RadsportIn unterschiedlichen Rollen: Nina Bertons und Claire Fabers Aufgaben bei der Flèche Wallonne

Radsport / In unterschiedlichen Rollen: Nina Bertons und Claire Fabers Aufgaben bei der Flèche Wallonne
Nina Berton war an der Mur de Huy völlig ausgepowert  Fotos: Anouk Flesch/Tageblatt

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Im Zielbereich der Flèche Wallonne waren am Mittwoch zwei Luxemburgerinnen im Gespräch: Nina Berton und Claire Faber. Während Berton im Dress von Andy Schleck-CP NVST-Immo Losch am Rennen teilnahm, agierte Faber für die luxemburgische Mannschaft als Fotografin. 

Völlig erschöpft legte sich Nina Berton kurz nach der Ziellinie der Flèche Wallonne auf den Asphalt. Die 133,4 Kilometer, die dreimal die Mur de Huy beinhalteten, hatten der 20-Jährigen alles abverlangt. „Nach dem Ziel ging es mir gar nicht gut, ich bin regelrecht explodiert“, erklärte Berton, die aber eine Viertelstunde nach ihrer Ankunft schon wieder erholt war. Am Mittwoch beendete sie ihr erstes Rennen auf WorldTour-Niveau – mit 7:53 Minuten Rückstand auf die Siegerin Marta Cavalli (FDJ Nouvelle-Aquitaine Futuroscope) fuhr sie auf den 95. Rang. 

Etwa 65 Kilometer vor dem Ziel war die Radsportlerin in einen Sturz verwickelt. Vor der ersten Passage der Mur de Huy gab sie dann alles, um zurück ins Peloton zu kommen. „Es war wirklich hart“, erklärt die U23-Landesmeisterin. „Das habe ich dann in der Folge bezahlt. Es war ein wenig ‚Faire l’elastique’ (Ausdruck im Radsport: Eine Fahrerin, die mehrmals von der Gruppe abgehängt wird und sie immer wieder einholt, Anm. d. Red.) – und das ist nicht das, was man auf diesem Niveau tun sollte.“ 

Nach der Ronde van Drenthe 2021, die sie nicht zu Ende fuhr, war es doch erst das zweite WorldTour-Rennen, an dem Berton teilnahm. Bei der Flèche Wallonne ist sie erst die dritte Luxemburgerin, die ins Ziel fuhr. Zuvor sahen nur Christine Majerus 2010 (37. Platz), 2012 (25.), 2013 (32.), 2014 (50.), 2015 (92.) sowie 2020 (45.) und Natahlie Lamborelle 2012 (69.) die Ziellinie. Lamborelle hatte es 2011 bereits versucht, während es auch Chantal Hoffmann 2017 und 2019 nicht gelang, das Ziel zu erreichen. Gleiches gilt für Claire Faber, die 2021 an den Start der Flèche Wallonne ging.

Positiv für das luxemburgische Team Andy Schleck-CP NVST-Immo Losch: alle vier Starterinnen sahen am Mittwoch das Ziel. Berton zieht positive Schlüsse aus dem Rennen: „Wenn ich keine Probleme habe, habe ich das Niveau, um in der WorldTour mitzufahren. Ich werde für Liège-Bastogne-Liège alles geben.“ Über 142,1 Kilometer geht das Damenrennen von Liège-Bastogne-Liège, dessen Startschuss am Sonntag um 8.40 Uhr fällt. Neben Berton werden auch die beiden Luxemburgerinnen Isabelle Klein und Maité Barthels in Liège starten.

Faber denkt nicht an Wettkämpfe

Wie hart das Rennen in Liège ist, weiß Claire Faber. Im vergangenen April befand sich die 23-Jährige in der Ausreißergruppe – und gab das Rennen nach der Flucht auf. Am vergangenen Mittwoch befand sich Faber auf der Strecke der Flèche Wallonne – als Fotografin des luxemburgischen Teams. „Ich dachte, dass es eine gute Gelegenheit sei, ein Rennen zu besuchen“, erklärte Faber. „Ich wollte die Atmosphäre eines Rennens noch mal wahrnehmen. Außerdem mag ich es, Fotos zu machen.“ Nach ihrem schweren Trainingsunfall im April 2021 und einer weiteren Gehirnerschütterung leidet Faber immer noch unter posttraumatischen Symptomen.

„Mir geht es okay“, sagt Faber. „Ich habe gute Tage, aber auch Tage, die schwieriger sind. Es ist nicht einfeach, jeden Tag mit den Folgen der Gehirnerschütterungen umzugehen. Ich habe oft Kopfschmerzen, bin sehr sensibel, was Geräusche und Licht angeht.“ Um sich zu schützen, läuft Faber mit einer Sonnenbrille durch die Gegend. 

Claire Faber begleitet das Team als Fotografin
Claire Faber begleitet das Team als Fotografin

An eine Rückkehr in den Wettbewerb denkt sie aktuell überhaupt nicht. Dabei sah ihr Comeback vielversprechend aus – im Oktober des vergangenen Jahres fuhr sie beim belgischen Eintagesrennen Grote Prijs Beerens (1.2) auf den dritten Platz. Eine Gehirnerschütterung, die sie sich beim Aufräumen der Räder im Keller zuzog (das Tageblatt berichtete) warf sie wieder zurück. 

„Ich bin froh, dreimal in der Woche aufs Rad zu steigen“, sagt Faber. „Es geht dabei aber darum, mal auf andere Gedanken zu kommen, und darum, eine physische Anstrengung, die mein Körper braucht, zu machen. Es geht gar nicht darum, an Rennen zu denken.“ 

In der Schweiz wird Faber von einer speziellen Klinik betreut, die ihr spezifischere Behandlungen anbietet. „Das soll meine Gesamtsituation verbessern. Ich bin weit von dem Alltag entfernt, den ich früher hatte.“ Schwierig sei dabei auch ihr Studium. Ihren Bachelor-Abschluss (Sportmanagement an der Lunex) hat sie erfolgreich absolviert, aktuell plant sie ihren Master-Studiengang. „Das Studium fällt mir sehr schwer“, sagt sie. „Ich kann mich kaum länger als eine halbe Stunde konzentrieren. Auf Bildschirme zu schauen, fällt mir sehr schwer.“

Wann und ob Faber also ins Renngeschehen wieder eingreift, ist völlig offen. Die 23-Jährige ist aktuell auf der Suche nach Normalität. Ein Schritt dahin ist es, wieder Rennen zu besuchen.