Europa LeagueMichel Leflochmoan blickt auf ein historisches Match in Mostar zurück: „Sie sollen dran glauben!“

Europa League / Michel Leflochmoan blickt auf ein historisches Match in Mostar zurück: „Sie sollen dran glauben!“
Der Gentleman des Luxemburger Fußballs drückt seinen ehemaligen Teams weiterhin die Daumen  Foto: Julien Garroy

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Morgen werden beim 68-jährigen Franzosen mit Sicherheit einige Erinnerungen an ein historisches Spiel aufblühen. Michel Leflochmoan, der Mann, der in Mostar eine Maske tragen musste, lieferte dem Tageblatt vor dem Erstrundenduell der Differdinger sowohl Rück- als auch Ausblicke. 

Michel Leflochmoan ist gesundheitlich angeschlagen. Ein Teil seiner Leber musste im vergangenen Jahr entfernt werden. Doch der Optimist und Gentleman will diesen Kampf mit aller Kraft in die Länge ziehen – und hat seine Liebe zum Fußball nie verloren. In Corona-Zeiten sei nicht mehr an lange Autofahrten zu denken und teilweise fehle ihm auch die Kraft, den Luxemburger Spielbetrieb aus nächster Nähe zu verfolgen, sagt „MLF“. Das hindert ihn aber nicht an regelmäßigen Recherchen und Lektüren im Netz und den Zeitungen. 

„Jede Mannschaft, die ich irgendwann trainierte, trage ich im Herzen. Klar, Düdelingen sticht besonders hervor, da wir dort fantastische Dinge erreicht haben. Aber auch die beiden Jahre in Differdingen sind mir in guter Erinnerung geblieben. Ich werde auf jeden Fall die Daumen drücken und mitfiebern.“ Und hier schließt sich auch schon der Kreis: Ausgerechnet beim HSK Zrinjski Mostar, dort, wo er 2005 mit dem F91 Düdelingen Geschichte geschrieben hat, will sein anderer Ex-Klub dies 15 Jahre später wiederholen. 

Viele einleitende Worte brauchte es beim Telefonat mit Leflochmoan nicht. „Mostar … Das war damals ein außergewöhnlicher Moment. Wir haben das Heimspiel 0:1 verloren, waren aber alle bereit, im Rückspiel etwas zu erreichen. Es war ein taktischer Kampf, denn ein frühes Gegentor hätte uns wohl alle Qualifikationschancen genommen. Ich erinnere mich noch, wie überglücklich jeder nach dem Schlusspfiff war. Wir hatten uns als erste Luxemburger Mannschaft auf dem Rasen für die zweite Runde der Champions League qualifiziert. Es war historisch. Nicht nur wir, sondern das ganze Land war stolz auf diese Leistung.“ Durch Gruszczynskis Treffer in der Nachspielzeit geht es in die Verlängerung – am Ende steht es 4:0 für den F91.

Und auch die anwesenden Journalisten dürften sich heute an einige spezielle Momente erinnern. „Ich werde Ihnen ein paar Anekdoten von damals verraten, angefangen mit der außergewöhnlichsten. Es war das erste Mal, dass ich die Luxemburger Journalisten zur finalen Spielanalyse mit dem Team in die Kabinen gerufen habe. Ich habe also genau verraten, wer spielen würde und was unser Plan sei. Ihre Kollegen haben das damals sehr geschätzt, denn wie sich herausstellen sollte, hat die Mannschaft das genau so umgesetzt, wie ich es haben wollte.“

Auch die politische Situation in Bosnien hat ihre Spuren beim Coach hinterlassen. „Unser Hotel befand sich nicht einmal fünf Minuten vom Stadion entfernt. Als unser Bus durch die Straßen fuhr, jubelten die Serben uns zu. Ich habe nicht wirklich verstanden, was sie uns zuriefen, aber man hat mir erklärt, dass es sich um Anfeuerungen handelte. Auf dem Rückweg waren wieder alle da, um uns zu applaudieren.“ Es überraschte Leflochmoan demnach nicht, dass in sozialen Netzwerken des gegnerischen Vereins noch immer Revanchegelüste heraufbeschworen werden. 

„Schwere Mission“

Fußballerisch erwartet sich „MLF“ die gleichen Voraussetzungen, wie es sie damals gegeben hat. „Wir alle kennen die Qualitäten der ex-jugoslawischen Staaten. Diese Spieler genießen meist eine hervorragende technische Ausbildung. Sie sind vielleicht nicht so athletisch, aber es bleiben sehr starke Mannschaften. Es wird auf jeden Fall eine schwere Mission für die Differdinger.“

Zumindest eine Änderung wird es geben: Paolo Amodio wird nicht mit Maske an der Seitenlinie stehen müssen. „In der Woche vor der Begegnung habe ich keine einzige Trainingseinheit geleitet. Ich hatte ein paar Gartenarbeiten erledigt und wollte trockenes Holz verbrennen. Leider wurde ich vom Feuer überrascht und habe mir das Gesicht zu 6/10 verbrannt. Ich bin noch glimpflich aus der Nummer rausgekommen, da sich das Krankenhaus von Sedan 200 m von meinem Zuhause befindet. Dort wurde ich schnell und gut behandelt. In Mostar bin ich dann die ganze Zeit mit einer Maske herumgelaufen.“

Auf die abschließende Frage, was er seiner ehemaligen Mannschaft noch mitteilen wollte, meinte Leflochmoan nur: „Ich muss ihnen nichts mit auf den Weg geben. Amodio-Lobo ist ein gutes Team, das weiß, was es sagen muss. Das Einzige, was ich hinzufügen kann, ist, dass sie dran glauben sollen!“