PraktikaDiese Regeln könnten demnächst für Schüler und Studenten gelten

Praktika / Diese Regeln könnten demnächst für Schüler und Studenten gelten
Berufserfahrung sammeln: Das ist das Hauptziel eines Praktikums. Doch der gesetzliche Rahmen muss stimmen. Foto: Pixabay

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Praktika gehören heute zu fast jeder schulischen Laufbahn. In Luxemburg waren sie allerdings bisher kaum bis gar nicht rechtssicher geregelt. Ein neues Gesetz soll Abhilfe schaffen. Doch das lässt weiter auf sich warten. 

Sie sind aus dem Leben von Schülern und Studenten nicht wegzudenken: Praktika. Sie sind nicht nur ein fester Bestandteil vieler Ausbildungen und Studien, sondern bieten den jungen Menschen wichtige Gelegenheiten, um Berufserfahrung zu sammeln. Doch in Luxemburg gilt bisher ein Gesetz aus dem Jahr 1982, das nur jene Praktika betrifft, die im Rahmen einer Ausbildung gemacht werden. Bei jedem anderen Praktikum begeben sich aktuell Unternehmen und Praktikanten rechtlich auf sehr dünnes Eis.

Deswegen fordern Studenten- und Jugendorganisationen schon seit Jahren, dass Luxemburg ein neues Gesetz ausarbeitet. Im März 2019 legt der damalige Arbeitsminister Nicolas Schmit (LSAP) ein Gesetzentwurf vor, das über ein Jahr hinweg in Zusammenarbeit mit der Studierendenorganisation ACEL („Association des cercles d’étudiants luxembourgeois“) ausgearbeitet wurde. Seitdem befindet sich der Entwurf auf dem Weg durch das Parlament. Doch ein genaues Datum, wann über den Gesetzentwurf abgestimmt werden oder gar, ab wann das neue Gesetz in Kraft treten soll, ist immer noch nicht in Sicht. „Wir können Ihnen kein genaues Datum nennen, der Text ist derzeit noch in Arbeit“, heißt es vom Arbeitsministerium auf Nachfrage des Tageblatt. „Das frustriert uns schon“, sagt Benjamin Kinn, Vizepräsident der ACEL. „Aktuell befinden sich sowohl Praktikanten wie Unternehmen immer noch in einer prekären Lage.“

Das gilt für freiwillige Praktika

Im neuen Gesetz soll genau geregelt werden, welche Rechte und Pflichten ein Praktikant hat und welche Verpflichtungen der Arbeitgeber, der sogenannte „Patron de stage“, zu erfüllen hat. Dabei wird zwischen zwei Arten von Praktika unterschieden. Das „freiwillige Praktikum“ wird von einem Studenten oder Schüler in seiner Ausbildung (beispielsweise den Semesterferien) oder bis zu zwölf Monate nach einer Ausbildung absolviert. Die Praktikumszeit darf innerhalb von zwei Jahren nicht mehr als zwölf Monate überschreiten. Außerdem sollen Schüler und Studenten nicht länger als sechs Monate beim gleichen Arbeitgeber ein Praktikum machen. „Damit soll verhindert werden, dass Studenten und Schüler von Praktikum zu Praktikum pendeln, ohne je in der Arbeitswelt anzukommen“, sagt Tom Oswald vom Arbeitsministerium.

Neben den genauen Anforderungen des Praktikumsvertrags soll im neuen Gesetz auch die Vergütung geregelt werden. Freiwillige Praktika, die weniger als vier Wochen dauern, würden keine Bezahlung erfordern. Dauert das Praktikum bis zu drei Monate, stünde dem Praktikanten eine Vergütung von 40 Prozent des nicht qualifizierten Mindestlohns zu. Praktika von mehr als drei Monaten sollten mit 75 Prozent des nicht qualifizierten Mindestlohns bezahlt werden. Für Praktikanten mit einem Bachelor-Abschluss würde der qualifizierte Mindestlohn als Referenz gelten. Für den OGBL sind die aktuell angedachten Entlohnungen für Praktika zu niedrig. „So kann nicht garantiert werden, dass Unternehmen Praktikanten nicht doch als billige Arbeitskräfte ausnutzen“, sagt JeanLuc De Matteis von der Gewerkschaft. Es müsste im Gesetzentwurf noch nachgebessert werden. Die Arbeitgebervertreter der UEL waren für ein Statement nicht erreichbar. 

Pflichtpraktika sollen nicht bezahlt werden

Das „Pflichtpraktikum“ wird im Rahmen einer Schul- oder Arbeitsausbildung absolviert und verwickelt drei Parteien: den Praktikanten, die Lehranstalt und das Unternehmen. Diese Praktika dürfen insgesamt nicht länger als neun Monate dauern. Streit gibt es jedoch, was die potenzielle Bezahlung dieser Art der Praktika betrifft. Während die ACEL bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs nicht auf eine Bezahlung gedrängt hat, beschwerten sich sowohl die Studentenorganisation UNEL (National Union of Students in Luxemburg) als auch die Arbeitnehmerkammer. Ihre Befürchtung: Müssen nur freiwillige Praktika bezahlt werden, bieten die Unternehmen den Studenten nur noch Pflichtpraktika an.

Als Kompromiss schlug das Arbeitsministerium, nun unter der Leitung von Dan Kersch (LSAP), vor, dass Pflichtpraktika, die länger als vier Wochen dauern, mit mindestens 30 Prozent des Mindestlohns entlohnt werden müssten. Dieser Vorschlag scheint von der zuständigen Parlamentskommission wieder verworfen worden zu sein. „Pflichtpraktika müssen in Zukunft nicht entlohnt werden“, sagt der Abgeordnete Georges Engel (LSAP), der für das Gesetz zuständige Berichterstatter. Das habe man so in der vergangenen Kommissionssitzung am Donnerstag festgehalten. Das Ministerium bestätigt auf Nachfrage des Tageblatt, dass es aktuell noch Diskussionen gibt. „Pflichtpraktika im Rahmen einer Berufsausbildung sollen jedem zugänglich sein. Das Unternehmen kann natürlich freiwillig den Praktikanten bezahlen“, sagt Tom Oswald vom Arbeitsministerium. Der OGBL warnt beim Thema Pflichtpraktikum vor allem vor den fehlenden Bildungsansprüchen an den „Patron de stage“. „Praktikanten sollen ausgebildet werden. Dafür braucht es pädagogische Mindestansprüche, die per Gesetz festgehalten werden“, so De Matteis.

Keine Austauschplattform

Die aktuelle Entwicklung dürfte auch das Jugendparlament nicht kaltlassen. Man habe noch keine Chance gehabt, sich mit den neuen Entwicklungen auseinanderzusetzen, heißt es. In den kommenden Wochen wolle man aber auf die Entscheidung der Kommission reagieren. In ihrer letzten Stellungnahme forderten die Schüler und Studenten die Bezahlung von jeder Art von Praktikum.

Außerdem bedauerte das Jugendparlament, dass eine Austauschplattform für Schüler und Studenten auf der Suche nach Praktikumsplätzen und Unternehmen, die in einem ersten Entwurf vorgesehen war, aus dem aktuellen Gesetzestext gestrichen wurde. „Das verhindert natürlich nicht, dass man diese Plattform in einem zweiten Projekt auf die Beine stellt“, heißt es vom Arbeitsministerium. Konkrete Pläne dafür scheint es allerdings nicht zu geben.