David Bowie und sein Weg in den Tod – als Musical

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David Bowies Musical über seinen eigenen Tod hat, minutenlang umjubelt, seine deutsche Erstaufführung gehabt - und das auf einer Baustelle.

New York, London und jetzt Düsseldorf: Rund zwei Jahre nach dem Tod von David Bowie ist der musikalische „Abschiedsgruß“ des großen Popstars in Deutschland angekommen. Bowies einziges Musical „Lazarus“ feierte am Samstagabend eine minutenlang umjubelte deutsche Erstaufführung – und das auf einer Baustelle.

Foto: dpa

Obwohl das Schauspielhaus wegen einer Großsanierung geschlossen ist, war es dem umtriebigen Intendanten Wilfried Schulz gelungen, die deutschen Erstaufführungsrechte nach Düsseldorf zu holen. Und so musste sich das Premierenpublikum erst einmal den Weg vorbei an einer monströsen Baugrube, Gerüsten und Sicherheitszäunen vorbei zum Hintereingang bahnen, bevor es mit Bowies Welthits wie „Life on Mars“, „Heroes“ oder „Absolute Beginners“ belohnt wurde.

Sterben als Inszenierung

Bowie hatte „Lazarus“, das er zusammen mit dem irischen Dramatiker Enda Walsh schon sterbenskrank schrieb, als ein schwer zu entschlüsselndes Rätsel über das Sterben und die Reise in das Jenseits angelegt. Unter Hartmanns Regie wird aus dem Musical ein bildmächtiges Gesamtkunstwerk, getragen von künstlerisch verfremdeten Projektionen des Bühnengeschehens auf riesige Leinwände, die Sonnensegeln einer Raumstation nachempfunden sind.

Live-Kameras sind ständig hautnah an den Schauspielern und übertragen ihre Gesichter auf die Screens, wo sie sich in den Wolken oder Sternen verlieren. Sterben als künstlerische Inszenierung – besser hätte man Bowie, der sich Zeit seines Lebens in unterschiedlichsten Rollen stilisierte, kaum interpretieren können.

Foto: dpa

Die Handlung von „Lazarus“ knüpft an das Ende des Films „Der Mann, der vom Himmel fiel“ (1976) an, in dem Bowie die Hauptrolle des Thomas Newton gespielt hatte. Im Film strandete der Außerirdische auf der Erde. Im Musical ist Newton ein reicher Geschäftsmann geworden. Er versucht, seine inneren Dämonen mit Gin zu vertreiben und träumt von der Rückkehr zu seinem Heimatplaneten. „Ich bin ein Sterbender, der nicht sterben kann“, spricht er – oder ist es der todkranke Bowie? Eine Raumkapsel erhebt sich über einem von leeren Flaschen umrahmten Matratzenlager – Hoffnungsträger und Käfig zugleich.

Bisschen blasser Bowie

Der norwegische Performer und Sänger Hans Petter Dahl in der Rolle des Newton sieht Bowie zwar verblüffend ähnlich, vermag der verlorenen Seele Newtons mit seiner starren Gestik und eintönigen Sprache aber kaum Leben einzuhauchen. Auf glitzernden Plateauschuhen trippelt Dahl über die Bühne oder muss planlos herumliegen. Erst zum Ende der zweistündigen Aufführung läuft er bei einem grandios verrenkten Tanz zu Form auf.

Bis dahin stiehlt ihm Publikumsliebling André Kaczmarczyk als Valentine die Show. Als eine Mischung zwischen Mephisto, Transvestit und mordendem Todesengel geht er in seiner zynischen Rolle auf, die Menschen in den Tod zu befördern. In den Bann zieht auch Lieke Hoppe als namenloses Mädchen und Synonym der Hoffnung, die mit ihrer gefühlvollen Version von „Life on Mars“ Szenenapplaus einheimst.

„David sagte stets, das Stück solle sich anfühlen wie ein Fiebertraum“, sagt Co-Autor Walsh. Und so entpuppen sich die Freaks und Irren auf der Bühne als Halluzinationen Newtons. Eine stringente Handlung darf man nicht erwarten, dafür aber eine exzellente Band und gefühlvolle Interpretationen der Bowie-Klassiker.

Bowie starb Anfang 2016 kurz nach der New Yorker Uraufführung von „Lazarus“. In der Bibel wird Lazarus von den Toten auferweckt. Der Kern von Bowies Requiem: Der Mensch wird zerrissen vom inneren Kampf zwischen Lebenshoffnung und der Gewissheit des Sterbens.