Balthazar: Maarten und die Götter der Inspiration

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Der Belgier Maarten Devoldere bringt die Songs seiner beiden Soloalben wirksam auf die Bühne des Paléo-Festivals und spricht mit uns über seine Musik, die seltsamen Namen seiner Bands und die Zukunft von Balthazar.

Von Gil Max

Es gibt mehrere Highlights während des Warhaus-Gigs in Nyon, doch der genialste Moment ist folgender: Gegen Ende ihres Sets spielt die Band mit „Mad World“ einen ihrer bekanntesten Songs und die Fans singen laut mit, als Sänger Maarten Devoldere seinen Musikern per Handzeichen anzeigt, ihre Instrumente verstummen zu lassen.
Dann erzählt er, dass dieses Konzert mit Sicherheit eine Premiere für jeden von uns darstellen würde. Alle ziehen ein fragendes Gesicht, dann legt der Belgier nach und erkundigt sich, ob denn irgendwer bereits einen Drummer mit einer gebrochenen Schulter live erlebt habe.

Das Publikum ist aus dem Häuschen, bejubelt den tapferen Helden am Schlagwerk und Devoldere meint lapidar: „What a fucking badass; how mad is this?“ Er habe seinem Perkussionist nach dem Vorfall zu verstehen gegeben: „Markus, we have to cancel Paléo Festival“, doch dieser habe gemeint, das komme überhaupt nicht infrage; beim Paléo aufzutreten, sei immer sein Traum gewesen. Und so setzen unter allgemeinem Gejohle alle wieder zu dem passenden Refrain ein: „It’s a mad mad world if you want to get it on.“

Es ist der Schlussakt eines furiosen Auftritts, bei dem es der Belgier mit seiner versierten Begleitband verstanden hat, den einzigartigen Sound seines Soloalbums „We fucked a Flame into Being“ von 2016 und dessen im Herbst 2017 erschienenen, schlicht „Warhaus“ betitelten Nachfolgers auf die Bühne zu übertragen. Außerdem hat sich so ziemlich alles bestätigt, was uns der sympathische Blondschopf kurz vor seiner Show zu erklären versucht hat.

Tageblatt: Wir haben die Bühne und die aufgebauten Instrumente inspiziert.
Dabei haben wir die Marimba gesehen, die Zugposaune, Bass, E-Gitarre sowie Schlagzeug mitsamt ein bisschen Perkussion und einen Synthesizer. Damit wollen Sie sämtliche Soundfinessen Ihrer so reich instrumentierten Songs live darbieten?
Devoldere: Ja, ich habe nur vier Begleitmusiker dabei. Wir mussten bei den Arrangements wirklich sehr kreativ sein, um den Sound der einzelnen Stücke zu reproduzieren. Aber wir haben da so unsere Tricks drauf. Der Posaunist setzt beispielsweise zahlreiche Loops ein, wodurch er sein Instrument wie eine fette Bläser-Sektion erklingen lassen kann.

Wo ist Ihre Gesangspartnerin Sylvie Kreusch?
Sie ist heute Abend nicht dabei, hat eigene Projekte am Laufen.

Sie treten also ohne Sängerin auf?
Keine Angst: Zwei der Jungs in meiner Band haben eine sehr hohe Stimme (lacht). Aber im Ernst, Sylvie ist nicht sehr häufig mit uns auf Tour, nur für vereinzelte Konzerte. Und das ist auch gut so. Ich möchte die Magie unserer Beziehung intakt und frisch halten; schließlich ist sie etwas ganz Besonderes. Man sollte es sich mit den Göttern der Inspiration nicht verscherzen.

Gehen Ihnen die ganzen Vergleiche Ihrer Kompositionen mit namhaften Künstlern wie Nick Cave, Leonard Cohen oder Tom Waits eigentlich auf den Geist oder ist dies eher eine Auszeichnung für Sie?
Es stört mich nicht, solange niemand behauptet, ich würde billig abkupfern. Natürlich sind diese Musiker eine Inspirationsquelle und Vorbilder für mich. Dennoch versuche ich, meine eigene Mixtur und meine eigene Identität daraus zu erstellen. Dass mich eine Platte wie „Swordfishtrombones“ von Tom Waits bei der Instrumentierung einiger meiner Stücke inspiriert hat, ist nicht zu leugnen.

Der so verführerische „Call and Response“-Gesang erinnert unter anderem an Angus and Julia Stone. Würden Sie dem zustimmen?
Die kenne ich leider kaum. Ich denke, dass hier die Eingebung eher bei Serge Gainsbourg und Jane Birkin zu suchen ist: „Histoire de Melody Nelson“.

Was zum Teufel bedeutet „Warhaus“? War ist Englisch und Haus Deutsch; was für eine sonderbare Kombination. Oder hat’s was mit einem Warehouse zu tun?
Ich nahm mein erstes Soloalbum auf einem Boot auf und als ich irgendeine Luke öffnete, stand da „Warhaus“. Ich mochte das Wort und übernahm es, obwohl oder gerade weil ich bis heute keinen Schimmer habe, was es bedeutet.

Was ist mit dem Namen Balthazar?
Das war ein Witz! Wir spielten unser erstes Konzert in einem Jugendclub in Gent, als es plötzlich hieß, wir bräuchten einen Namen. Mein Neffe faselte gerade irgendwas von einem Kerl namens Balthazar, den er kenne, und wir dachten: „Was für ein dämlicher Name, den nehmen wir!“ Zehn Jahre später plagen wir uns immer noch damit herum.

Ihr Gesangspartner bei Balthazar, Jinte, ist ebenfalls mit einem Soloprojekt namens J. Bernardt auf Tour. Gibt’s die gemeinsame Band überhaupt noch?
Und wie! Das neue Album wird im Februar erscheinen.

Keine fünf Minuten später steht der Mann auf der Bühne und ruft: „Hello Paléo Festival!“