Euro 2020Nach dem Zittersieg gegen die Schweiz – so jubelt Spanien

Euro 2020 / Nach dem Zittersieg gegen die Schweiz – so jubelt Spanien
Der Spanier Mikel Oyarzabal (r.) wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: seinem Torhüter Unai Simón  Foto: AFP/Kirill Kudryavtsev

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Spanien steht erstmals seit 2012 wieder in einem Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft. Der dreimalige Titelträger gewann am Freitag in St. Petersburg das Achtelfinale gegen die Schweiz mit 3:1 im Elfmeterschießen.

Mallorca fieberte mit der Schweiz. Auf der Insel befindet sich eine der größten Schweizer Kolonien auf spanischem Territorium. Tausende Schweizer Urlauber befinden sich derzeit im Ferienparadies, rund 1.200 Eidgenossen haben dort ihren festen Wohnsitz. „Hopp Schwiiz“, so schallte es durch etliche Inselbars.

Doch es half leider nichts. Die Schweiz erzwang zwar durch eine großartige Leistung die Verlängerung des Spiels, verlor dann jedoch bei einem dramatischen Elfmeterschießen. Während bei den Schweizer Fans auf Mallorca lange Gesichter vorherrschten, jubelten die Spanier. Rot-gelb-rote Nationalflaggen wehten nach dem dramatischen Spiel an Hausfassaden, Autofahrer feierten mit Hupkonzerten den Sieg.  

„Der Held Unai Simón“

„Der Held Unai Simón bringt Spaniens ins Halbfinale“, bejubelt die Sportzeitung Mundo Deportivo den Nationaltorhüter, der zwei Elfmeter hielt. „Simón der Retter“, schreiben viele Blätter am Freitagabend in ihren Online-Ausgaben. „Spanien schleicht sich ins Halbfinale“, titelt die Tageszeitung Vanguardia und lobt das starke Spiel der Schweizer, die bis zur letzten Minute heldenhaft gekämpft hätten.

In den Umfragen vor dem Schicksalsspiel stand der Sieger schon Stunden vorher fest: Die große Mehrheit der iberischen Fans hatte der Schweizer Elf von Trainer Vladimir Petković wenig Chancen gegen die europäische Fußballgroßmacht Spanien eingeräumt. „Lasst uns träumen“, hatte Marca, das größte Sportblatt der Nation, vor dem Anpfiff getitelt. Die Konkurrenzzeitung As hatte die Stimmung mit der Überschrift angeheizt: „Hunger auf den Ruhm.“ Um dann festzustellen: „Die letzten beiden Male, in denen Spanien bei einer EM bis ins Viertelfinale kam, sind wir europäische Fußball-Champions geworden.“ Holt also Spanien nun erneut den Titel? Die spanische Sportpresse hatte dieses Duell eher als eine Art Pflichtübung angesehen, die Spanien durchstehen müsse, nachdem die Eidgenossen endlich einmal wieder nach einem halben Jahrhundert durch ein „Wunder“ gegen Frankreich ins Viertelfinale gerutscht seien. Das letzte Mal hatte die Schweiz bei der WM 1954 in Bern das Viertelfinale erreicht – und dann gegen Österreich verloren.

Genüsslich wurde daran erinnert, dass bis zu diesem Viertelfinale kein Team bei dieser EM mehr Tore geschossen habe als Spanien. Und dass zugleich kein Torhüter bei diesem Turnier öfter hinter sich greifen musste als der Schweizer Schlussmann Yann Sommer – wenigstens wenn man die Tore, die beim Elfmeterschießen fielen, nicht mitzähle. Auch Spaniens Trainer Luis Enrique machte vor dem Spiel klar, wer seiner Meinung nach in Sankt Petersburg das Sagen haben wird: „Ich habe bei dieser EM bisher keine Mannschaft gesehen, die besser spielt als Spanien.“ Dem Mann fehlt es nicht an Selbstbewusstsein.  

Immerhin war die Schweiz beim Abspielen der Nationalhymnen im Stadion klarer (emotionaler) Sieger. Die meisten Spieler aus dem Alpenland sangen genauso wie viele Schweizer Fans auf der Tribüne inbrünstig und mit der Hand auf dem Herz ihre Hymne. Doch als Spaniens „königlicher Marsch“ aus den Lautsprechern ertönte, sang keiner mit: Die spanischen Kicker blieben stumm. Ein ziemlich freudloser Anblick, der aber einen schlichten Hintergrund hat: Spaniens Hymne hat keinen Text.