Soziales Europa stärken: Nicolas Schmit vor dem EP-Beschäftigungsausschuss

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In Brüssel musste sich der designierte luxemburgische EU-Kommissar für Arbeitsplätze, Nicolas Schmit, am Dienstag den Fragen der EU-Parlamentarier aus dem Ausschuss für Beschäftigung stellen. Eine Aufgabe, die dem ehemaligen Beschäftigungsminister nach fast zehnjähriger Amtszeit nicht allzu schwergefallen sein dürfte.

Als die Ausschussvorsitzende Lucia Duriš Nicholsonová nach etwas mehr als zweieinhalb Stunden die letzte Frage ankündigte, entfährt Nicolas Schmit ein „Schon!“, hebt den linken Arm und wirft einen Blick auf die Uhr. Er hatte sich längst auf Betriebstemperatur geredet, zu all den Themen, mit denen er sich in den vergangenen Jahren nicht nur auf Landes-, sondern in unzähligen Ministerräten und anderen Treffen auf Europa-Ebene beschäftigt hat.

Dutzende Fragen hatte er bis dahin beantwortet, die sich, wie seine kurze Einleitungsrede, mit der ganzen Palette der europäischen Sozialpolitik beschäftigten. Von einem Aktionsplan für die Umsetzung des „Pfeilers an sozialen Rechten“ zur sozialen Inklusion, vom Mindestlohn zu einer europäischen Arbeitslosenrückversicherung war da die Rede. Von sicheren Arbeitsplätzen und der Jugendgarantie, mit der jugendliche Arbeitslose wieder in Arbeit gebracht werden, von Sozialpartnerschaft und der Stärkung der Verhandlungsposition der Arbeitnehmer, von der Armutsbekämpfung und einer Kindergarantie, von der Entsenderichtlinie und Plattformarbeit.

Besonders die seit einigen Jahren diskutierte Einführung eines Mindestlohnes beschäftigte die EP-Abgeordneten. Sicherlich sei das Mindesteinkommen eine Frage der Subsidiarität. Doch brauche es in Europa für jeden Bürger auch eine Garantie, dass er menschenwürdig leben kann von dem, was er verdient, erklärte Nicolas Schmit. Und beruhigte gleich, dass der Mindestlohn nicht überall gleich sein könne und den wirtschaftlichen Verhältnissen in den jeweiligen EU-Staaten angepasst werden müsse.

Vor allem Abgeordnete aus skandinavischen Ländern befürchteten, dass ihr bewährtes System der Tarifverhandlungen dadurch unter die Räder kommt. „Die Kultur der Tarifverträge wird nicht angegriffen“, versicherte der LSAP-Politiker. Vielmehr gehe es darum, in jenen Ländern, in denen dieses Tarifverhandlungssystem nicht besteht, einen Rahmen zu schaffen, um transparent und voraussehbar Löhne festzulegen. Nicolas Schmit versprach, vieles zur Stärkung des „sozialen Europa“ auf den Weg bringen zu wollen, benannte Prioritäten, wie etwa die Sicherheit am Arbeitsplatz oder soziale Rechte für alle. Allerdings blieb er immer wieder auch zurückhaltend, wollte nicht zu viel versprechen. Etwa als es um eine konkrete Frage zum sozialen Wohnungsbau in den Niederlanden ging, der offenbar von der EU-Kommission ausgebremst wurde.

Plattformarbeit regeln

Oder beim Thema der sogenannten Plattformarbeit. Dazu wolle er erst eine große Konferenz organisieren, um Klarheit über die verschiedenen Problematiken zu schaffen, um die es dabei geht. Beschäftigte solcher Plattformen, wie beispielsweise des Fahrdienstanbieters Uber, gelten oft als Selbstständige, sind aber gleichzeitig in vielen Aspekten an das Unternehmen gebunden. In solchen und anderen Fragen wollen später noch andere Kommissare mitreden und -entscheiden.

Als er zu einem abschließenden Fazit ansetzen durfte, schien Nicolas Schmit dennoch erleichtert gewesen zu sein. „Ich kann nicht sagen, dass ich gelitten hätte, aber es war hart. Und es muss hart sein“, sagte der Luxemburger, der darauf hinwies, dass in keinem EU-Mitgliedsland die Minister sich einer solchen Prozedur in ihrem Parlament stellen müssten, um ihre Eignung unter Beweis zu stellen. „Das ist europäische Demokratie“, stellte Nicolas Schmit fest.

Aus seinen eigenen Reihen kamen selbstredend überzeugte Reaktionen. Er sei „ohne Zweifel“ der „richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, meinte die Koordinatorin der S&D-Fraktion für den Beschäftigungsausschuss, Agnes Jongerius, in einer Mitteilung. Die Niederländerin verlangte jedoch, dass der Titel des Kommissars ergänzt werden müsse. Schmit sollte „Kommissar für Arbeitsplätze und soziale Angelegenheiten“ werden und nicht bloß für Jobs zuständig sein.

Von der politischen Konkurrenz erklärten die Liberalen, dass sie die von Nicolas Schmit gemachten Versprechen unterstützen würden. Dennis Radtke, der Sprecher der konservativen EVP im Beschäftigungsausschuss, gestand dem Luxemburger die Kompetenz für das Amt zu und gab sich überzeugt, „gut und eng“ mit ihm zusammenarbeiten zu können. Der deutsche EVP-Politiker verlangte, dass Schmit nun liefern müsse, etwa bei der Stärkung des Sozialdialogs in der EU.