Syvicol freut sich über mehr Autonomie der Gemeinden

Syvicol freut sich über mehr Autonomie der Gemeinden
 Foto: Sophie Margue

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Durch die Reform des Gemeindegesetzes und die Reform der „Tutelle administrative sur les communes“ werden die Gemeinden in ihrer Autonomie und in ihrer Effizienz gestärkt. Begrüßt wird das auch und vor allem vom Syvicol, dem Dachverband aller 102 Gemeinden des Landes.

Das aktuelle Gemeindegesetz stammt aus dem Jahr 1988. Eine Reform ist somit mehr als überfällig. Es geht darum, die Beziehungen zwischen Staat und Gemeinden den Entwicklungen der Gesellschaft und den Bedürfnissen der Kommunen anzupassen. Deshalb soll in einer ersten Phase die staatliche Kontrolle der Gemeinden, die sogenannte „Tutelle administrative sur les communes“ reduziert werden. Getreu dem Prinzip, dass jeder das machen soll, was er am besten kann. Bis Ende dieses Jahres will die LSAP-Innenministerin Taina Bofferding einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

Das Gemeindesyndikat Syvicol („Syndicat des villes et communes luxembourgeoises“) und dessen Präsident Emile Eicher (CSV) begrüßen diesen Schritt sehr. „Wir hatten eine lange Liste an Forderungen, die jetzt eingeflossen sind. In Zukunft werden die Gemeinden autonomer, flexibler und schneller Entscheidungen im Interesse der Bürger fällen können. Das kommt also einer Vereinfachung verschiedener Prozeduren gleich und ist ein von allen Seiten seit längerem erhobener Anspruch. Deshalb sind wir gemeinsam mit dem Innenministerium auch recht schnell vorangekommen, sodass wir bald abschließen können“, erklärte Eicher.

Ein großer Berg an Arbeit würde wegfallen, so der Syvicol-Präsident weiter: „Besonders was das Hin und Her von Dokumenten anbelangt, wo man immer wachsam bleiben muss, dass man nichts versäumt oder verliert. Es geschieht eigentlich jetzt das, was sowohl Regierung als auch Syvicol immer gesagt und gewollt haben, nämlich dass sie gerne eine Vereinfachung der administrativen Wege hätten, ohne allerdings, dass dies auf Kosten der Transparenz und der Qualität geht.“

Mehr Flexibilität und Qualität

Von der Reform des Gemeindegesetzes selbst erwartet Syvicol sich demnach auch mehr Autonomie und Flexibilität für die Gemeinden „und dass wir die Möglichkeiten der Digitalisierung besser und vermehrt nutzen und die neuen Medientechniken besser einsetzen können“, so Eicher ergänzend. Man rechne aber auch mit mehr Transparenz, was Akten beziehungsweise Dossiers anbelangt, klare Zuständigkeiten, kurze und nachvollziehbare Fristen. Und auch hier einfach die Möglichkeit, in Zukunft schneller und effizienter zu arbeiten.

Bereits jetzt ist Emile Eicher glücklich darüber, dass Syvicol stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden ist. Die Innenministerin hat betont, die Gemeindereform im Dialog durchsetzen zu wollen, also auch mit dem Gemeindesyndikat. Im Juli hatte Premierminister Xavier Bettel (DP) dem Syvicol zugesagt, regelmäßig konsultiert zu werden.

Nun von Anfang an beteiligt

„Wir sind jedenfalls froh, dass diese Regierung uns ernst nimmt. Wohl haben wir auch jetzt noch nur eine Art ’Lobby-Statut‘, sind also gesetzlich nirgends verankert.“ Die aktuelle Entwicklung wird von Syvicol allerdings als wichtiger Schritt nach vorne angesehen. „Kein Reglement oder Gesetz, das die Gemeinden betrifft, wird nun seitens der Ministerien verfasst, ohne dass wir die Möglichkeiten haben, dazu unsere Meinung abzugeben. Unsere Gutachten spielen auch bei den Debatten später im Parlament eine Rolle“, so Emile Eicher unmissverständlich.

In der Vergangenheit war das nur bedingt so. Die Meinung des Gemeindesyndikats sei nicht von allen Ministerien gleichermaßen gefragt gewesen oder aber nicht zum opportunen Zeitpunkt und nicht regelmäßig. Statt wie früher oft nur am Ende der Entscheidungskette sei man jetzt öfters von Anfang an dabei, also bereits beim Vorentwurf zu einem Gesetz, wobei dies aber noch nicht systematisch passiert. Dennoch: „So können wir unsere Meinung einbringen, auch unsere Erfahrungen und damit vielleicht Dinge vermeiden, die später nicht umsetzbar oder kontraproduktiv sind“, so Eicher. Die Einbindung des Syvicol findet demnach nun strukturierter statt. Von der Regierung gab es zudem die Zusage, sich in Richtung einer gesetzlichen Verankerung der Beratungstätigkeit des Syvicol Gedanken zu machen.

Reale Einflussnahme

Das Rundschreiben von Premierminister Bettel vor den Sommerferien, in dem er alle Ministerien aufgefordert hat, Syvicol „mit ins Boot zu nehmen, sobald ein Gesetzentwurf ausgearbeitet werde“, zeigt laut Eicher Wirkung: „Wir haben über die Sommermonate bereits zwölf Gesetzesvorlagen und -entwürfe zur Begutachtung bekommen. Das klappt also.“ Die reale Einflussnahme sei zweifellos gestiegen: „Das ist wichtig, denn als Syvicol sind wir viel näher an den Bürgern als das Parlament. Wer als Gemeindeverantwortlicher vor Ort ist, denkt vernetzter und kann die Tragweite von Entscheidungen besser einschätzen.

Man ist sich viel bewusster, dass Entscheidungen direkt die Bürger betreffen und man erkennt schneller, was für etwaige negative Folgen solche Entscheidungen haben können. Das vernetzte Denken der politisch Verantwortlichen auf Gemeindeebene sei somit ein Plus gegenüber dem Parlament, in dem die Abgeordneten die Dinge oft aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachten.

Das Plus an Autonomie soll im Übrigen auch Bewegung in ein Gespräch bringen, das Gemeinden und Bildungsministerium seit zwei Jahren führen. Es geht dabei um ein besseres Zusammenspiel zwischen den Grundschulen und den „Maison relais“ beziehungsweise den Kinderbetreuungseinrichtungen. Umso stärker das Mitspracherecht der Gemeinden ist, umso besser können solche Strukturen zusammenarbeiten und desto besser gelingt eine ganzheitliche Bildung, also eine Gesamtbetreuung in allen Bereichen wie Musikschule, Sport und zwischen all dem, was die Gemeinden sonst noch für den Nachwuchs im Angebot haben. Bessere Abstimmung zwischen allen Partnern wird demnach angestrebt und auch hier klare Zuständigkeiten, insbesondere was das Thema Sicherheit angeht.