BalkanSerbien und Kosovo verständigen sich auf Umsetzung des EU-Plans zur Normalisierung ihrer Beziehungen

Balkan / Serbien und Kosovo verständigen sich auf Umsetzung des EU-Plans zur Normalisierung ihrer Beziehungen
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic äußert sich nach einem Treffen im mazedonischen Ohrid mit dem … Foto: AFP/Armend Nimani

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Kosovo und Serbien haben sich am Wochenende auf einen Fahrplan zur Verwirklichung des EU-Plans zur Normalisierung ihrer Beziehungen geeinigt. Unterschrieben ist noch nichts. Doch die EU scheint entschlossen, die Ex-Kriegsgegner in ein verbindliches Annäherungskorsett zu zwingen.

Der zwölfstündige Verhandlungsmarathon am mazedonischen Ohridsee hatte Spuren auf den bleichen Mienen der Teilnehmer hinterlassen. Von „sehr schweren Verhandlungen“ mit Kosovos Premier Albin Kurti und Serbiens Präsident Aleksandar Vucic sprach nach deren Ende der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am späten Samstagabend. Zwar seien die Ex-Kriegsgegner den „ambitiöseren Vorstellungen“ der EU nicht gefolgt: Doch Kosovo und Serbien hätten „sich auf einen Annex zur Umsetzung des Abkommens zur Normalisierung ihrer Beziehungen verständigt“.

Er habe die „roten Linien“ Belgrads dargelegt und „nichts unterschrieben“, versicherte Vucic. Doch er sei „zufrieden“; dass in einer konstruktiven Atmosphäre „eine Art Vereinbarung“ erzielt worden sei: „Nichts ist heute beendet worden. Es geht um einen Prozess, der lange dauern wird.“

Zwar habe Serbien die Eigenstaatlichkeit des Kosovo „faktisch anerkannt“, so Kurti. Doch die „andere Seite“ habe es trotz einer grundsätzlichen Einigung erneut abgelehnt, das Abkommen samt Anhang zu dessen Umsetzung zu unterzeichnen: „Nun liegt es an der EU, einen Mechanismus zu finden, dass dieses Abkommen international verbindlich wird.“

Tatsächlich haben sich die beiden unwilligen Nachbarn auf starken Druck Brüssels zumindest auf einen groben Fahrplan zur Verwirklichung des bereits Ende Februar abgesegneten EU-Plans zur Normalisierung ihrer Beziehungen geeinigt. Unterschrieben ist zwar noch nichts. Doch die EU scheint aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben – und entschlossen, die Ex-Kriegsgegner in ein verbindliches Annäherungskorsett zu zwingen.

Einer der Webfehler des noch immer nicht vollständig umgesetzten Brüsseler Abkommens von 2013 war das Fehlen von klaren Umsetzungsvorgaben und Fristen. Nun hat sich Pristina laut Borrell dazu verpflichtet, die noch immer ausstehende Bildung eines Verbands der serbischen Kommunen „unverzüglich“ in Angriff zu nehmen.

Widerwillige Zusagen

Innerhalb eines Monats soll eine Kommission gebildet werden, die die Umsetzung des EU-Plans überwachen soll: Belgrad ist diesem zufolge verpflichtet, sich nicht mehr länger dem Beitritt des seit 2008 unabhängigen Kosovo zu internationalen Organisationen zu widersetzen sowie dessen Hoheitszeichen, Ausweise, Zollpapiere und Autokennzeichen zu akzeptieren: Die faktische Anerkennung von Kosovos bisher abgelehnter Eigenstaatlichkeit käme einer Kehrtwende Belgrads gleich.

Mit dem Zuckerbrot einer rascheren EU-Integration und einer in Aussicht gestellten Donatorenkonferenz sowie der Drohknute der Aussetzung der EU-Integration hofft Brüssel die Dauerstreithähne zu einem Ausgleich zu bewegen: Die Umsetzung der gemachten Zusagen soll Teil der EU-Beitrittsverhandlungen beider Staaten werden.

Die Seite, die ihre Verpflichtungen nicht erfülle, habe mit „Strafen“ zu rechnen, sagt Vucic, demzufolge der EU-Druck auf beide Seiten „anhalten“ werde: „Weder ist Kurti darüber glücklich noch springe ich deswegen in den Himmel.“

Doch ob sich beide Seiten an ihre widerwilligen Zusagen halten werden, muss sich noch weisen. Der Text des Vertragsanhangs sei von den EU-Vermittlern in Ohrid zwölfmal geändert worden, berichtete Vucic nach seiner Rückkehr nach Belgrad am Sonntag. Er habe zwar zugesagt, an dessen Umsetzung zu arbeiten. Doch wegen der Verweigerung seiner Unterschrift und vorsichtiger Wortwahl gebe es noch „keine Verpflichtungen für uns“. Sein Vorteil sei, „dass er ausdauernder als andere“ sei, pries er sich selbst: „Nach zwölf Stunden ist meine Konzentration ausgezeichnet – und das war auch gestern Abend so.“

… kosovarischen Premierminister Albin Kurti, wo beide unter Vermittlung der EU über eine Annäherung beider Länder verhandelt haben
… kosovarischen Premierminister Albin Kurti, wo beide unter Vermittlung der EU über eine Annäherung beider Länder verhandelt haben Foto: AFP/Armend Nimani