Totenfeier der besonderen Art: Food for your Senses feiert sein eigenes Begräbnis

Totenfeier der besonderen Art: Food for your Senses feiert sein eigenes Begräbnis

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Nachdem organisatorische Hürden das „Food“ bereits 2015, 2016 und 2018 in die Zwangspause schickten, ist 2019 nun der offizielle Bestattungstermin für dieses Wochenende angesetzt. Passend zum Funeral Feast finden sich im diesjährigen Line-up auch einige Totgesagte, die ja bekanntlich länger leben, wie z.B. Eternal Tango, Inborn oder dEFDUMp aka ThisIsForevermore.

Von Tom Haas

Abschiedspartys sind eine schwierige Sache – von der emotional-rührigen Trauergesellschaft bis hin zur großen Sause der Selbstvergessenheit ist in der Regel jede Schattierung möglich. Was die Organisatoren des Food for your Senses dieses Jahr auffahren, verspricht eine Achterbahnfahrt durch sämtliche Formeln des Abschiednehmens zu werden, ein Spagat zwischen nostalgischen Rückblenden und nüchternem Blick nach vorne.

Symbole dieser Doppelgesichtigkeit sind zwei Programmpunkte: Einmal der Coup de Coeur, ein zweistündiges Live-Set am Samstag, bei dem sich de Läb, Mutiny on the Bounty, Eternal Tango, The Disliked, Versus You und Inborn die Bühne teilen. Und am Tag danach organisiert Radio 100,7 ein Rundtischgespräch mit der Kulturministerin und den Veranstaltern unter dem Titel „De Food ass begruewen. An elo?“, wo der Frage nachgegangen wird, wie die Leerstelle in der luxemburgischen Musiklandschaft nun zu besetzen ist.

Diese Frage ist durchaus drängend. Das diesjährige Line-up ist geradezu exemplarisch für die Leistung, die das Festival erbracht hat: Der Welt zu zeigen, dass die lokale Musikszene den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht. Konsequent standen die luxemburgischen Künstler im Mittelpunkt und teilten sich die Bühne mit Hochkarätern aus der ganzen Welt.

Diese Möglichkeit droht in Zukunft schmerzlich zu fehlen und eine Politik, die sich Nation Branding auf die Fahne geschrieben hat, muss die Möglichkeiten bereitstellen, diese Lücke zu füllen. Die Strahlkraft eines guten Festivals ist nicht zu unterschätzen und zum Food reisen Menschen aus der ganzen Welt an.

„Der Geschichte gerecht werden“

Das ist der Anspruch, den Luka Heindrichs als Hauptveranstalter für das diesjährige Food formuliert. Die organische Entwicklung von dem metal- und punkdominierten Festival der Anfangsjahre hin zu einem Laborfeld für künstlerische Experimente über die Musik hinaus spiegelt auch den Reifungsprozess der Veranstalter und der Szene insgesamt. Insofern ist es nur logisch, sich auf die vielfältigen Wurzeln zu besinnen – was laut Joscha Wrobel, dem Verantwortlichen für das Booking, auch kein Problem darstellte.

„Wir hatten nachher sechs mögliche Headliner auf dem Zettel stehen. Am Ende haben wir alle angerufen und vorgeschlagen, dass jeder halt 20 Minuten spielt – und alle hatten Interesse. Das hat vielleicht eine Stunde gedauert.“ Das internationale Line-up war in der Hinsicht schon schwieriger. „Wir hatten das kleinste Budget der letzten fünf Jahre“, verrät Wrobel, trotzdem sei ein interessantes Booking gelungen. Gerade Kate Tempest, die bereits 2014 auf dem Festival auftrat, hat seither eine musikalische Entwicklung durchlaufen, auf die sich die Veranstalter freuen.

Aber auch die Aktivitäten jenseits der Musik sind konstituierend für das Food. Dieses Jahr kann mit einem Kunstwettbewerb aufwarten, bei dem jeweils ein etablierter Künstler und ein Neuling zusammen unter dem Motto „Die fünf Sinne“ einen Schiffscontainer hergerichtet haben, den die Festivalbesucher betreten können. Eine Jury verkündet am Sonntag das Gewinner-Duo.

Herzblut, Aufopferung und Liebe

Daneben wartet das Container Village mit Workshops von Upcycling bis Fotoshooting auf und auch auf kulinarischer Ebene reicht das Angebot weit über die übliche Bratwurst-Pommes-Kombination hinaus. Ganz besonders verspricht auch die Fotoausstellung über die Geschichte des Festivals zu werden, welche die Entwicklung des Food zeigt und sicherlich auf dem ein oder anderen Bild für ein Wiedererkennen – mit oder ohne Schrecken – sorgen wird.

„Der Gedanke eines Festivals ist es immer, besondere Ideen in die Realität umzusetzen“, erklärt Heindrichs. „Die Realität selbst sieht dann meist so aus, dass man dem Zug hinterherläuft und Feuer löscht.“ Bei einem Team von über 40 Leuten, die den Berg an Arbeit ehrenamtlich stemmen, sind Fehler und Pannen in der Organisation vorprogrammiert. Trotzdem hat die Vergangenheit gezeigt, dass kaum etwas Anderes ein Festival wirklich zu einem Ort des Besonderen macht als das Herzblut, die Aufopferung und die Liebe der Veranstalter. Nur diese gebären die Experimentierfreude und den Eigensinn, den es braucht, um aus den erprobten und erfolgversprechenden Schemata auszubrechen.

Wenn es dem Food for your Senses an einer Sache wohl nicht fehlt, dann an der Liebe – sowohl der Organisatoren als auch der Gäste. Wer kann schließlich von sich behaupten, sein Begräbnis sei schon ausverkauft gewesen, bevor die Namen der Musikkapellen die Runde gemacht haben.

Line-up und weitere Infos finden Sie unter www.ffys.lu.