Russische Spionage in ItalienIn Geldnot gibt Fregatten-Kapitän Geheimnisse für 5.000 Euro weiter

Russische Spionage in Italien / In Geldnot gibt Fregatten-Kapitän Geheimnisse für 5.000 Euro weiter
Italien ist eines der Länder innerhalb der EU, das noch relativ gute Beziehungen zu Russland unterhält – die werden nun auf die Probe gestellt Foto: AFP/Andreas Solaro

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die italienische Polizei hat einen Fregatten-Kapitän festgenommen. Ihm werden „schwere Verbrechen im Zusammenhang mit Spionage und der Staatssicherheit“ vorgeworfen. Der Mann handelte offenbar aus Geldnot.

Die Operation war sorgfältig vorbereitet und in aller Stille über die Bühne gegangen. Als der 56-jährige Fregattenkapitän Walter Biot brisante NATO-Dokumente und Interna aus dem italienischen Verteidigungsministerium an einen russischen Militärangehörigen, der in der römischen Botschaft seines Landes tätig ist, übergeben wollte, schlugen Spezialkräfte der Carabinieri-Einheit ROS zu: Auf frischer Tat stellten sie die beiden Männer sowie die Dokumente und einen Geldumschlag sicher. Die Szene mutete wie in einem klassischen Spionagefilm an, die Aktion war binnen Minuten zu Ende.

Nun sitzt der im Obersten Verteidigungsstab Italiens arbeitende Marineoffizier in Untersuchungshaft. Außenminister Luigi Di Maio (M5S) nannte den Spionageakt einen „schweren Schlag gegen die Sicherheit Italiens und der NATO“. Zwei russische Regierungsvertreter wurden von Italien ausgewiesen.

Wohl seit langem ausgespäht

Die russische Seite musste den Marineoffizier bereits seit langem ausgespäht und seine finanzielle Notlage erkannt und ausgenutzt haben. Biot ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Die jüngste Tochter ist schwerstbehindert, benötigt ganztägige Pflege und aufwendige und teure Rehabilitationsmaßnahmen. Die Ehefrau des der Spionage Beschuldigten erklärte in einer Stellungnahme gegenüber italienischen Medien, die Familie habe mit dem Einkommen ihres Mannes in Höhe von 3.000 Euro die Lebensaufwendungen nicht bestreiten können. Trotz sozialer Zuschüsse und Hilfen, die dem Kind gesetzlich zustünden, sei man nicht zurechtgekommen. Ihr Mann habe sich mehrfach verzweifelt gezeigt und sei in einer solchen Lage wohl auf ein Angebot der russischen Seite eingegangen.

Walter Biot hat seine militärische Karriere als Marineunteroffizier begonnen. Über die Offizierslaufbahn führte sein Weg später in den Admiralsstab des italienischen Verteidigungsministeriums, dann folgte die Ernennung zum Leiter des Büros für internationale Beziehungen und Öffentlichkeitsarbeit beim Verteidigungsminister. Möglicherweise ist der russische Auslandsgeheimdienst zu dieser Zeit – Biot diente in dieser Stellung bis 2015 – bereits auf den nunmehrigen Fregattenkapitän aufmerksam geworden. Noch interessanter wurde Biot, als er in die Abteilung für Militärpolitik des italienischen Generalstabs versetzt wurde. In dieser Funktion hatte Biot Zugang zu einem Gros der NATO- und italienischen Verteidigungsdokumente und wurde damit zu einer wichtigen Quelle der russischen Militärspionage.

Jetzt drohen 15 Jahre Gefängnis

Offizierskollegen aus dem Generalstab zeigten sich erleichtert über das Funktionieren der Abwehr. Wie der militärische Abschirmdienst die Verbindungen Biots zum russischen Militär aufdeckte, bleibt bislang ein Geheimnis – ebenso wie die Details dazu, um welche Dokumente es sich bei der Übergabe handelte. Deutlich bleibt nur, dass eine Bezahlung von 5.000 Euro für brisante Militärdokumente eher spärlich zu nennen ist. Im Falle einer Verurteilung droht Walter Biot eine Freiheitsstrafe zwischen 15 Jahren und lebenslänglich, in Abhängigkeit davon, welche Tatsachen der nun folgende Prozess noch ans Tageslicht bringen wird. Die Lage der Familie wird dadurch sicher nicht erleichtert.