Ironman Hawaii, Dirk Bockel auf Platz 8: Vier Monate in vier Minuten zerstört

Ironman Hawaii, Dirk Bockel auf Platz 8: Vier Monate in vier Minuten zerstört

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TRIATHLON - 1.926 Triathleten hatten sich am Samstagmorgen am Kailua Pier auf „Big Island“ eingefunden, um eines der größten Abenteuer im Sport in Angriff zu nehmen, den Ironman Hawaii. Zum zweiten Mal mit dabei: Dirk Bockel. Der Luxemburger zählte zu den 68 Profis, die als Erste um 6.30 Uhr Ortszeit (18.30 Uhr MESZ) auf Kona...

Marc Biwer

Nach Platz sieben im Vorjahr griff Bockel mit Startnummer 7 an und hatte damit beim 34. Hawaii-Ironman im „Parc fermé“ einen besseren Stellplatz. Auf der anderen Seite war er mit diesem Ergebnis aber seinen „Rookie“-Status los, die Konkurrenz hatte den Luxemburger auf der Rechnung.

Zu dieser Konkurrenz gehörten auf den 3,86 km Schwimmen, 180,2 km Rad und dem abschließenden Marathon u.a. 5 Hawaii-Sieger: Craig Alexander (2009, 2008), Chris McCormack (2007), Norman Stadler (2006, 2004), Faris Al-Sultan (2005) und Thomas Hellriegel (1997). Der Luxemburger Sportsoldat hatte aber in diesem elitären Feld großes vor, ein Top-5-Platz sollte es schon sein. Auf dieses Vorhaben hatte sich der 34-Jährige, einer der Jüngsten im Favoritenkreis, intensiv während vier Monaten vorbereitet.EINZELZEITEN VERGLEICH

o Sieger Chris McCormack: Schwimmen 51:36, Rad 4:31:50, Marathon 2:43:21

o Titelverteidiger Craig Alexander (4.): 51:32, 4:39:35, 2:41:59

o Dirk Bockel (8.): 50:50, 4:37:29, 2:57:42

o Claude Mayer (152. AK35): 1:19:02, 5:16:20, 3:14:15

o Siegerin Mirinda Carfrae: 55:53, 5:04:59, 2:53:32

Das Rennen verlief denn auch nach Plan. In der ersten Disziplin konnte sich Bockel nach 400 m im Pazifik (Wassertemperatur: 26°C) an die Spitze setzten, direkt hinter Andy Potts: „Das hatte ich erwartet, als Olympiaschwimmer (Ersatzmann 1996 in Atlanta, d.Red.) ist er allen überlegen. Aber der Amerikaner war nicht das Problem.“ Das Problem war, dass die Hauptgegner im Sog des Luxemburgers schwammen, der damit bereits viele Körner ließ. Nach den 3,86 km stieg Bockel als 2. aus dem Wasser, mit 2’24“ Rückstand auf Potts, aber mit nur 10“-18“ Vorsprung auf die Al-Sultan, Raelert, Alexander usw. Nach knapp einer Stunde gingen die Eisenmänner auf die schwierige Radstrecke, in einer 25-köpfigen Verfolgergruppe, welcher Andy Potts nicht lange standhalten konnte. Damit hatte sich ein Teil der Taktik des Luxemburgers nicht bestätigt, der auf eine kleinere Gruppe gehofft hatte.

Es sollte ein verrücktes und unkontrollierbares Rennen über 180 km durch die Lavawüsten werden, bei dem Dirk Bockel wieder viel Führungsarbeit verrichtete: „Ich hatte einen guten Wechsel erwischt und es lief eigentlich optimal.“
Bis zu km 60, als ein Referee den CAEG-Athleten unsanft ausbremste und ihm aus einem unerklärlichen Grund eine Zeitstrafe von 4′ verpasste. „Anscheinend hätte ich einen Konkurrenten geblockt. Das kann ich nicht glauben. Ich habe zwar überholt, aber beim Einscheren habe ich nach vorne und hinten geblickt, da war genug Raum“, konnte Bockel die Entscheidung keineswegs nachvollziehen.

Damit musste er die Führungsgruppe ziehen lassen. Die Vorbereitung von vier Monaten wurde von einem übereifrigen Schiedsrichter in vier Minuten zunichtegemacht.

Jedenfalls nahm das Radrennen einen ungewöhnlichen Verlauf, mit einem Andreas Bocherer (GER, am Ende 52.) nach 45 km in Führung, gefolgt von Chris Lieto (USA, 45“ Rückstand) und Maik Twelsiek (GER, 49“), die alle drei der Verfolgergruppe um Bockel (1’14“) enteilen konnten. Eine Gruppe, der auch Alexander, Al-Sultan, Andreas Raelert und McCormack angehörten. Eine zweite Verfolgergruppe (2’20“) wurde von Stadler angeführt. Danach kam es immer wieder zu Ausreißversuchen, andere vielen zurück, und wiederum andere wurden (wie Bockel) bestraft. Zudem wurde es am Alli Drive und Queen K. Highway fast unerträglich heiß mit 40 °C.

Damit bot sich nach 141,62 km ein Bild mit Lieto an der Spitze, gefolgt von Twelsiek (1’08“). Bockel konnte sich zwar noch einmal an die Verfolger heranarbeiten, musste dann aber eine deutsche Fraktion (7 Fahrer, 4’54“zurück) mit u.a. Al-Sultan, Stadler und Raelert, aber auch mit McCormack ziehen lassen. Der Luxemburger folgte auf 8’24“, lag aber vor Alexander & Co.

Lieto wechselte vor Twelsiek (2’42“) auf den Marathon über, dahinter Vanhoenacker (BEL, 3./7’01“), McCormack (AUS, 5./7’40“), Bracht, Stadler, Al-Sultan (alle GER, 7.-10./8’03“-8’28“), Alexander (AUS, 15./ 15’26“). Dirk Bockel beendete die Radstrecke als 13. mit einem Rückstand von 10’33“ auf Lieto, und demnach knapp 3′ hinter McCormack.

Der Australier und sein Landesmann Craig Alexander waren erwiesenermaßen die besten Läufer im Feld, was Chris McCormack eindrucksvoll unter Beweis stellte und souverän nach 42,2 km in Kailua-Kona seinen zweiten Hawaii-Sieg ausgelassen feiern konnte. Der Titelverteidiger lag indes zu weit im Hintertreffen und hatte am Ende trotz zweitbester Laufzeit das Podium knapp verpasst. Mit Zugmaschine McCormack vorneweg wuchsen Raelert (3. 2009) und Vanhoenacker über sich hinaus und belegten die Podiumsplätze. Der lange als sicherer Sieger angesehene Chris Lieto (2. 2009) hatte sich auf dem Rad zu viel zugemutet und fiel auf Rang 11 zurück.

Auch Dirk Bockel hatte sehr viel Kraft eingebüßt. Als er seine schwächste Disziplin als 13. anging, konnte einem angst und bange werden. Aber das Höhentraining zahlte sich aus, denn mit seiner besten Marathonzeit – fast 5′ schneller als im Vorjahr – lief der Luxemburger bis auf Platz 8 nach vorne. Und ließ damit Männer wie Al-Sultan, Lieto, Van Lierde, Cameron Brown (17.), Terenzo Bozzone (20.), Potts (21.), Rasmus Henning (23.) und auch Stadler (33.) deutlich hinter sich. Nicht auszudenken, wo Dirk Bockel ohne die Schiedsrichterentscheidung gelandet wäre … Es wäre jedenfalls ein anderes Rennen geworden.

Bei den Frauen verzichtete Titelverteidigerin und Topfavoritin Chrissie Wellington (GBR) wegen einer Erkältung kurzfristig auf einen Start. Damit waren die Karten neu gemischt, und die letztjährige Zweite, Miranda Carfrae, ließ die Konkurrenz chancenlos und machte den australischen Doppelerfolg 2010 auf Hawaii perfekt.

Die Ergebnisse

Männer: 1. Chris McCormack (AUS/Foto) 8:10:37, 2. Andreas Raelert (GER) 8:12:17, 3. Marino Vanhoenacker (BEL) 8:13:14, 4. Craig Alexander (AUS) 8:16:53, 5. Raynard Tissink (RSA) 8:20:11, 6. Timo Bracht (GER) 8:21:00, 7. Eneko Llanos (ESP) 8:22:03, 8. Dirk Bockel (LUX) 8:22:59, 9. Pete Jacobs (AUS) 8:23:26, 10. Faris Al-Sultan (GER) 8:24:04, 11. Chris Lieto (USA) 8:25:51, 12. Maik Twelsiek (GER) 8:27:02, 13. Michael Weiss (AUT) 8:29:15, 14. Frederik van Lierde (BEL) 8:31:43, 15. Ronnie Schildknaecht (CZE) 8:32:51; AK35: 1. Damien Angus (USA) 9:04:14, 152. Claude Mayer (LUX) 10:24:55

Frauen: 1. Mirinda Carfrae (AUS) 8:58:36, 2. Caroline Steffen (SUI) 9:06:00, 3. Julie Dibbens (USA) 9:10:04