Tour de France16. Etappe: Kämnas All-in-Strategie geht auf

Tour de France / 16. Etappe: Kämnas All-in-Strategie geht auf
Erleichterter Lennard Kämna: Nachdem er auf der 13. Etappe bereits Zweiter wurde, klappte es gestern mit dem Etappensieg  Foto: Stuart Franklin/AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Lennard Kämna (Bora-hansgrohe) gewann am gestrigen Dienstag die 16. Etappe der Tour de France und sicherte seiner deutschen Mannschaft damit den ersten Etappensieg. Von La Tour-du-Pin ging es über 164 Kilometer nach Villard-de-Lans. Heute steht die schwierigste Etappe der diesjährigen Tour an. 

Die 157 Fahrer, die sich gestern zur 16. Etappe der Tour de France in La Tour-du-Pin an den Start begaben, wussten, dass der Tag im Zeichen der Ausreißer stehen sollte. Gerade deswegen ließen die ersten Attacken  auch nicht lange sich warten. Knapp 40 Fahrer setzten sich kurz nach dem offiziellen Start vom Peloton ab, darunter prominente Namen wie Julian Alaphilippe (Deceuninck-Quick Step), Richard Carapaz und Jonathan Castroviejo (beide Ineos), Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) oder die beiden Etappensieger Sören Kragh Andersen und Marc Hirschi (beide Sunweb). Wirklich lange konnte diese große Gruppe aber nicht überstehen, später bildete sich eine 15-köpfige Spitzengruppe, die dann vom Peloton fahren gelassen wurde. Unter anderem waren Alaphilippe, Carapaz, Andrey Amador (Ineos), Lennard Kämna (Bora-hansgrohe) oder Nicolas Roche (Sunweb) in der Fluchtgruppe des Tages vertreten. Es war erneut ein rasanter Auftakt einer sehr intensiven Tour de France, der sich auch in den Zahlen widerspiegelte: Trotz des welligen Terrains lag der Rennschnitt zu Beginn bei 47,2 km/h.

Da dem Gelben Trikot von Primoz Roglic (Jumbo-Visma) aus der Spitzengruppe keine Gefahr drohte, war das Tempo im Feld gemäßigt. Die bestplatzierten Fahrer, Warren Barguil (Arkéa Samsic) und Carapaz, lagen vor dem Start gestern bereits 32 Minuten zurück. Später erreichte die Gruppe noch weitere Fahrer, sodass Ineos und Sunweb mit jeweils drei Teammitgliedern in der Spitzengruppe vertreten waren. Die Einigkeit der Spitzengruppe war dann etwa 30 Kilometer vor dem Ziel Geschichte. Erst versuchte es Quentin Pacher (B&B Hotels – Vital Concept ), dann zogen mehrere Fahrer nach.

Bernal lässt abreißen 

Während vorne um den Etappensieg gekämpft wurde, herrschte auch im Peloton Bewegung. Egan Bernal (Ineos) zeigte sich erneut in einer schwachen Verfassung und musste das Peloton zum selben Zeitpunkt wie der Träger des Grünen Trikots, Sam Bennett (Deceuninck-Quick Step), ziehen lassen. Am Ende hatte der Kolumbianer über zehn Minuten Rückstand auf die Gruppe der Favoriten.

21 Kilometer vor dem Ziel erreichte das Führungsquartett ein Zwischenziel: Julian Alaphilippe, der wohl stärkste Sprinter in der Gruppe um Sébastien Reichenbach (Groupama-FDJ), Kämna und Carapaz, wurde abgehängt. Der Deutsche hielt das Tempo weiter hoch und konnte sich dann einen kleinen Vorsprung auf den Kolumbianer erarbeiten. Letztendlich konnte keiner mehr den 24-Jährigen einholen, der damit seinen ersten Etappensieg bei der Tour de France feiern durfte. Auf der 13. Etappe hatte er den Sieg als Etappenzweiter kapp verpasst. „Wir haben es zuletzt so hart versucht. Es gab immer wieder kleine Rückschläge, aber wir sind motiviert geblieben und haben weiter an uns geglaubt“, sagte Kämna im Ziel. „Ich bin all-in gegangen und es hat funktioniert.“ 

Jungels verpasst richtigen Moment

Im Hauptfeld zog Team Emirates um Tadej Pogacar das Tempo noch mal an. Der Führende in der Gesamtwertung, Primoz Roglic (Jumbo-Visma) klebte aber am Hinterrad seines Landsmanns und ließ dieses für den Rest der Etappe nicht mehr aus den Augen. Am Ende kamen die Favoriten in einer gemeinsamen Gruppe im Ziel an, lediglich Nairo Quintana (Arkéa Samsic) musste einen Rückstand von 35 Sekunden auf Roglic und Co. hinnehmen. Der Luxemburger Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step) kam als 72. mit 24:42 Minuten Rückstand auf Kämna im Ziel an. „Ich hatte heute gute Beine“, sagte Jungels, „ich habe aber erneut den richtigen Moment verpasst. Bis jetzt ist das meine Geschichte mit der Tour, aber ich werde nicht aufgeben. Auf der 18. und 19. Etappe werde ich noch mal versuchen, ein gutes Resultat rauszufahren.“ 

Die heutige 17. Etappe führt über 170 Kilmeter von Grenoble nach Méribel – Col de la Loze und bietet gleichzeitig die fünfthöchste Bergankunft der Tour-Geschichte. Die Spitzenposition hält seit 2011 der Galibier (2.642 Meter), der heutige Schlussanstieg Col de la Loze beeindruckt allein mit seinen Ziffern: 21,5 km lang ist der Schlussanstieg, der 1.671 Höhenmeter überwindet und eigentlich zwei Anstiege in einem ist: einer ins Skiresort Méribel, das nach gut der Hälfte erreicht ist, und danach die eigentliche, bis zu 24 Prozent steile Rampe hinauf zum Col de la Loze, wo dann das Ziel auf 2.304 Metern wartet. „Ich kann Ihnen versichern, es wird höllisch“, sagte Tour-Chef Christian Prudhomme über diese Etappe. Auch Bob Jungels erwartet einen außergewöhnlichen Tag. „Ihr werdet die Freude haben, uns am Fernseher zuzuschauen, wie wir mit 5 km/h diesen Berg hochfahren, das wird ‚un beau chantier’. Es ist nicht der richtige Tag, um in die Ausreißergruppe zu gehen.“ 

Resultate

16. Etappe: La Tour-du-Pin – Villard-de-Lans (164 km):
1. Lennard Kämna (Deutschland/Bora-hansgrohe) 4:12:52 Stunden, 2. Richard Carapaz (Ecuador/Ineos) 1:27 Minuten zurück, 3. Sébastien Reichenbach (Schweiz/Groupama-FDJ) 1:56, 4. Pawel Siwakow (Russland/Ineos) 2:34, 5. Simon Geschke (Deutschland/CCC Team) 2:35, 6. Warren Barguil (Frankreich/Arkéa-Samsic) 2:37, 7. Tiesj Benoot (Belgien/Team Sunweb) 2:41, 8. Nicolas Roche (Irland/Team Sunweb)2:47, 9. Quentin Pacher (Frankreich/B&B Hotels-Vital Concept) 2:51, 10. Julian Alaphilippe (Frankreich/Deceuninck-Quick Step) 2:54, 11. Alberto Bettiol (Italien/EF Pro Cycling) 5:12, 12. Carlos Verona (Spanien/Movistar) 5:15, 13. Pierre Roland (Frankreich/B&B Hotels-Vital Concept) 5:18, 14. Matteo Trentin (Italien/CCC Team) 6:11, 72. Bob Jungels (Luxemburg/Deceuninck – Quick Step) 24:42
Gesamtwertung nach 16 von 21 Etappen:
1. Primoz Roglic (Slowenien/Jumbo-Visma) 70:06:47 Stunden, 2. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates) 0:40 Minuten zurück, 3. Rigoberto Uran (Kolumbien/EF Pro Cycling) 1:34, 4. Miguel Angel Lopez (Kolumbien/Astana) 1:45, 5. Adam Yates (Großbritannien/Mitchelton-Scott) 2:03, 6. Richie Porte (Australien/Trek-Segafredo) 2:13, 7. Mikel Landa (Spanien/Bahrain-McLaren) 2:16, 8. Enric Mas (Spanien/Movistar) 3:15, 9. Tom Dumoulin (Niederlande/Jumbo-Visma) 5:19, 10. Nairo Quintana (Kolumbien/Arkea-Samsic) 5:43, 11. Guillaume Martin (Frankreich/Cofidis) 6:45, 12. Alejandro Valverde (Movistar) 6:52, 13. Damiano Caruso (Italien/Bahrain-McLaren) 9:09, 14. Carapaz 17:23, 15., 46. Jungels 1:52:01

Keine positiven Corona-Tests

Bei den Corona-Tests am zweiten Ruhetag der 107. Tour de France hat es keinen Positivfall gegeben. Damit können alle 156 Fahrer die Reise nach Paris fortsetzen. Das gaben der Veranstalter ASO und der Weltverband UCI vor der gestrigen Etappe bekannt. Bis zur Schlussetappe am Sonntag sind keine weiteren Tests mehr vorgesehen. Rund um den zweiten Ruhetag wurden bei allen 22 Mannschaften insgesamt 785 Kontrollen auf das Virus durchgeführt. Laut Reglement führen schon zwei positive Fälle in einem Team zum Ausschluss des ganzen Rennstalls. Zu einem Team gehören dabei nicht nur die acht Fahrer, sondern auch das direkte Umfeld wie Betreuer, Physiotherapeuten oder Sportdirektoren.