Freitag17. Oktober 2025

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Großbritannien„Wir sagen nicht ,the Queen‘, wir sprechen von Camilla“

Großbritannien / „Wir sagen nicht ,the Queen‘, wir sprechen von Camilla“
Charles III. und Queen Camilla winken auf dem Balkon des Buckingham Palace Foto: Adrian Dennis/AFP

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Der britische politische Journalist Andrew Gimson (The Daily Telegraph) ist Kenner des Königshauses und wirft in unserem Interview einen Blick auf die Regentschaft von Prinz Charles III. 

Tageblatt: An diesem Dienstag liegt der Amtsantritt von Elizabeth II. genau 72 Jahre zurück. Fehlt die vor anderthalb Jahren verstorbene Monarchin den Briten?

Andrew Gimson: Mir persönlich fällt es immer sonntags auf, wenn ich in meine anglikanische Kirche gehe. Da gibt es routinemäßig ein Gebet für das Wohlergehen der Königsfamilie, insbesondere des Monarchen. Wenn man sein ganzes Leben für die Queen betet, wirkt es immer noch ein bisschen merkwürdig, dass wir nun für den König beten.

Kommt Ihnen der Ausdruck „Queen“, bezogen auf Charles’ Gattin Camilla, leicht über die Lippen, oder zögern Sie noch?

Wenn ich mit Leuten rede, sagen wir nicht „the Queen“, sondern wir sprechen von Camilla. Vielleicht ändert sich das im Lauf der Zeit. Die öffentliche Meinung war ja nach Prinzessin Dianas Tod sehr feindselig gegenüber Camilla. Das ist ja längst nicht mehr so.

Mit dem König wirken die Leute ganz zufrieden.

Das ist mein Eindruck. Er wusste genau, dass ein Monarch anders agieren muss und weniger reden darf als der Thronfolger. Das hat er beherzigt. Er scheint die neue Rolle zu genießen. Sie ist ja in mancher Hinsicht auch viel leichter. Als König sieht er den Premierminister jede Woche, in völliger Privatheit. Wenn er ein Problem sieht, kann er das vortragen. Gleiches gilt für die jeweiligen Fachminister. Und natürlich verfügt er über eine viel weiter zurückreichende Erfahrung als jedes Kabinettsmitglied.

Insofern ähnelt er seiner Mutter in ihren letzten Jahrzehnten. Worin unterscheidet er sich?

Die Queen mochte nicht gern berührt werden, wohingegen Charles damit gar keine Probleme hat. Neulich hob er einer alten Dame den heruntergefallenen Stock auf. Das wäre der Queen nie eingefallen.

Auch die königliche Öffentlichkeitsarbeit hat sich verändert.

Die Royals waren immer sehr zurückhaltend, wenn es um ihre Gesundheit geht. Hingegen gab der Palast kürzlich vorab bekannt, der König müsse sich einem Prostata-Eingriff unterziehen. Das wurde ausdrücklich so kommuniziert, damit sich britische Männer mit dem leidigen Thema beschäftigen.

In der Nationalhymne wünschen sich die Briten, der König werde „lang über uns herrschen“. Kann man ihm selbst und dem Land das wünschen?

Ja, das finde ich schon. Wir wollen den Thronfolger William nicht zu früh mit der Bürde des Amtes belasten, zumal er eine junge Familie mit Kindern zwischen zehn und fünf Jahren hat.

Aber es wäre doch viel bessere PR fürs Königshaus …

PR? Solche Überlegungen sollte man in diesem Zusammenhang nicht anstellen.

Ohnehin ist ja bei einem mittlerweile 75-Jährigen die Zeit auf dem Thron begrenzt

Finden Sie nicht, dass nach langen Jahrzehnten mal wieder ein etwas Jüngerer an der Spitze stehen sollte?

Ach, das glaube ich nicht. Nach dem Tod der Queen sprach er mehrfach von „lebenslangem Dienst“. Da kommt eine vorzeitige Abdankung nicht in Frage. Ohnehin ist ja bei einem mittlerweile 75-Jährigen die Zeit auf dem Thron begrenzt.

Das Familienoberhaupt Charles hat es schwer mit den beiden Problemprinzen Andrew, seinem jüngeren Bruder, und seinem zweiten Sohn Harry.

Man könnte sie auch „die Überflüssigen“ nennen. Sicherlich schwierig, beinahe unlösbar für alle Beteiligten.

Andrew soll endlich seine supergünstige, viel zu üppige Unterkunft aufgeben, findet Charles.

Da enthält die neue Biographie des Königs von Robert Hardman ein spannendes Detail: Offenbar liegt die Royal Lodge im großen Park von Windsor außerhalb der Sicherheitszone, die Schloss Windsor selbst umgibt. Charles verlangt nun von seinem Bruder, dieser solle für den nötigen Polizeischutz selbst bezahlen, was dem notorisch klammen Andrew schwerfallen dürfte.

Und Prinz Harry?

Auch für ihn wird über kurz oder lang das Geld eine Rolle spielen. Enthüllungen über seine gewiss schwierige Kindheit und Jugend im Königshaus werden abnehmende Erträge bringen, je länger die Sache zurückliegt. Für Herzogin Meghan ist es auch nicht leicht, in ihre Karriere als Schauspielerin zurückzufinden. Die Position des Königs bleibt gleich: Natürlich würde er den an Kalifornien verlorenen Sohn wieder aufnehmen. Ganz gewiss täte es ihm leid, die Enkel Archie und Lilibet nicht häufiger um sich zu haben.

Zur Person

Andrew Gimson, 65, ist Autor einer soeben aktualisierten Ausgabe des Buches „Kings and Queens“ (Verlag Square Peg) und Kolumnist für Conservative Home