Fußball-RegelrevolutionDie Sünderbank und der Motz-Stopp sollen kommen

Fußball-Regelrevolution / Die Sünderbank und der Motz-Stopp sollen kommen
Proteste beim Schiedsrichter sollen begrenzt werden Foto: AFP/Bay Ismoyo

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Zeitstrafen, weniger Proteste und eine Ausweitung der VAR-Kompetenzen – der Fußball steht vor einer weiteren Regelrevolution.

Joshua Kimmich muss wegen seines taktischen Fouls auf die neu montierte Strafbank, darüber beschweren darf sich nur Kapitän Manuel Neuer, und der Kölner Keller überprüft derweil die Gelbe Karte – so könnte zukünftig ein Bundesligaspiel von Bayern München aussehen. Wenn es nach dem Willen der Regelhüter im International Football Association Board (IFAB) geht, steht der Profifußball vor einer weiteren Regelrevolution.

Die Verhängung von Zeitstrafen für vorsätzliche oder unsportliche Fouls und die Begrenzung von Protesten beim Schiedsrichter auf die Spielführer soll schon bald getestet werden. Diese Empfehlung sprachen die IFAB-Mitglieder auf ihrer Arbeitssitzung in London aus. Endgültig darüber entschieden wird bei der nächsten Jahrestagung im März des kommenden Jahres in Glasgow.

Nach der Auswertung von Langzeit-Tests in unterklassigen englischen Ligen scheint zumindest für die Einführung von Zeitstrafen bei den Profis die Zeit reif. Im Falle der erwarteten Annahme der Empfehlung müssten Spieler bereits ab der kommenden Saison nach entsprechenden Regelverstößen für eine bestimmte Dauer vom Feld und ihre Mannschaft damit vorübergehend in Unterzahl spielen.

Der Schiedsrichter-Chef des Weltverbands FIFA ist jedenfalls dafür. „Es hat in den englischen Amateurligen funktioniert, aber jetzt geht es um ein höheres Niveau“, sagte Pierluigi Collina, der auch im sogenannten „technischen Unterkomitee“ der IFAB sitzt. Wenn es nach dem Italiener geht, soll das neue Instrument für die Referees vor allem durch seine einfache Handhabung überzeugen: „Wir müssen dafür etwas entwickeln, das funktioniert und des Spitzenfußballs würdig ist.“

Zeitstrafen für bestimmte Arten von Fouls sind in anderen Sportarten schon lange fester Bestandteil der Regelwerke. Im Handball, Rugby sowie Eis-, Feld- und Hallenhockey etwa sind die Erfahrungen mit dieser zusätzlichen Sanktionsmöglichkeit für Schiedsrichter durchweg gut.

Dass es in andern Sportarten auch mit Blick auf das Fairplay wesentlich besser als im Fußball läuft, ist ebenfalls keine Neuigkeit. Gerade die zurückliegende Rugby-WM hat das wieder einmal unter Beweis gestellt.

Um einen Schritt in diese Richtung zu machen, plant das IFAB auch Maßnahmen gegen die zunehmenden Proteste von Spielern gegen Schiedsrichter-Entscheidungen. Deshalb wird im Frühjahr wohl auch darüber abgestimmt, ob in bestimmten Fällen nur noch die Kapitäne der Mannschaften mit dem Unparteiischen diskutieren dürfen.

Heftige Debatten werden vor allem außerhalb des Platzes entbrennen, falls die Kompetenzen des ohnehin schon äußerst umstrittenen Videoschiedsrichters ausgeweitet werden. Im Gespräch sind dabei Entscheidungen über Gelbe Karten, bestimmte Freistöße und Ecken.

„Eine vorsichtige Erweiterung des VAR finde ich richtig, um offensichtliche Fehlentscheidungen wie zum Beispiel bei Freistößen in Strafraumnähe zu verhindern“, sagte der deutsche Schiedsrichter-Boss Lutz Michael Fröhlich der Bild-Zeitung: „Klar ist: Er darf nicht inflationär eingesetzt werden.“

Genau das befürchten allerdings die Kritiker wie der frühere deutsche Top-Referee Thorsten Kinhöfer: „Wenn jetzt jeder Eckball überprüft wird, kann man die Spiele auch gleich aus dem Kölner Keller pfeifen und einen Roboter auf den Rasen stellen.“