„Fantastisches Jahr“

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(dpa)

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Sebastian Vettel hat es geschafft. Der Red-Bull-Pilot ist zum zweiten Mal Weltmeister - als jüngster Fahrer der Formel-1-Geschichte. In Japan wurde der 24-Jährige zwar nur Dritter, der Jubel kannte trotzdem keine Grenzen.

Mit schampusnassem Haar kletterte Formel-1-Kaiser Sebastian Vettel zur Triumphgeste auf die Boxenmauer und genoss die Huldigung tausender Japaner auf der noch immer proppevollen Haupttribüne. Zwei Stunden nach seiner Krönung zum jüngsten Doppel-Weltmeister pumpte das Disco-Lied vom „großen, bösen Wolf“ aus den Lautsprechern vor der Red-Bull-Garage, Vater Norbert tanzte und Vettel umarmte überglücklich jeden einzelnen Mechaniker. „Es wird Zeit brauchen, das zu verstehen“, gestand der Champion, nachdem er die ersten Titeltränen verdrückt hatte.

Unter dem Abendhimmel von Suzuka versanken der Hesse und sein Team im Partytaumel, auch wenn es am Sonntag im fünftletzten Saisonrennen nicht zum Sieg gereicht hatte. Bei seinem 14. Podiumsrang im 15. Grand Prix des Jahres musste Vettel McLaren-Pilot Jenson Button und Ferrari-Star Fernando Alonso den Vortritt lassen. Doch Platz drei war mehr als genug für Titel Nummer zwei – und das im Alter von 24 Jahren und 98 Tagen. „Wir hatten ein fantastisches Jahr – und das Beste daran ist: Es geht noch weiter“, meinte Vettel, bevor er zur WM-Sause an einen geheimen Ort weiterzog.

Beeindruckende Leistung

„Ziemlich beeindruckend“, befand Rennsieger Button, obwohl er diesmal mit reifenschonender Fahrweise den Deutschen bezwungen hatte. „Eine herausragende Leistung“, sagte Vettel-Kumpel und Rekordweltmeister Michael Schumacher: „Definitiv macht mich das stolz. Wir sind Freunde.“ Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner schwärmte: „Es ist phänomenal, was er erreicht hat.“

Längst trug Vettels Crew das extra gedruckte Weltmeister-Shirt und Vettel-Kappen. „Allein hätte ich das nicht geschafft“, richtete der Ausnahmepilot seinen Dank ans Team. Im Voll-Sprint war Vettel nach dem TV-Marathon zu seinen Helfern gerannt, um endlich mit ihnen feiern zu können. Senior Norbert brach ergriffen schluchzend ein „Sky“-Interview ab und eilte mit zwei überdimensionalen Vettel-Fingern aus Schaumstoff in die Box. „Es macht mich sehr stolz. Das ganze Jahr war ein Traum für uns“, sagte der Weltmeister.

Doppel-Weltmeister

329 Tage nach dem ersten WM-Titel im Herzschlagfinale von Abu Dhabi machte Vettel diesmal kurzen Prozess. Früher krönten sich in der Historie lediglich Nigel Mansell vor 19 und Michael Schumacher vor 9 Jahren. Button, der als letzter Vettel-Verfolger übrig geblieben war, kann den 114 Punkte-Rückstand auf den Deutschen in den vier noch kommenden Rennen nicht mehr aufholen.

In Vettels Heimatgemeinde Heppenheim gab es kein Halten mehr. Seit 7.00 Uhr morgens hatten mehrere tausend Anhänger im 23 000-Einwohner-Ort an der Bergstraße den Triumph ihres Helden verfolgt. „Ich bedanke mich bei all meinen Fans in der Heimat“, grüßte Vettel aus Japan.

Button ausgebremst

Bereits am Start des entscheidenden Rennens demonstrierte der Pole-Mann seine Entschlossenheit und blockte einen Angriff Buttons ab. „Dafür bekommt er sicher eine Strafe“, schimpfte der ausgebremste Brite. Die Rennleitung blieb jedoch milde und Vettel straffrei. In der Folge konnte er seine Führung zunächst kontinuierlich ausbauen.

Im üblichen Reifenpoker musste Vettel jedoch auch seiner forschen Fahrt Tribut zollen. Button kam mit den unterschiedlichen Reifenmischungen besser zurecht. In Runde 21, zu diesem frühen Zeitpunkt waren Vettel und Button schon mit dem dritten Reifensatz unterwegs, kam der Brite vor Vettel aus der Box.

Spannendes Rennen

Drei Umläufe später beruhigte sich das Geschehen vorübergehend. Das Safety-Car musste raus: Buttons McLaren-Kollege Lewis Hamilton war kurz zuvor mit Ferrari-Pilot Felipe Massa kollidiert. Carbon-Teile auf der Strecke mussten nun eingesammelt werden. Vettel konnte nicht profitieren: Button düste nach dem Re-Start erneut weg.

Nur auf Sicherheit wollte der Champion aber nicht gehen bei der Jagd auf den Titel. Stattdessen volles Risiko: Er wechselte als erster Top-Fahrer auf harte Reifen und musste sich fortan durch das Feld wieder mühsam nach vorne arbeiten. An den diesmal wie entfesselt fahrenden Button kam Vettel nicht mehr heran, auch weil er beim Überrunden aufgehalten wurde.

Alte Bekannte

Altmeister Schumacher sammelte derweil auf den 53 Runden von Suzuka zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder Führungskilometer, wenn auch nur kurz. Der Mercedes-Pilot wurde am Ende Sechster. Teamkollege Nico Rosberg, der aufgrund von Hydraulik-Problemen in der Qualifikation vom letzten Platz aus gestartet war, kam als Zehnter ins Ziel. Force-India-Pilot Adrian Sutil wurde Elfter, Timo Glock im Marussia Virgin 20..

Das gesamte Wochenende über hatte die Red-Bull-Crew alles getan, um Vettel vorzeitig zum Weltmeister zu machen. Am Samstag hatte sich der alte und neue Champion auch dank eines neuen Frontflügels, der erst 27 Minuten vor der Qualifikation aus England eingetroffen war, seine zwölfte Pole Position der Saison gerettet. „Was wir mit Red Bull Racing erreicht haben, ist unglaublich“, sagte Vettel.