Tageblatt: Du bist Titelverteidigerin bei der Wahl zu Luxemburgs Sportlerin des Jahres, die nächste Woche in Mondorf stattfindet. Mit einer fünften Auszeichnung nacheinander würdest du einen neuen Rekord aufstellen. Wie siehst du deine Chancen?
Liz May: „Das würde mich schon sehr überraschen. Ich hatte zwar einige gute Resultate in diesem Jahr, aber auch eine riesengroße Enttäuschung. 2007 war ich überrascht über den vierten Titel in Folge, diesmal rechne ich aber mehr denn je mit meiner Ablösung.“
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„T“: Die riesengroße Enttäuschung, Platz 41 beim olympischen Triathlon, liegt nun vier Monate zurück. Wie tief sitzt der Stachel noch?
L.M.: „Die Enttäuschung wird wohl erst in vier Jahren richtig verdaut sein. Nach Peking habe ich die Enttäuschung mit Training und dem Wettkampf in Lorient gezielt unterdrückt, anschließend stand das Studium im Vordergrund. Erst letzte Woche habe ich wieder angefangen, mich verstärkt damit zu beschäftigen. Das Problem ist einfach: Ich muss vier Jahre lang warten, bis ich Peking wieder gutmachen kann. Doch im Leistungssport gibt es keine Garantien, es kann immer etwas dazwischenkommen wie eine Verletzung zum Beispiel. Nach Athen habe ich vier Jahre lang an Peking gedacht, alles auf die Spiele ausgerichtet und zum Schluss ein Jahr lang auf diesen Höhepunkt hintrainiert. Da lässt einen dieser 41. Platz nicht so schnell los …“
„T“: In Peking hast du relativ früh gemerkt, dass nichts gehen würde. Warum hast du der Quälerei kein Ende gesetzt und bist vorzeitig aus dem olympischen Triathlon ausgestiegen?
L.M.: „Ich habe mich hinterher ab und an gefragt, ob ich dann weniger Schaden genommen hätte. Körperlich wäre das der Fall gewesen, denn das Rennen unter diesen Voraussetzungen war dreimal so hart für mich als ein normales Rennen. Psychisch war es aber besser für mich, ins Ziel zu kommen, auch wenn es verschiedenen Personen wohl besser in den Kram gepasst hätte, wenn ich aufgegeben hätte.“
„T“: Was meinst du damit?
L.M.: „Die ganzen Spekulationen nach dem Rennen. Und auch die Situation davor war sehr belastend. Man hatte den Eindruck, dass das Motto hieß: ‚Andy Schleck hat Bronze aus dem Fenster geworfen. Macht nichts, dann wird es Liz May eben richten.‘ Dabei habe ich nicht das Format eines Andy Schleck.“
„T“: Trotzdem hattest du dir doch insgeheim schon etwas mehr als die offizielle Zielsetzung, nämlich eine Top-Ten-Platzierung, ausgerechnet, oder nicht?
L.M.: „Ja, erhofft schon. Wer träumt denn nicht von einer olympischen Medaille? Und jeder wusste: Gold und Silber waren vergeben, aber dahinter gab es zehn Kandidatinnen für Bronze. Und ich stand ja schließlich schon beim Weltcup auf dem Podium. Natürlich wäre ich aber auch mit einem zehnten Platz absolut zufrieden gewesen. Der ganze Hype über eine Medaille war dann doch etwas zu viel. Ich wurde fünf Tage vor dem Rennen krank, habe dann probiert, das zu verdrängen, weil der Druck immer größer wurde. Mir geht es am schlechtesten, wenn ich weiß, dass ich mich auf dünnem Eis bewege. Ich hatte das Gefühl, den Leuten etwas vorzumachen und habe mir dabei selbst etwas vorgemacht. Und zwar, dass es mit dem Rücken besser wurde. Trotzdem musste ich es versuchen, denn man soll die Hoffnung nie aufgeben. Schlussendlich war das ein Trugschluss, denn es ging nicht besser. Aber ich habe meine Lektion gelernt, meine eigenen Grenzen kennengelernt. Den Druck von außen kann ich nicht beeinflussen, meinen eigenen aber schon. Das nehme ich für die nächsten vier Jahre mit.“
„T“: Also war zu großer Druck die Hauptursache für den Einbruch bei Olympia?
L.M.: „Nein, denn ohne die Probleme mit dem Rücken und dem Magen wäre ich mit dem Druck klargekommen.“
„T“: Auch über ein Übertraining wurde viel spekuliert.
L.M.: „Das ist absoluter Quatsch. Trainingswissenschaftlich betrachtet hätte ich dann weder das gute Resultat vor den Spielen in Kitzbühel und vor allem nicht das gute Resultat von Lorient nach den Spielen (jeweils Platz fünf, d. Red.) erreichen können. Vielmehr hätte ich drei Monate gebraucht, um mich von einem eventuellen Übertraining zu erholen.“
„T“: Im Mittelpunkt der Kritik stand in Peking auch dein Trainer Steffen Grosse. Ist das Verhältnis zu ihm noch intakt?
L.M.: „Ja, wir sind ständig in Kontakt. Allerdings werde ich in Zukunft mein Heimtraining selber gestalten und er sich verstärkt um den FLTri-Nachwuchs kümmern. Nach acht Jahren Leistungssport will ich einfach mehr Eigenverantwortung und auch mehr Freiheit. Mein Job ist es, gut vorbereitet zu den Lehrgängen zu kommen, die nach wie vor von Steffen organisiert werden. Das ist die Marschroute für das nächste Jahr. Es ist quasi ein Testjahr. Funktioniert es nicht, dann kehren wir eben zum alten Modell zurück.“
„T“: 2009 wird also ein Übergangsjahr?
L.M.: „Schon, aber natürlich muss ich auch mein Ranking behalten, um in der neuen WM-Serie starten zu können. Momentan bin ich 14., also dürfte das normalerweise kein Problem sein. Wir stellen gerade meine Jahres-Planung auf. Dabei müssen aber auch die Familie und die Freunde berücksichtigt werden, denn die kamen vor Peking viel zu kurz. Die Vorbereitung für London beginnt noch früh genug. Im Februar fange ich zudem mit meinem Masters an der Uni (Liz May studiert in Kopenhagen Jura, d.Red.), den ich in zweieinhalb Jahren fertig haben möchte, an.“
„T“: Bis dahin sollten dann auch die Rückenprobleme Geschichte sein …
L.M.: „Ich habe seit Olympia viel daran gearbeitet. Die richtige Haltung ist ständig präsent, ob im Training oder aber im Alltag. Zudem gehe ich regelmäßig zum Osteopathen und zum Chiropraktiker.“
| FAKTENDIE WM-SERIE
Stationen: 8 (Singapur, Washington, Madrid, Kitzbühel, Hamburg, Yokohoma, London, Gold Coast)
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