Cancellara und das Problem mit der Sauna

Cancellara  und das Problem mit der Sauna

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Nach seiner Energieleistung beim Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix bewies Cancellara auch bei der Siegerparty Ausdauer. Der dritte Pflasterstein, den er für seinen Sieg in der "Hölle des Nordens" erhielt, bekommt einen Ehrenplatz: daheim in der Sauna.

Tief in der Nacht gegen 2.30 Uhr gab es eine letzte Nachricht, dann war der Held von Roubaix endgültig am Ende seiner Kräfte. „Ich bin müde und K.o. – Finito la Benzina“, twitterte der Schweizer Klassiker-Star Fabian Cancellara von der rauschenden Siegerparty aus dem Mannschaftshotel des RadioShack-Radrennstalls. Eine derartige Energieleistung am Tresen hätten ihm wohl die wenigsten zugetraut, nachdem er Stunden zuvor nach seinem dritten Triumph in der „Hölle des Nordens“ völlig entkräftet und erschöpft zu Boden gegangen war.

Fabian Cancellara ist müde und K.o.. (Foto: AFP)

Doch Cancellara verblüffte ein weiteres Mal, nachdem er die Konkurrenz beim 111. Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix erneut mit einem bewundernden Staunen zurückgelassen hatte. So ging es für den viermaligen Zeitfahr-Weltmeister am Montag mit tiefen Augenringen zurück in die Schweizer Heimat. Mit im Gepäck war der dicke Pflasterstein, den jeder Sieger erhält.

Steinbrocken in der Sauna

Für Cancellara ist es nach seinen Erfolgen aus den Jahren 2006 und 2010 bereits der dritte, was ihn daheim in Ittigen vor den Toren Berns bald vor ein Problem stellen könnte. Seine Frau Stefanie hat die ersten beiden Steinbrocken in den Fenstern der Sauna im eigenen Häuschen platziert. Die Sauna hat aber nur drei Fenster. So stellte sich die Frage, was er denn machen wolle, wenn er im nächsten Jahr wieder gewinnt.

„Der vierte Stein ist noch weit weg. Unser Haus umbauen wollen wir eigentlich nicht“, meinte Cancellara. Es blieb die einzige offene Frage an diesem historischen Tag in der französischen Arbeiterstadt, nachdem Cancellara bei der Tortur auf den Pavés, die zu Zeiten Napoleons Transportweg für Kohle und Kanonen gewesen waren, für jedes Problem eine Lösung parat hatte. Viel zu früh, gut 50 Kilometer vor dem Ziel, war Cancellara in der Spitzengruppe isoliert. Mit Krämpfen und beeinträchtigt von den zwei Stürzen unter der Woche war Cancellara als Einzelkämpfer unterwegs. „Alle sind gegen mich gefahren“, berichtete der Peking-Olympiasieger.

Kopfsteinpflaster

Ein purer Fight sei es gewesen, den Cancellara aber mit unglaublicher Moral gewann. Zwischenzeitlich abgehängt fegte der Schweizer in der entscheidenden Phase über das Kopfsteinpflaster, und auf der alten Betonpiste zeigte er gar Bahnsprinter-Qualitäten, als er den jungen Belgier Sep Vanmarcke im klassischen Duell Mann gegen Mann besiegte. Ein großer historischer Tag sei es gewesen, ergänzte Cancellara, dem als zweiter Fahrer nach Tom Boonen das zweite Double aus Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix gelang.

Wie sein Rennprogramm weitergeht, weiß der 32-Jährige noch nicht. Eine gewisse Leere machte sich im Gesicht Cancellaras breit, der bewegende zwölf Monate hinter sich hat. Im vergangenen Jahr war er nach seinem dreifachen Schlüsselbeinbruch bei der Flandern-Rundfahrt noch zum Zuschauen verurteilt, auch der Sturz bei den Olympischen Spielen hatte ihm schwer zugesetzt. Er brauche nun Zeit zur Erholung und um all dies zu realisieren. Nebenbei kann er sich auch Gedanken machen, wie er ein viertes Fenster in die Sauna bekommt. Mit einem weiteren Sieg wäre er dann auch mit den belgischen Roubaix-Rekordgewinnern Roger De Vlaeminck und Boonen auf einer Stufe.