Equipped-Powerlifting-EM in HammNationaltrainer Alain Hammang: „Das ist erst der Anfang, wir lassen nicht locker“

Equipped-Powerlifting-EM in Hamm / Nationaltrainer Alain Hammang: „Das ist erst der Anfang, wir lassen nicht locker“
Vize-Europameisterin Ankie Timmers in Vorbereitung auf das Bankdrücken – v.l.: Mitch Steenberghe, Philippe Parage und der „Official“, der den Athleten die Signale zum Beginn und Ende der Einsätze gibt Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die Equipped-Europameisterschaft 2024 ist Geschichte – und Geschichte haben ebenfalls die Luxemburger Powerlifter geschrieben. Zwei Europameister- und ein Vize-Europameister-Titel, neun Medaillen, etliche neue Landesrekorde, unzählige Bestleistungen und erreichte Minima für kommende internationale Wettkämpfe sind die Ausbeute des Turniers, das vom 7. bis zum 12. Mai in Hamm stattgefunden hat. Damit ist der Grundstein für die Zukunft gelegt.

Mit Ankie Timmers stieg eine Vize-Europameisterin aus Luxemburg in der -84-kg-Klasse auf das Podium, die insbesondere im Bankdrücken jegliche Konkurrenz in den Schatten stellte. Nicht nur erzielte sie mit sagenhaften 200 kg eine neue Bestleistung, die ihr Gold in dieser Disziplin einbrachte, sondern schaffte auch Historisches: Sie ist die erst fünfte Powerlifterin überhaupt, die in ihrer Gewichtsklasse die 200-kg-Grenze überwunden hat. Nur 3,5 kg trennten sie von der Gesamtsiegerin. Die 650 kg in der Endwertung sind der Beweis, dass Luxemburg hier eine Weltklasse-Athletin am Start hat. Als Nächstes sind die 675 kg vorgesehen.

Einen weiteren Meistertitel hat das Großherzogtum in der jüngsten Altersklasse geholt: Tomás Vicente Santana trug seinen Namen ebenfalls in die Luxemburger Rekordbücher ein und die 160 kg im Bankdrücken gelten als nationale Bestmarke in der Open-Klasse. Silbermedaillen im Kreuzheben gingen an Emma Weydert (-57 kg, Junioren) und Yannick Djankou (-83 kg, Open).

Die Marschroute steht fest

Für Hammang waren diese beiden EMs der bislang erfolgreichste in Luxemburg organisierte Wettkampf überhaupt. Doch auf den eigenen Lorbeeren ausruhen kommt nicht infrage. Der Luxemburger Verband PWF hat große Pläne. „Ich bin insgesamt sehr zufrieden über die Leistungen der Athleten: ein Vizemeister- und zwei Meister-Titel, darunter einer bei den Subjunioren, was auf jeden Fall hervorzuheben ist. Auch die Silbermedaillen von Emma (Weydert) und Yannick (Djankou) sind eine große Leistung“, lautet das Fazit des Nationaltrainers. „Wir haben bei dieser EM Erfolge verbucht, auf denen wir aufbauen müssen. Es geht in die richtige Richtung, aber es liegt noch viel Arbeit vor uns. Wir lassen nicht locker.“

Festzuhalten bleibt, dass das Equipped für alle Luxemburger Athleten, die an dieser EM teilgenommen haben, eine Bereicherung darstellt und sie Freude daran gefunden haben. Hierbei muss angemerkt werden, dass mit Ausnahme von Timmers, Parage und Ndoja alle vor weniger als einem Jahr angefangen haben, mit Bandagen, Anzügen und Co. zu trainieren, während bei der Meisterschaft Hochkaräter mit jahrelanger Erfahrung wie der Franzose Sofiane Belkesir und die Deutsche Sonja Stefanie Krüger gemeldet waren. Vor allem starke ukrainische und nordeuropäische Präsenz war in Hamm quer durch alle Alters- und Gewichtsklassen deutlich zu spüren.

Für den Großteil der Luxemburger haben die Vorbereitungen im Equipped Anfang 2024 begonnen. „Gerade zu Beginn haben die meisten Probleme mit den Anzügen und den Bandagen, und ich war da keine Ausnahme“, berichtet Kevin Nilles gegenüber dem Tageblatt. „Der Kontakt mit Alain Hammang war noch intensiver für die Athleten, um sicherzustellen, dass wir alle einen guten ersten Wettkampf abliefern können.“

Würde Kevin Nilles die Kniebeuge im Classic nicht als seine stärkste Übung bezeichnen, so weiß er spätestens jetzt, dass es im Equipped anders aussieht. „Der Fokus lag bei mir in den Squats und ich würde diese als meine Lieblingsübung im Equipped bezeichnen. Du musst genau mit deinem Coach timen, wann du die Bandagen anziehst und was du an dem Tag genau vorhast. Man muss sich gegenseitig vertrauen.“ All dies habe sehr gut geklappt. Nicht zufrieden ist der Athlet mit seinen Leistungen im Kreuzheben, wo er wohl den Energieaufwand nach den anderen Übungen unterschätzt habe. Doch er habe nun Blut geleckt und wolle weiter hart an sich arbeiten.

Einige Zahlen, die aufhorchen lassen

Ganze zehn Athleten haben mehr als eine Tonne im Gesamtergebnis erzielt, darunter der 2001 geborene Norweger Knut Einar Skaar in der -120-Klasse. Der Franzose Belkesir Sofiane, der nun auch Masters-Rekorde aufstellt, schaffte ganze 1.057,5 kg und wurde damit Zweiter, nach dem Ukrainer Danylo Kovanov mit sagenhaften 1.092,5 kg. 

Volodymyr Rysiyev, erneut aus der Ukraine, setzte sich mit insgesamt 1.027,5 kg gegenüber der Konkurrenz aus der -93-Klasse durch und holte hiermit die meisten Goodlift Points. Sensationell war auch der Squat von 430 kg, den Nicki Lentz aus Dänemark, der große Sieger der -105-Kategorie, zur Strecke brachte.

Doch nicht nur die Gewichte an sich spielen eine Rolle im Powerlifting, sondern auch das eigene Körpergewicht und die Lasten, die die Athleten im Vergleich dazu erbringen. So ging es insbesondere bei den -57-Frauen hoch her: Während sich die Italienerin Alessandra rein zahlentechnisch gesehen ganz knapp gegen die Polin Zuzanna Kula durchsetzte, so sei anzumerken, dass Letztere aufgrund des niedrigeren Körpergewichts mehr Goodlift Points gewann. Doch 555,5 bzw. 553,5 kg sind in jeder Hinsicht großartige Ergebnisse.

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Die beiden Meisterschaften erstreckten sich über zehn Tage. So lange waren auch Marie-Paule Grignard, SC-Hamm-Präsident Nico Grignard, Lou Demuth und die zahlreichen anderen ehrenamtlichen Helfer im Einsatz.

Gerne wird über eine mangelhafte Unterstützung des Ehrenamtes gesprochen, doch konkret bedeutet dies bei diesen Mammut-EMs, dass die Helfer des Luxemburger Verbands PWF und die Gemeinde-Mitarbeiter an mehreren Tagen, teilweise auch während der gesamten Dauer, im Einsatz waren. Sportliche Wettkämpfe setzen sich nicht nur aus den Athleten und Trainern zusammen, sondern aus ganzen Teams von Helfern, die vor und hinter den Kulissen anpacken. Marie-Paule Grignard berichtete gegenüber dem Tageblatt, dass sie am ersten Tag um 7 Uhr mit den Vorbereitungen für „Buvette“ und Küchenbereich begann und erst abends um 22 Uhr nach Hause ging. Doch sie tue es gerne und ist bei jedem Powerlifting-Wettkampf in Luxemburg dabei, ob national oder international. Auch die internationale Kampfrichterin Pierrette Demuth und „directeur à l’organisation“ Alessio Pizzutilo haben 12-Stunden-Tage hinter sich. Weltverbandspräsident Gaston Parage verfolgte das Heimspiel aus nächster Nähe und unterstützte die Luxemburger Athleten tatkräftig.

Doch auch diese hatten neben ihren Einsätzen auf der Plattform alle Hände voll zu tun. So waren Philippe Parage und Ankie Timmers mitunter als Assistant Coaches gefragt, Mark Notschaele begleitete die Athleten als „Official“ zu den einzelnen Versuchen und zahlreiche weitere Luxemburger Powerlifter, manche bei dieser EM gemeldet und manche nicht, halfen im Aufwärmraum oder anderen Bereichen, die unabdingbar für einen ordentlichen Ablauf sind. Eine Mammutaufgabe ist eben eine Anstrengung auf allen Fronten.

The good, the bad and the ugly

Ganz ohne Pannen kommen die wenigsten Meisterschaften aus, wenngleich es Lob für die Organisation des Wettkampfes gab. So traten zu Beginn des Subjunior-, Junior- und Open-Turniers Probleme mit dem vom europäischen Verband zur Verfügung gestellten Squat Rack auf, der daraufhin ausgewechselt werden musste.

Der schwerste Vorfall ereignete sich, als der Squat-Anzug eines Athleten platzte und die Last auf den Spotter fiel. Dieser musste sofort vor Ort behandelt werden. „Ich werde gleich morgen heimfahren. Es ist möglich, dass ich operiert werden muss“, sagte der schwer verletzte Spotter, der einem Team aus Tschechien angehört, gegenüber dem Tageblatt. Ob er diese Arbeit künftig wieder ausüben können wird, ist unklar. Die Spotter, die die Athleten bei ihren Versuchen absichern und die Lasten zur Not auffangen, spielen eine lebenswichtige Rolle, was mit diesem Vorfall auf leider sehr schmerzhafte Weise nochmal hervorgehoben wurde.

Bilanz der beiden Europameisterschaften

Nach Abschluss der Europameisterschaften im Equipped bei den Masters und anschließend bei den Subjunioren, Junioren und Open-Athleten kann die Bilanz der Luxemburger Athleten(innen) kaum überragender sein. Noch nie stand der Verband PWF mit so vielen Medaillen im Rampenlicht. Den Auftakt hatte Mark Notschaele gebildet, als er in der Masters-3-Kategorie (über 60 Jahre) seine Konkurrenz sofort ab der Kniebeuge distanzierte.

Das Equipped ist sonder Zweifel eine ganz andere Trainingsweise und beim Wettkampf kommt es ganz besonders auf den Teamgeist und die Abstimmung an. Hier zeigte Nationaltrainer Alain Hammang, dass er 40 Jahre Erfahrung hat und alle seine Schützlinge auf meisterliche Weise durch den Wettkampf lotste. Die Teilnehmer(innen) hatten größtenteils noch nie bei einer EM Wettkampferfahrung sammeln können. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sie mit persönlichen Bestmarken und neuen Rekorden aufhorchen ließen. Da gab es nie eine zu hohe Steigerung zwischen den Versuchen und die Stimmung in der Mannschaft war hervorragend.

In den jüngeren Altersklassen begann gleich der erste Tag mit einer Sensation: Tomás Vicente Santana gewann nicht weniger als drei Goldmedaillen, inklusive die des Gesamtsiegers bei den Subjunioren unter 74 kg, sowie einmal Silber. Doch auch die Junioren Ben Feiereisen und Philippe Parage sowie die Open-Athleten Gabriel Ndoja, Kevin Nilles und Gabriel de Almeida, die bereits im Classic Rekorde gebrochen haben, haben bewiesen, dass sie im Equipped ein Wörtchen mitreden wollen. Yannick Djankou holte in seiner Paradedisziplin, dem Kreuzheben, gar Silber.

Bei den Damen war dieselbe Tendenz zu spüren. Juniorin Emma Weydert gewann in der -57-kg-Klasse gleich Bronze im Bench Press mit 75 kg. Die 152,5 im Kreuzheben brachten ihr die Silbermedaille ein und mit dieser Leistung ist sie ganz nahe an der europäischen Spitze. Dann legte Alba Jurado in der -69-Klasse nach und brach ihre bisherigen Rekorde. Das große Highlight der Meisterschaft war Ankie Timmers’ Vize-Europameister-Titel mitsamt Goldmedaille im Bench Press. (GB)


Die Leistungen der Luxemburger Athleten

 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Tomás Vicente Santana

Kategorie: -74 kg, Subjunioren
Ergebnisse: 225 kg Squat, 160 kg Bench Press, 205 kg Deadlift, 560 kg insgesamt
Platzierung: 1 (Gold in Squat, Bench Press und Gesamtwertung, Silber im Deadlift)

Ich hatte nicht viele Erwartungen für diese EM, da ich nicht wusste, was auf mich zukommen würde, und erst vor kurzem mit dem Equipped angefangen habe. Entdeckt habe ich den Sport allgemein vor nicht langer Zeit. Jetzt bin ich seit Oktober 2023 in Hamm.


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Emma Weydert

Kategorie: -57 kg, Junioren
Ergebnisse: 135 SQ, 75 BP, 152,5 DL, 362,5 Total
Platzierung: 4 (Silber im Deadlift, Bronze im Bench Press)

Für mich lief es super, vor allem wenn man bedenkt, dass die anderen Athletinnen schon seit vielen Jahren im Equipped antreten und ich zum ersten Mal


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Ben Feiereisen

Kategorie: -93 kg, Junioren
Ergebnisse: 220 SQ, 125 BP, 220 DL, 565 Total
Platzierung: 4

Ich trainiere in Holland mit Mitch Steenberghe. Er hilft mir dabei, die Vorgaben von Alain Hammang umzusetzen.


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Philippe Parage

Kategorie: +120 kg, Junioren
Ergebnisse: 330 SQ, 205 BP, 282,5 DL, 817,5 Total
Platzierung: 5

Es lief nicht so wie geplant. Aber positiv ist, dass ich im Bankdrücken und in der Gesamtwertung zwei neue Landesrekorde aufgestellt habe.


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Kevin Nilles

Kategorie: -66 kg, Open
Ergebnisse: 210 SQ, 112,5 BP, 215 DL, 537,5 Total
Platzierung: 5

Am besten ist die Kniebeuge gelaufen. Du musst genau mit deinem Coach timen, wann du die Bandagen anziehst, und man muss sich gegenseitig vertrauen. Beim Kreuzheben habe ich allerdings unterschätzt, wie viel Energie die anderen Übungen während des vierstündigen Wettkampfes beanspruchen.


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Yannick Djankou

Kategorie: -83 kg, Open
Ergebnisse: 240 SQ, 180 BP, 262,5 DL, 682,5 Total
Platzierung: 5 (Silber im Deadlift)

Aufgrund meines Aussehens werde ich oft gefragt, ob ich nicht Bodybuilding machen möchte. Aber es interessiert mich nicht. Es gibt mir mehr zurück, wenn ich 200 kg heben kann, als meinen Körper zu zeigen. Jetzt möchte ich weiter am Equipped arbeiten.


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Alba Jurado

Kategorie: -69 kg, Open
Ergebnisse: 150 SQ, 95 BP, 172,5 DL, 417,5 Total
Platzierung: 7

Der Wettkampf lief sehr gut, es gab nur einige Probleme mit dem Griff beim letzten Deadlift. Da es mein erstes Turnier im Equipped war und alle anderen Teilnehmerinnen in meiner Gewichtsklasse seit langem dabei sind, ging es vor allem darum, nationale Rekorde aufzustellen und Erfahrung zu sammeln.


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Gabriel de Almeida

Kategorie: -93 kg, Open
Ergebnisse: 270 SQ, 165 BP, 240 DL, 675 Total
Platzierung: 11

Die Basis wurde gelegt, um darauf aufzubauen und stärker zu werden. Es lief nicht wie erwartet: Aufgrund einer Verletzung hatte ich einige Probleme im Bankdrücken. Aber ich möchte mit Equipped und Classic weitermachen.


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Ankie Timmers

Kategorie: -84 kg, Open
Ergebnisse: 237,5 SQ, 200 BP, 212,5 DL, 650 Total
Platzierung: 2 (Silber insgesamt, Gold im Bench Press)

Ich freue mich vor allem darüber, dass meine Familie aus Holland nach Luxemburg gekommen ist, um mich anzufeuern. Das hat mir noch mehr Kraft gegeben, um eine gute Leistung zu zeigen. Mit meinem Wettkampf bin ich sehr zufrieden, insbesondere in der Kniebeuge und natürlich im Bankdrücken.


 Foto: European Powerlifting Federation (EPF)

Gabriel Ndoja

Kategorie: -120 kg, Open
Ergebnisse: 325 SQ, 242,5 BP, 295 DL, 862,5 Total
Platzierung: 9

Es war meine erste EM. Dafür lief es insgesamt gut. Mein Ziel war, überall neue Bestleistungen zu liefern, und das ist mir gelungen. Ohne die Top-Unterstützung von Hamm wäre es aber nicht möglich gewesen.