Hoher Turm für hohes Gericht: Der fünfte Ausbau des Europäischen Gerichtshofs ist abgeschlossen

Hoher Turm für hohes Gericht: Der fünfte Ausbau des Europäischen Gerichtshofs ist abgeschlossen

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Das Gebäude des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurde wieder ausgebaut – zum bereits fünften Mal. Mit einem dritten Gebäudeturm, der am Donnerstag (19.9.) offiziell eingeweiht wurde, finden jetzt alle Mitarbeiter Platz.

Im Ausbau des Europäischen Gerichtshofes über die letzten Jahrzehnte hinweg spiegelt sich die Entwicklung und Erweiterung der Europäischen Union. Im gleichen Maße wie die EU an Staaten wuchs und Kompetenzen hinzugewann, musste gewährleistet werden, dass den damit verbundenen Ansprüchen an ein diesen Prozess begleitendes, hochwertiges Justizwesen Rechnung getragen wurde. Das gilt in erster Linie für die Richter, Generalanwälte und alle anderen, die an der Rechtsprechung beteiligt sind.

Jedoch müssen ebenfalls die materiellen Voraussetzungen erfüllt sein, was sich nicht nur auf die Funktionalität der Gebäude beschränkt, in denen der EuGH untergebracht ist. Denn der Gerichtshof als ein für weit über eine halbe Milliarde Bürger und teilweise darüber hinaus zuständiges Rechtsprechungsorgan hat Macht, auch politische Macht.

Ein Stararchitekt im Einsatz

So ist es nur selbstverständlich, dass sich dies in der Architektur seines Sitzes widerspiegelt. Die Justiz müsse vor allem aber auch transparent sein, sagt Architekt Dominique Perrault, weshalb der Kern des Gebäudekomplexes, der Gerichtspalast, viel Licht durchlässt, nach allen Seiten offen ist und trotz seiner Eisenkonstruktion, die aus vielen Teilen des ersten, in den 1970er erbauten Gerichtsgebäudes besteht, nicht klobig, sondern vielmehr leicht und luftig wirkt.

Dominique Perrault kennt sich mit dem Gebäude aus (Fotos: Editpress/Alain Rischard)

Der französische Stararchitekt, der in den vergangenen Tagen in Luxemburg weilte, ist seit mehr als 20 Jahren mit dem Ausbau des Gerichtshofs beschäftigt. Er zeichnete ebenfalls für den vierten Ausbau verantwortlich, mit dem der ursprüngliche Gerichtspalast ganz ausgehöhlt, umgebaut und mit einem rechteckigen „Ring“ versehen wurde. Während im Kern die Verhandlungssäle samt Nebenräumen untergebracht sind, haben die Richter vom Gerichtshof im „Ring“ ihre Büros. Neben diesen beiden ganz in Schwarz gehaltenen Gebäuden stellte Dominique Perrault zwei goldene Türme, eine Farbe, die ebenfalls in den Haupträumen des Gerichtshofs immer wieder vorkommt.

Fusion zwischen zwei Architekturen

Der neue dritte Turm überragt die beiden anderen um 15 Meter und ist mit seinen 118 Metern und 30 Stockwerken (plus einem Stockwerk mit technischen Anlagen) nun das höchste Gebäude des Landes. An das in Schwarz gehaltene Gebäude schmiegt sich ein goldener Turm an, der die gleiche Höhe hat wie die Zwillinge und auf einer Terrasse einen Ausblick auf gleich vier Länder der EU bietet. „Er ist eine Fusion zwischen der Architektur des Gerichtspalastes und der Architektur der beiden Türme“, erklärt Perrault. Alle Teilgebäude des Gerichtshofes sind mit einer über 600 Meter langen Galerie verbunden, die ebenerdig Zugang unter anderem zur Bibliothek des Gerichtshofes und Restaurants bietet und unter dem neuen Turm ihren Abschluss findet.

Ein Turm für die Jurist-Linguisten

In der Umgebung des Europäischen Gerichtshofes wird weiter gebaut. Vor allem auf der Ostseite entsteht ein neuer Gebäudekomplex für die in Luxemburg ansässigen Dienste der EU-Kommission: das Jean Monnet 2. Quasi zu Füßen des neuen EuGH-Turmes liegen derzeitig noch die letzten Betonbrocken des ersten Jean-Monnet-Gebäudes. Dort soll künftig die Verlängerung der rue Antoine de Saint-Exupéry auf dem Vorplatz des Justizpalastes enden, Perrault weiter erklärt.

Im neuen Turm, der eine Bürofläche von 14.850 m2 bietet, sind vor allem Jurist-Linguisten untergebracht, die insbesondere mit der Übersetzung der am Gerichtshof gesprochenen Urteile beschäftigt sind. Damit dürften nun alle rund 2.300 Mitarbeiter Platz am Sitz des Gerichtshofes finden. Die Bauarbeiten dauerten drei Jahre. 168 Millionen Euro hatte der luxemburgische Staat zur Vorfinanzierung für den Bau vorgesehen. Spätestens im Jahr 2036 soll die Rückzahlung abgeschlossen sein und das Gebäude ganz in den Besitz des EuGH übergehen.