AKW CattenomRettungskräfte verfügen über modernste Schutzkleidung

AKW Cattenom / Rettungskräfte verfügen über modernste Schutzkleidung
Eigentlich sollte Block 4 bis Ende Juni mit einem Notstrom-Aggregat ausgerüstet werden. Wegen Corona verzögern sich die Arbeiten. Damit ist die Kühlung der Brennstäbe bei einem Stromausfall weiterhin nicht gewährleistet. Foto: Editpress/Jean-Claude Ernst

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Luxemburg verfügt über ausreichende Schutzkleidung für den nuklearen Notfall. Bei einem gravierenden Zwischenfall in Cattenom werden die Mitglieder des NRBC-Teams eingesetzt, die speziell im Umgang mit atomaren, biologischen oder chemischen Unfällen und Angriffen geschult wurden.

Cattenom beschäftigt weiter die Gemüter. Das Atomkraftwerk (AKW) in der französischen Grenzregion kommt in die Jahre, die Pannenserie um die vier Reaktoren will einfach nicht abreißen. Der Betreiber aber will die Laufzeit der Anlage um zehn Jahre verlängern. Der Unmut im Dreiländereck ist groß.

Immer wieder fordern deutsche Abgeordnete und Vertreter der benachbarten Bundesländer die Bundesregierung zum Handeln auf. Und auch auf Luxemburger Seite regt sich der Widerstand, wie das Protestschreiben von Umweltministerin Carole Dieschbourg und Energieminister Claude Turmes (beide „déi gréng“) Ende 2019 beweist. Die französischen Behörden schalten hingegen auf stur und schlagen sich auf die Seite des Betreibers „Electricité de France“ (EDF). Somit bleibt den Behörden hierzulande nichts anderes übrig, als die Daumen zu drücken und sich – so gut es nur geht – auf den Katastrophenfall vorzubereiten.

Eigentlich sollte das Atomkraftwerk ursprünglich „nur“ 40 Jahre lang am Netz bleiben. In dem Fall wäre in sechs Jahren Schluss gewesen: Der erste Block wurde 1986 nach sieben Baujahren in Betrieb genommen. Der Betreiber hingegen denkt nicht daran, die vier Meiler fristgerecht abzuschalten. So hat EDF bereits vor Jahren entschlossen, die Laufzeit des Kernkraftwerks um zehn Jahre verlängern zu lassen.

Die Entscheidung erfolgte quasi im Alleingang: Luxemburg, das Saarland und Rheinland-Pfalz wurden nicht in die Überlegungen mit eingebunden und regelrecht vor vollendete Tatsachen gestellt. Rückendeckung erhielt EDF allerdings vom französischen Umweltministerium: Sämtliche Anlagen mit einer Nettoleistung von mehr als 1.300 Megawatt – darunter auch Cattenom – sollen nun erst 2035 vom Netz genommen werden, wenn nicht sogar noch später.

Keine offiziellen Zahlen für 2019

Dabei wurden alleine 2018 in Cattenom 44 Störfälle gemeldet. Es sind dies auch die letzten offiziellen Zahlen, die ihren Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben: Wegen der Pandemie wurde die Bilanz-Präsentation dieses Jahr vorerst auf Eis gelegt. Die traditionelle Pressekonferenz, zu der sich alljährlich auch etliche Medienvertreter aus dem Großherzogtum verirren, ist bis dato aber nicht das einzige Corona-Opfer in Cattenom: Wegen der Ausgangsbeschränkungen konnte der vierte Block nicht fristgerecht mit einem Notstrom-Aggregat versehen werden. Aufgrund von Schaltkreis-Problemen musste vor einer Woche dann auch noch Block 3 abgeschaltet werden.

Vorfälle, die nicht unbedingt beruhigend auf das Umfeld wirken. So beschäftigten sich hierzulande in den letzten Wochen mehrere Abgeordnete mit dem Thema – darunter Jeff Engelen (ADR), der sich innerhalb kürzester Zeit gleich zwei Mal an die Regierung wandte. Ihm brennen vor allem Fragen unter den Fingern, inwiefern Luxemburg für den Katastrophenfall gerüstet ist.

„Für Einsatzkräfte können je nach vorliegender Kontamination einige Schutzvorkehrungen getroffen werden. Von besonderer Bedeutung ist es, die Aufnahme von Radioaktivität in den Körper zu vermeiden. Dies bewirken einfache Atemmasken, Filtermasken oder Systeme, die von der Umluft unabhängig sind“, zitiert Engelen aus einem Schreiben des deutschen Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Einfache Schutz- oder Spritzschutzanzüge könnten die Kontamination verhindern, so der Abgeordnete weiter.

In Luxemburg verfügen die Mitglieder des sogenannten „Groupe de protection contre les risques nucléaires, radiologiques, biologiques et chimiques“, kurz NRBC, über hochwertiges Schutzmaterial. Das bestätigen Gesundheitsministerin Paulette Lenert und Innenministerin Taina Bofferding (beide LSAP) in ihrer Antwort auf die entsprechende parlamentarische Frage. Das NRBC-Team ist den Rettungskräften des „Corps grand-ducal d’incendie et de secours“ (CGDIS) unterstellt und wird regelmäßig im Katastrophenschutz und im Umgang mit den modernsten Schutzmaßnahmen geschult. Das ihnen zur Verfügung gestellte Material entspreche indessen den aktuellen europäischen Normen. Damit seien die Einsatzkräfte für Unfälle oder Angriffe mit sogenannten ABC-Substanzen (atomar, biologisch, chemisch) gerüstet.

Genaue Zahlen nennen die beiden Ministerinnen nicht, unterstreichen aber, dass man für sämtliche möglichen Einsätze gerüstet sei. Natürlich sei man aber auch darauf vorbereitet, noch mehr Material zu besorgen, sollte ein Einsatz über längere Zeit gehen. Bis dahin sei auch die Qualitätskontrolle gesichert: Das übernehmen die Mitglieder des „Centre de soutien logistique“ des CGDIS. Das Material werde regelmäßig angepasst, aufgestockt und gegebenenfalls auch ersetzt.

Eine Verteilung von Schutzkleidung an die Bevölkerung sei indessen aber nicht vorgesehen. Deshalb müsse das Volumen des zur Verfügung stehenden Materials trotz steigender Einwohnerzahlen nicht angepasst werden.