RadsportFroome in Fernbeziehung mit der großen Liebe: „Ich vermisse die Tour“

Radsport / Froome in Fernbeziehung mit der großen Liebe: „Ich vermisse die Tour“
Chris Froome aus Großbritannien vor dem Start der 3. Etappe von Tirreno-Adriatico  Foto: Fabio Ferrari/dpa

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Während die Tour de France in ihre entscheidende Phase geht, ist Chris Froome bei Tirreno-Adriatico unterwegs. Der fünfte Tour-Sieg bleibt aber sein großes Ziel.

Auch an der malerischen Toskana-Küste ist Chris Froome stets in Gedanken bei seiner großen Liebe, mit der er derzeit eine Fernbeziehung führt. „Ich vermisse die Tour, sie fehlt mir“, sagte der Brite der Gazzetta dello Sport: „Wenn ich kann, bin ich am Fernseher dabei.“

Froome hat die Tour de France viermal gewonnen, zuletzt 2017. Dem fünften Sieg, der ihn auf eine Stufe mit den Rekordsiegern Anquetil, Merckx, Hinault und Indurain stellen würde, jagt er hinterher wie Ahab dem weißen Wal. Es ist eine Jagd geworden, die zuletzt nur noch in Froomes Kopf stattfand.

Zum zweiten Mal in Folge fehlt er bei der Großen Schleife. Während diese nun in ihre entscheidenden Phase tritt, fährt Froome Tirreno-Adriatico, dessen dritten Etappe gestern vom Badeort Follonica ins hügelige Hinterland startete. „Froomey“ gibt den Helfer für Geraint Thomas, auch dieser ein früherer Tour-Champion. 

Tour-Sieg weiterhin das Ziel

Die beiden großen Rundfahrer, der 35 Jahre alte Froome und der ein Jahr jüngere Thomas, die zusammen große Tour-Schlachten geschlagen haben, hatten es nicht ins Aufgebot ihres Ineos-Teams für die Frankreich-Rundfahrt geschafft. „Das verstehe ich einhundertprozentig. Ich habe gefühlt, dass ich nicht dort war, wo ich für die Tour de France hätte sein müssen“, sagt Froome.

Das zeigte auch der Mittwoch bei Tirreno-Adriatico: Thomas kam als Zehnter ins Ziel, Froome verlor als 112. mehr als 18 Minuten auf Sieger Michael Woods. Der einzige Luxemburger im Rennen, Alex Kirsch, wurde 108. (+15:01 Minuten). Für Froome ist es schon ein Sieg, überhaupt wieder Rennen fahren zu können, ein Jahr nach seinem fürchterlichen Sturz beim Dauphiné, der ihn schon im Vorjahr die Tour gekostet hatte.

Dauerhaft will sich Froome damit aber nicht zufriedengeben. Er will zurück nach ganz oben, zurück zur Tour, sie gewinnen – in einem Alter, in dem dies nur dem Belgier Firmin Lambot gelang – 1922. Weil zumindest der Ineos-Rennstall dies Froome offenbar nicht mehr zutraute, fährt jener ab 2021 und für unbestätigte fünf Jahre für das Team Israel Start-Up Nation. „Wenn ich nicht daran glauben würde, nach der Verletzung wieder 100 Prozent erreichen können, hätte ich mich nicht einem so langfristigen Projekt verschrieben“, sagt Froome.

Team wirkt uneins

Für Ineos wird er bei der Vuelta im Spätherbst seinen letzten großen Auftritt haben, Thomas ist als Kapitän für den Giro vorgesehen. Doch auch wenn die beiden Granden sportlich nachvollziehbar nicht im Tour-Team von Ineos stehen, fehlen dem bestimmenden Rennstall der vergangenen Dekade seine beiden Superstars derzeit in Frankreich doch merklich.

Ohne die beiden Patrons ist die Strategie zwar komplett auf Titelverteidiger Egan Bernal ausgerichtet, der als Gesamtzweiter gut auf Kurs liegt. Die Hierarchie aber kann der junge Kolumbianer nicht bestimmen, das Team wirkt uneins und uneinig, von der gnadenlosen Dominanz früherer Sky-Jahre ist nichts mehr zu spüren.

Wenn Froome in Italien nach seinem Renneinsatz die Tour-Etappen verfolgt, schwärmt er nicht von Bernal, sondern von dessen noch jüngerem Kontrahenten Tadej Pogacar. „Der beeindruckt mich“, sagte er über das slowenische Wunderkind. Bei der Tour 2021 wird Pogacar 22 sein, Froome schon 36. Wahrscheinlich muss Froome einfach glauben, dass er ein solches Duell noch gewinnen kann. (SID)