die neugewählten DP-Abgeordneten zum ersten Mal. Die Stimmung ist schlecht. Trotz gutem Wahlresultat. Trotz der Aussicht auf eine Fortsetzung der Koalition. Trotz der historischen Chance, zum zweiten Mal nacheinander den Premierminister zu stellen. Der Grund: Corinne Cahen. Die Parteipräsidentin soll manche älteren DP-Politiker dazu gedrängt haben, auf ihr Mandat zu verzichten zugunsten jüngerer Kandidaten. „Sie wollte sich doch tatsächlich über das Wahlergebnis hinwegsetzen“, so ein DP-Mitglied.

Corinne Cahen bestreitet, jemals einen Politiker aufgefordert zu haben, auf sein Mandat zu verzichten. Sie wisse nicht, wo solche falschen Informationen herrühren. „Ich kann es mir nur so erklären, dass manche mit Neid auf mein Wahlergebnis blicken und mir schaden wollen“, so Cahen.

Laut Tageblatt-Informationen soll die Episode die Abgeordneten jedoch nachhaltig geprägt haben. Es soll der Moment gewesen sein, als die DP-Fraktion entschied, sich vom rigiden Führungsstil der Parteipräsidentin zu lösen. „Bis hierher und nicht weiter“, so fasst ein DP-Politiker die Stimmung an diesem Tag zusammen.

Kritik am Führungsstil

Cahens Führungsstil steht intern seit längerem in der Kritik. In der DP soll in der Vergangenheit nichts ohne ihr Wissen, ohne ihre Zustimmung geschehen sein. Sie habe der Partei ihren Willen auferlegt, die Partei nach ihrer Vorstellung geformt.

Erstmals öffentlich übte Marc Ruppert nach seinem Rücktritt als Generalsekretär vor rund einem Jahr Kritik an der Parteipräsidentin. Doch im Wahlkampf wurde es ruhig – teils, weil die Partei sich geschlossen auf einen Wahlkampf einschwor und nicht wie andere Parteien interne Konflikte nach außen tragen wollte, teils, weil die Parteimitglieder tatsächlich in Arbeitsgruppen ein Stück weit mitbestimmen konnten.

Und das Arrangement sollte sich auszahlen: Die DP konnte ein ordentliches Wahlresultat einfahren, wenn auch mit einem Sitzverlust. Cahen selbst gelang es gar, ihr persönliches Ergebnis um rund 5.000 Stimmen im Vergleich zu 2013 zu verbessern. Als Zweitplatzierte setzte sie sich hinter Premier Bettel fest. Ihre Position als Parteivorsitzende galt damit als gefestigt.

„Zu gefestigt“, so deutet es ein DP-Abgeordneter. Denn ihr Verhalten kurz nach den Wahlen soll alte Wunden aufgerissen haben. Cahens verlängerter Arm in die Angelegenheiten der DP-Fraktion soll schon in der Vergangenheit ein Problem gewesen sein. Sie habe sich oftmals eingemischt und bestimmt, wer zu welchen Themen im Parlament Stellung beziehen soll und wer nicht.

Die Emanzipation

Ein Gruppe von rund sechs Abgeordneten soll sich schließlich gefunden und beschlossen haben, unabhängig vom Willen der Parteispitze den Posten des Fraktionspräsidenten zu besetzen. Die Fraktion wollte sich vom Willen der Parteipräsidentin emanzipieren.
Denn Cahen sollte bereits virtuell den Posten besetzt haben. Sie soll an Max Hahn gedacht haben. Ein charismatischer Politiker, der ihrem Lager zugeordnet wird. Cahen bestreitet das. Sie habe zu keinem Zeitpunkt über etwaige Kandidaten für den Fraktionsvorsitz nachgedacht. Und überhaupt würde sie sich als Parteipräsidentin nie in Angelegenheiten der Fraktion einmischen.

Auch Max Hahn bestreitet, dass er Fraktionsvorsitzender werden wollte. Aber er gesteht, dass Politiker der Parteispitze an ihn herangetreten waren, um ihm das Amt anzubieten. Namen wollte er nicht nennen. Er habe jedoch davon abgesehen – aus familiären Gründen, aber auch, weil er sich auf sein Amt als Schöffe in Dippach sowie auf andere Dossiers im Parlament fokussieren will. Manche sagen, weil er sich vom Image als Cahen-Zögling lösen will.

Am Dienstagmorgen vor genau einer Woche haben sich schließlich die zwölf DP-Abgeordneten einstimmig auf Eugène Berger und Gilles Baum als Fraktionsvorsitzende geeinigt. Beide gehören nicht dem Cahen-Lager an. Berger, der bereits in der vergangenen Legislaturperiode das Amt ausübte, wird bis zum 1. Januar 2021 Fraktionspräsident sein. Danach wird Gilles Baum die Nachfolge antreten. Baum hatte bereits früh Anspruch auf den Fraktionsposten angemeldet. Er gehört neben Lex Delles zu den Wahlgewinnern im Ostbezirk. „Ich habe den Hörer in die Hand genommen und mich mit Kollegen abgesprochen“, so Baum. Und letztlich soll auch Premierminister Xavier Bettel grünes Licht gegeben haben. „Die Fraktion soll selbst ihren Vorsitzenden ernennen“, so die Auffassung von Bettel.

Damit hat er sich jedoch erstmals gegen den Willen seiner engen Vertrauten Cahen gestellt. Bis dato hatte Bettel seiner Freundin aus Kinderzeiten in Bonneweg stets den Rücken freigehalten.

Offiziell will übrigens niemand die Emanzipation der DP-Fraktion kommentieren. Das Wording der Fraktion lässt jedoch tief blicken: „Es gibt eine Partei, eine Regierung – und eine Fraktion.“

roger wohlfart
11. Dezember 2018 - 14.21

Das kann ja noch gut werden. Zuerst Streit in der LSAP, jetzt Krach in der DP und das mit nur einer Stimme Mehrheit für die Regierungsparteien!