SerbienTrump-Schwiegersohn soll zerbombten Generalstab für Nobelhotel erhalten

Serbien / Trump-Schwiegersohn soll zerbombten Generalstab für Nobelhotel erhalten
Düsteres Stadtwahrzeichen soll zum Nobelhotel werden: Die Ruine des von der NATO 1999 zerstörten Generalstabs in Belgrad Foto: Thomas Roser

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Die Ruine des von der NATO 1999 zerbombten Generalstabs will Serbiens Regierung ausgerechnet einem US-Investor überlassen: Der Schwiegersohn von Ex-Präsident Trump soll die Kriegsruine in ein Luxushotel umwandeln. Doch es regen sich auch Zweifel an dem laut Kritikern korruptionsanrüchigen Deal.

Achtlos hasten die Passanten an dem Kriegsrelikt zu beiden Seiten der Belgrader Nemanjina-Straße vorbei. Längst haben sich die Einheimischen an ihr düsteres Stadtsymbol gewöhnt. Die Fensterhöhlen in den gebarstenen Betonfassaden lösen nur noch bei ausländischen Touristen Knips- und Selfie-Anstrengungen aus: Seit die NATO im Kosovokrieg am 30. April 1999 den „Generalstab“ und damit das Hauptquartier der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) bombardierte, klafft mitten in Serbiens Hauptstadt eine Ruinenwunde.

Ausgerechnet ein US-Investor soll nun für die „Revitalisierung“ der gegenüber dem serbischen Regierungssitz gelegenen Kriegsruine sorgen. Er sei „sehr glücklich, dass wir das Problem im Stadtzentrum lösen werden“, versichert Serbiens Staatschef Aleksandar Vucic: Er sei vor „Lachen fast gestorben“, als er gelesen habe, dass er sich von dem Projekt, „politischen Einfluss auf Donald Trump“ erhoffe.

Doch Politik und Geschäft sind nicht nur auf dem Balkan eng verquickt. Und tatsächlich sollen die beiden sich stufenartig verjüngenden Wolkenkratzer, die auf Computeranimationen in den Belgrader Himmel ragen, von US-Partnern aus dem engsten Umfeld des auf seine Rückkehr ins Weiße Haus hoffenden Ex-Präsidenten realisiert werden: Trumps Schwiegersohn Jared Kushner will eine halbe Milliarde Dollar zur Umwandlung der Kriegsruine in ein Nobelhotel, Luxusappartments und Büros investieren – laut Vucic samt „einer Art Museum“ für die Opfer der NATO-Bombardierung.

Anders gesagt: Jemand dürfte erhebliche Mittel erhalten, ohne dass dies als Korruption angesehen wird

Danas, unabhängige Zeitung

Eingefädelt hat den Deal ein in Belgrad sehr gut vernetzter Trump-Vertrauter. Der frühere US-Sonderbeauftragte Richard Grenell habe ihn „schon seit Jahren“ davon zu überzeugen versucht, in das Projekt zu investieren, bestätigte Kushner gegenüber der New York Times.

Bereits vor seiner erstmaligen Wahl zum Präsidenten hatte Trump 2013 Interesse an der Übernahme der Kriegsruine signalisiert. Serbiens damaliger Regierungschef und heutige Außenminister Ivica Dacic hatte sich zwar hernach in New York mit Trump-Mitarbeitern zu einer ersten Unterredung getroffen. Doch nicht nur Trumps Karrieresprung in den Präsidentensessel, sondern auch Denkmalschutzauflagen verhinderten damals den Deal.

Auch aus politischen Gründen hatte der frühere Premier Vojislav Kostunica den von dem modernistischen Stararchitekten Nikola Dobrovic konzipierten Generalstab 2005 zum nationalen Kulturgut erklären lassen. Doch als Mahnmal ist die Ruine bei Serbiens geschäftstüchtigen Machthabern heute nicht mehr gefragt.

Korruptionsverdacht

Erhält Belgrad verspätet doch noch einen doppelten „Trump-Tower“? Unterschrieben sei noch nichts, die Verhandlungen aber weit gediehen, beteuern Kushner und Serbiens geschäftsführender Bauminister Goran Vesic. Laut Presseberichten sieht ein erstes, von beiden Seiten angeblich bereits abgesegnetes Memorandum vor, dass der Staat dem Investor den kontaminierten Grund des Generalstabs für 99 Jahre kostenfrei zur Nutzung überlässt – und im Gegenzug 22 Prozent der nicht näher spezifizierten Gewinne erhält.

Kritiker vermuten, dass das bisher von Serbiens Machthabern kaum kommunizierte Projekt ähnlich „diskret“, mit Sondergesetzen und ohne Ausschreibungen auf den Weg gebracht werden soll wie das intransparente Großprojekt des am Save-Ufer aus dem Boden gestampfte Nobelviertel „Belgrad am Wasser“. „Das ist reine Korruption“, klagt der Finanzberater Milan Kovacevic gegenüber der Zeitschrift NIN: „Warum schreibt man keinen Tender aus, bei dem immer die Chance auf ein besseres Angebot besteht?“

Auch für die unabhängige Zeitung Danas ist das Projekt korruptionsanrüchig. Einerseits sei die Politik im Spiel, andererseits gebe es bei derartigen Großprojekten generell „kein Gratisfrühstück“: „Anders gesagt: Jemand dürfte erhebliche Mittel erhalten, ohne dass dies als Korruption angesehen wird.“