Neuer WeltmeisterVom Rugbyfeld auf den Darts-Thron: Die erstaunliche Reise des Gerwyn Price

Neuer Weltmeister / Vom Rugbyfeld auf den Darts-Thron: Die erstaunliche Reise des Gerwyn Price
Von der Statur her eher kein typischer Darts-Profi: Kraftpaket Gerwyn Price Foto: dpa/Adam Davy

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Der Traum von der großen Rugby-Karriere platzte, nun ist Gerwyn Price eben Darts-Weltmeister. Als neue Nummer eins der Welt kann der Muskelprotz mit den vielen Talenten eine Ära prägen.

Selbst im größten Moment seiner sportlichen Karriere schoss Gerwyn Price dieser längst zerplatzte Traum durch den Kopf. „Ich schwebe auf Wolke sieben“, sagte der neue Darts-König zwar, während er der monströsen WM-Trophäe in seinen muskelbepackten Armen immer wieder verliebte Blicke zuwarf – und doch kam dem Waliser sofort auch in den Sinn, dass er sich vor vielen Jahren alles ganz anders ausgemalt hatte.

„Ich dachte“, sagte der Weltmeister ungläubig nach seinem Coup im Ally Pally gegen den Schotten Gary Anderson, „dass ich vielleicht mal in einer Reihe mit den walisischen Rugby-Legenden genannt werden würde – jetzt sind es die ganzen Darts-Legenden.“ Eine dieser Legenden, Rekordweltmeister Phil Taylor, hieß Price umgehend im Klub der Champions willkommen und lobte die neue Nummer eins der Welt für ihr „brillantes“ Spiel.

Es ist wahrlich eine erstaunliche Reise, die Price in den vergangenen sieben Jahren zurückgelegt hat. Eigentlich wollte er Rugbyprofi werden und für die walisische Nationalmannschaft spielen, schließlich betrieben auch seine Brüder und sein Vater den Sport. Eine Handgelenksverletzung machte diesen Traum aber zunichte, über die zweite walisische Liga kam er nicht hinaus.

Und so beschloss der passionierte Pub-Spieler Anfang 2014, sich voll auf eine Darts-Karriere zu konzentrieren. Wenige Tage zuvor hatte sich ein gewisser Michael van Gerwen durch seinen ersten WM-Titel zur Nummer eins der Welt gekürt. Sieben Jahre gab der lange als uneinholbar geltende Niederländer den Platz an der Sonne nicht mehr ab – bis Quereinsteiger Price ihn nun sensationell ablöste.

„Es ist wahrscheinlich härter, die Nummer eins der Welt zu werden, als diese Trophäe zu gewinnen“, sagte der 35-Jährige und erklärte: „Vor zwei Jahren hätte man Michael ein Jahr Pause geben können und er wäre immer noch die Nummer eins gewesen.“ Umso beeindruckender ist der Aufstieg von Price.

Dabei gehört die Liebe des Muskelprotzes immer noch dem Rugby, Darts sieht er vornehmlich als Geschäft. Sein Ziel sei es, den Dartsprofis „das Geld aus der Tasche zu ziehen“ und in Immobilien zu investieren, betonte Price. Und das gelingt ihm immer besser. „Ich hoffe“, sagte er grinsend mit der 25 Kilogramm schweren Sid Waddell Trophy im Arm, „dass sich die 500.000 Pfund genauso schwer anfühlen.“

Nicht nur aufgrund solcher markiger Aussagen polarisiert Price im Darts-Zirkus wie kein Zweiter. Der Waliser ist bekannt für seine lautstarken Jubelausbrüche während eines Matches, mit denen er auch schonmal über das Ziel hinausschoss und sich den Ruf des Bad Boy erarbeitete. Und doch sind es genau solche Typen, die der Weltverband PDC nach den Rücktritten der Ikonen Taylor oder Raymond van Barneveld braucht.

Trotz seines rasanten Aufstiegs ist Price noch längst nicht am Ende seiner Entwicklung, er kann eine Ära prägen. Er selbst hat jedenfalls schon einen festen Plan. „Ich werde mit 50 Jahren aufhören und in der Sonne leben“, sagte er in einem Interview mit der Welt. Und sollte er schon vorher auf Darts keine Lust mehr haben, steht einer dritten Karriere nichts im Weg. „Ich bin ziemlich gut im Snooker“, sagt er. Price ist eben ein Mann der vielen Talente.