Giro im Trauer

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Nach dem tragischen Unfalltod des belgischen Radprofis Weylandt hält der Giro inne. Sein Team Leopard Trek startete am Dienstag zwar zur 4. Etappe in Genua, aber die Stimmung ist dahin.

Kein rosaroter Jubel und Trubel, keine Heiterkeit, keine Musik: Der Giro d’Italia trug nach dem tragischen Unfalltod des belgischen Radprofis Wouter Weylandt am Startort der 4. Etappe in Genua Trauer. Der Teambus der Luxemburger Leopard-Mannschaft war am Dienstag mit einem Zaun vor Schaulustigen abgesperrt worden. Fahrer aus allen Rennställen kondolierten der Teamleitung – von den sonst üblichen Aufgeregtheiten vor Giro-Etappen war im Quarto dei Mille auf einem riesigen Parkplatz im Hafen von Genua nichts zu spüren.

„Ich fuhr im vierten Wagen hinter Weylandt. Ich sah ihn durch die Luft fliegen. Dann lag er in seinem schwarzen Trikot auf dem Asphalt – sein Gesicht war voller Blut. Es war furchtbar“, schilderte Pietro Algeri, Sportlicher Leiter bei Movistar, der Nachrichtenagentur dpa, die tragischen Vorgänge vom Vortag.

Weylandt hatte Angst um seine Gesundheit

Weylandt hatte offensichtlich seit dem Giro-Start Angst um seine Gesundheit. Nach dem Auftakt der Italien-Rundfahrt hatte er seinem Manager Jef van den Bosch eine SMS geschickt. Das Rennen sei sehr gefährlich und nervös. „Das bereitet mir Sorgen“, schrieb Weylandt nach Aussage seines Managers, der am Dienstag vom Onlinedienst der belgischen Tageszeitung „Het Laatste Nieuws“ zitiert wurde.

Weylandt senior musste am Dienstag in Levagna seinen Sohn identifizieren. Der Vater war am Abend vorher mit Weylandts Frau Anne Sophie, die im September ein Kind erwartet, in Mailand eingetroffen. Laut „Gazzetta dello Sport“, die die Rundfahrt veranstaltet, werde der vierte Tagesabschnitt über 213 Kilometer nach Livorno neutralisiert. Am Ende einer Bummeletappe werde Weylandts Leopard-Team geschlossen ins Ziel rollen. Das gleiche Szenario hatte es 1995 bei der Tour de France nach dem Tod des italienischen Olympiasiegers Fabio Casartelli gegeben, der in den Pyrenäen bei der Abfahrt vom Portet d’Aspet tödlich verunglückt war.

Damals ließ das Fahrerfeld am folgenden Tag dem Casartelli-Team US-Postal den Vortritt. Drei Tage später hatte Team-Kapitän Lance Armstrong nach einer beherzten Attacke einen Solosieg errungen, den er seinem verstorbenen Teamkollegen gewidmet hatte. Beim Überqueren der Ziellinie in Limoges streckte er seine Arme in den Himmel – einen emotionaleren Moment hatte der Radsport selten erlebt.

Trauer und Anteilnahme

„Ich bin geschockt und traurig“, twitterte der Amerikaner. Er sei gerade vom Laufen zurückgekommen, als er von Weylandts Tod erfahren habe. „Möge er in Frieden ruhen.“ Mit großer Trauer und Anteilnahme hatten Fahrer und Funktionäre reagiert. „Es ist eine schreckliche Geschichte und ein dunkler Tag für den Radsport“, erklärte Tour-Sieger Alberto Contador aus Spanien. Bis zum Dienstag habe es auf Weylandts Homepage 44.000 Kondolenz-Einträge gegeben, meldete „Het Laatste Nieuws“.

„Er hat nicht gelitten. Er war auf der Stelle tot. Es hätte eines Wunders bedurft, um ihn zu retten“, erklärte Rennarzt Giovanni Tredici am Dienstag. Aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen und die Teamkollegen hatte das italienische Fernsehen RAI keine Bilder vom direkten Unfallhergang gezeigt. Nach Aussage aus seinem Team hatte Weylandt bei der Abfahrt vom Passo del Bocco etwa bei Tempo 70 mit dem Vorderrad eine Betonmauer touchiert. Er stürzte demnach zuerst mit dem Gesicht auf die Mauer, dann auf den Asphalt. Bereits nach 30 Sekunden sei er am Unfallort ärztlich versorgt worden.

Weylandt sollte bei der Vuelta starten

Ironie des Schicksals: Eigentlich war Weylandt gar nicht für den Giro vorgesehen. Der 26-Jährige sollte im September bei der Vuelta starten, musste aber einspringen, nachdem der Leopard-Sprinter Daniele Bennati aus Italien nach einem Sturz bei der Tour de Romandie für den Giro ausgefallen war.

Giro-Chef Angelo Zomegnan kündigte verstärkte Sicherheitsmaßnahmen an. Unmittelbar nach dem Sturz seien alle bereits existierenden Vorkehrungen noch einmal geprüft worden. Zudem würden „Spezialisten-Teams die bestehenden Sicherheitsbestimmungen verstärken“, erklärte Zomegnan, ohne die Schritte zu konkretisieren. Die Möglichkeiten der Veranstalter sind aber zwangsläufig limitiert.