SpanienVor Regionalwahlen in Madrid ist wieder von „Roten“ und „Faschisten“ die Rede

Spanien / Vor Regionalwahlen in Madrid ist wieder von „Roten“ und „Faschisten“ die Rede
Madrid wählt, Spanien bangt: PP-Kandidatin Isabel Diaz Ayuso steht vor der Wiederwahl Foto: AFP/Javier Sorano

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Es sind nur Regionalwahlen, aber der Urnengang in Madrid könnte der spanischen Zentralregierung des sozialistischen Regierungschefs Pedro Sánchez Umfragen zufolge eine ernsthafte Niederlage bescheren. Die populistische Präsidentin der Region, Isabel Díaz Ayuso von der oppositionellen Volkspartei (PP), strebt ihre Wiederwahl an.

In einem Land, das in der Bewertung des Bürgerkriegs (1936-1939) und der Diktatur von Francisco Franco immer noch gespalten ist, ist derzeit wieder von „Roten“ und „Faschisten“ die Rede. Durch die starke Polarisierung des Wahlkampfs wurden Debatten über den Umgang der Regionalregierung mit der Corona-Pandemie und über die Politik der PP, die Spaniens reichste Region seit 1995 regiert, an den Rand gedrängt.

Umfragen sagen der konservativen Volkspartei einen großen Vorsprung voraus, die absolute Mehrheit im Regionalparlament von Madrid wird sie demnach aber knapp verpassen. Sie wird voraussichtlich auf die Unterstützung der rechtsextremen Vox-Partei angewiesen sein.

Briefe mit Kugeln

Neben verbalen Beleidigungen war der Wahlkampf auch von Todesdrohungen begleitet. Briefe mit Kugeln wurden an führende Politiker verschickt, darunter auch der Vorsitzende der linksgerichteten Partei Podemos, Pablo Iglesias. Podemos ist Juniorpartner in Sánchez’ Minderheitsregierung.

Die 42-jährige Díaz Ayuso gab im März den Ton vor, als sie die Wahl als Entscheidung zwischen der von ihr vertretenen „Freiheit“ und dem „Kommunismus“ von Sánchez ausrief. Sie gilt als aufsteigender Stern in der Volkspartei. Ihre scharfen Attacken konzentrierte sie voll und ganz auf Sánchez. Hartnäckig widersetzte sich Díaz Ayuso dem Druck der Zentralregierung, in ihrer Region strengere Corona-Beschränkungen und Lockdowns zu erlassen – mit dem Argument, die Wirtschaft müsse am Laufen gehalten werden und der Erhalt sozialer Kontakte sei für die Gesundheit wichtig.

Bier zu trinken ist wichtig. Nach einem schlechten Tag heitert ein Bier dich auf.

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Madrid ist die spanische Stadt mit den lockersten Corona-Regelungen und war die einzige große Hauptstadt in der EU, in der Bars, Restaurants und Theater mit nur wenigen Ausnahmen offen blieben, seitdem ein landesweiter Lockdown Mitte 2020 endete. „Bier zu trinken ist wichtig. Nach einem schlechten Tag heitert ein Bier dich auf“, sagte die 42-Jährige im vergangenen Monat im Radio.

Die jüngsten Umfragen sehen die Volkspartei bei rund 40 Prozent, fast doppelt so viel wie bei der letzten Wahl im Mai 2019. Die Sozialisten kommen auf 20 Prozent – nach mehr als 27 Prozent bei der Wahl zuvor. Die Corona-Pandemie hat Madrid schwer getroffen. Von landesweit 78.000 Corona-Toten entfallen fast 20 Prozent auf die Region, in der rund 6,7 Millionen Menschen leben.

Díaz Ayuso war gerade erst sechs Monate im Amt und politisch wenig erfahren, als die Corona-Krise das Land traf. Ihr Umgang mit der Gesundheitskrise veranlasste die Opposition zu scharfer Kritik, doch Díaz Ayuso machte Sánchez verantwortlich. Sie warf ihm vor, das Krisenmanagement den mächtigen Regionalregierungen überlassen zu haben – die grundsätzlich für Gesundheit und Bildung zuständig sind.

Die Parteien des linken Spektrums warnten im Wahlkampf vor Gefahren durch eine PP-Regierung mit Unterstützung der einwanderungsfeindlichen Vox-Partei. Diese macht kein Geheimnis aus ihrer Verherrlichung der Franco-Ära. Die Vox unterstützt die PP bereits in zwei anderen Regionen und im Rathaus von Madrid. Auch die scheidende Regionalregierung von Madrid konnte bereits auf die Unterstützung von Vox zählen. (AFP)