Tour de FranceJungels peilt Etappensieg an

Tour de France / Jungels peilt Etappensieg an
Bob Jungels geht nach 2015 und 2018 zum dritten Mal an den Start der Tour de France Foto: Gerry Schmit

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Für Bob Jungels zählt bei der Tour de France, die morgen in Nice beginnt, nicht vorrangig das Gesamtklassement. Der einzige Luxemburger im 176 Mann starken Feld peilt vor allem einen Etappensieg an. „Warum nicht schon am Sonntag?“, meinte er bei der gestrigen virtuellen Pressekonferenz des Deceuninck-Quick-Step-Teams.

Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Während die meisten der 22 an der Tour de France teilnehmenden Mannschaften ihr traditionelles Rendezvous mit den Medien via Videokonferenz („visioconférence“, wie es auf Französisch so schön heißt) im Pressezentrum des „Palais des congrès et des expositions Nice Acropolis“ abhielten, erledigte das Deceuninck-Quick-Step-Team dieselbe Pflichtübung gestern in der Mittagsstunde im Hotel.

„Sehr schwer“

Ganz so einfach war die Chose allerdings nicht, denn beim sogenannten „Breakout“, dem abschließenden individuellen Frage-und-Antwort-Spiel zwischen Fahrern und Journalisten, konnten via „Zoom“ nicht alle Presseleute virtuell in denselben Raum zugeschaltet werden. Phil Lowe, verantwortlich für die Konferenz, teilte die Fahrer deshalb in Gruppen ein. Bob Jungels meldete sich als Gesprächspartner des Tageblatt ganz alleine aus „Raum“ Nr. 4, man sah ihn zwar nicht „wie er leibt und lebt“, dafür aber erhellte der Buchstabe „J“ in Weiß auf rotem Untergrund den Schirm unseres Laptops.

„Es ist schon eine spezielle Tour, die am Samstag beginnt“, sagte Jungels. „Bis jetzt waren wir nur im Hotel und auf der Strecke. Wir sind am Mittwoch und am Donnerstag getestet worden. Das Team hofft, dass diese Tests negativ ausfallen.“

Bei der Tour, die er zweimal bestritt, kam Jungels auf Platz 26 (2015) und Rang 11 (2018). Diesmal hat der Luxemburger, der erstmals bei der „Grande boucle“ kein rot-weiß-blaues Meistertrikot, sondern den blauen Mannschaftsdress am Leib hat, nicht so sehr die Gesamtwertung im Visier, sondern viel eher einen Etappensieg.

„Die beiden ersten Teilstrecken sind sehr anstrengend, doch bin ich davon überzeugt, dass ich mich auf diesem Terrain hervortun kann“, meinte Jungels. „Insbesondere am Sonntag, wenn es den Col de la Colmiane (16,3 km à 6,3%), den Col de Turini (14,9 km à 7,4%) und den Col d’Eze (7,8 km à 6,1%) hochgeht, rechne ich mir Chancen aus. Ich kenne den Col de Turini von Paris-Nice her, die Steigung kostet unheimlich viel Kraft. Wir waren am Mittwoch auf dem Parcours, fast 4.000 Höhenmeter sind auf den 186 km zu bewältigen. Ich rechne damit, dass es zu einer ’échappée’ kommt, wobei man den richtigen Zug nicht verpassen darf. Im Sprint einer kleineren Gruppe auf der Promenade des Anglais ist alles möglich.“

Bob Jungels hat sich vorerst nur auf die ersten Etappen fokussiert. „Danach werden wir sehen, wie es weitergeht. Eine besondere Teilstrecke habe ich nicht angepeilt, das alles hat Zeit. In der letzten Woche aber scheint mir kaum noch etwas möglich zu sein, da für diejenigen, die im Gesamtklassement auf den vorderen Plätzen liegen, zu viel auf dem Spiel steht.“

Mit Covid-19 kommt Jungels klar. „Sofern die strengen Sicherheitsmaßnahmen, die einem auf Schritt und Tritt begegnen, uns den Sport und damit unsern Beruf ermöglichen, muss man diese unbequemen Nebenerscheinungen in Kauf nehmen.“

Alaphilippe Nr. 1

Julian Alaphilippe, der letztes Jahr 14 Tage im „Maillot jaune“ durch die französischen Lande radelte, ist natürlich das Aushängeschild der Deceuninck-Mannschaft von Manager Patrick Lefevere. „Für Julian wird es allerdings schwer, wenn nicht sogar unmöglich, Ähnliches zu wiederholen, das muss er auch gar nicht“, so Sportdirektor Tom Steels, der die Pressekonferenz leitete. „Wir werden von Tag zu Tag sehen, welche Möglichkeiten sich bieten, damit er sich auffällig in Szene setzen kann. Dabei haben wir keineswegs ein ähnliches Szenario wie 2019 im Sinn. Mit Sam Bennett haben wir einen ausgezeichneten Sprinter in unseren Reihen, der auf vier Etappen um den Tagessieg mitreden kann. Michael Mørkøv und Kasper Asgreen sollen ihm dabei auf den letzten Kilometern als Lokomotive dienen. Bob Jungels und Dries Devenyns haben Erfahrung in ’Grand tours’, Bob schrammte vor zwei Jahren knapp an den Top Ten vorbei. Beide Fahrer werden Alaphilippe zur Seite stehen und können ihm im Finale helfen. Bleibt noch Tim Declercq, der das machen muss, was er am besten kann: das Rennen kontrollieren. Er ist ein ’Domestique’ der Extraklasse.“

Schon vor der Vorstellung der Mannschaft war bekannt geworden, dass der Franzose Rémi Cavagna für den verletzten Tschechen Zdenek Stybar ins belgische Aufgebot nachrückt. Sollte bis zum morgigen Start ein weiterer Deceuninck-Tour-Kandidat ausfallen (man weiß ja nie in diesen Corona-Zeiten), käme mit Florian Sénéchal ein dritter Franzose (neben Julian Alaphilippe und Rémi Cavagna) als Teamkollege von Bob Jungels zum Einsatz. So weit sind wir aber noch nicht!