NachhaltigkeitGrünes Gütesiegel für Atom und Gas – EU-Kommission verabschiedet umstrittene Taxonomie

Nachhaltigkeit / Grünes Gütesiegel für Atom und Gas – EU-Kommission verabschiedet umstrittene Taxonomie
Umweltaktivisten demonstrierten gestern in der Nähe des Kommissionsgebäudes in Brüssel gegen die Entscheidung der EU-Kommission, die vornehmlich auf Betreiben der Behördenchefin Ursula von der Leyen, des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des deutschen Kanzlers Olaf Scholz zustande kam Foto: François Walschaerts/AFP

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Die EU-Kommission hat der Atomkraft und dem Erdgas ein grünes Gütesiegel verliehen. Trotz massiver Bedenken aus Politik und Wissenschaft stuft die Brüsseler Behörde beide Energieträger als „nachhaltige Brückentechnologien“ ein. Atom und Gas gehen damit in die sogenannte Taxonomie für nachhaltige Finanzprodukte ein, mit der die EU-Kommission private Investitionen ankurbeln will.

Die Vorlage, die erstmals am 31. Dezember veröffentlicht wurde und seither für Unruhe in Brüssel sorgt, wurde am Mittwoch formell verabschiedet. Nicolas Schmit, der Sozialkommissar aus Luxemburg, und Johannes Hahn, Budgetkommissar aus Österreich, stellten sich gegen die Empfehlung, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen persönlich ausgearbeitet hatte.

Widerstand kam auch aus mehreren EU-Staaten. Deutschland, Luxemburg und Österreich sperrten sich gegen die Adelung der Atomkraft, Österreich und drei weitere Länder hatten Bedenken gegen das Ökosiegel für Gas. Große Änderungen konnten sie aber nicht durchsetzen. Die Taxonomie ist ein „delegierter Rechtsakt“ und kein normales EU-Gesetz – die Kommission kann „durchregieren“.

Die Regierungen durften zuletzt nur noch „technische Anmerkungen“ machen. Einige davon habe man berücksichtigt, sagte eine Kommissionsexpertin. So wurden die Auflagen für Gas gelockert. Dies hatte die deutsche Regierung gefordert. Deutschland hatte sich in den vertraulichen Verhandlungen, die bis in die Silvesternacht dauerten, für Gas starkgemacht, Frankreich für die Kernkraft.

Die Verordnung werde die Transparenz erhöhen und private Investitionen fördern, sagte EU-Kommissarin Mairead McGuiness. „Heute haben wir strenge Bedingungen präsentiert, die zur Mobilisierung von Kapital für den Ausstieg aus schädlicheren Energieträgern wie Kohle beitragen“, sagte die Irin. Anleger könnten künftig leichter erkennen, „ob Gas- oder Kernenergietätigkeiten im Spiel sind“.

Die nationale Energiepolitik bleibe von der Taxonomie unberührt, betonte die EU-Kommission. Den Mitgliedstaaten stehe es weiter frei, sich für oder gegen bestimmte Technologien zu entscheiden. Von einem „Greenwashing“ könne keine Rede sein, erklärte McGuiness, da die Nutzung von Atom und Gas an strenge Auflagen gebunden sei. Die Einstufung sei „schwierig, aber notwendig“.

Entscheidung ist kaum zu stoppen

Doch die Kritik hält an. Die Grünen im Europaparlament sprechen von einem „Etikettenschwindel“, der auf Kosten der Energiewende und der Anleger gehe. „Die Reaktionen der letzten Wochen aus Politik, Wissenschaft und von den Finanzmärkten hätten der Kommission doch klar zeigen müssen, wie unsinnig und gefährlich ihr Vorschlag ist, Investitionen in Atom und Gas als nachhaltig einzustufen“, erklärte die luxemburgische Grünen-Politikerin Tilly Metz in einer Mitteilung. „Die EU-Kommission hält an Greenwashing fest“, kritisierte der sozialdemokratische EU-Parlamentarier Joachim Schuster. Für eine Mehrheit gegen den Vorschlag fehlen Im Europaparlament allerdings noch mehr als 100 Stimmen. Im Ministerrat haben die Kritiker noch weniger Chancen.

Um einen „delegierten Rechtsakt“ zu stoppen, reicht keine einfache Mehrheit. Vielmehr müssen 20 EU-Staaten dagegen stimmen – das gilt als unerreichbar. Frankreich hat ein dutzend Staaten mobilisiert, die sich vehement für die Kernkraft aussprechen. Deutschland konnte dagegen bisher nur wenige kleinere EU-Länder um sich scharen. Wegen der Lobbyarbeit für Gas steht Berlin selbst in der Kritik.

Der Rat und das Parlament haben nun vier Monate Zeit, um über den Vorschlag zu beraten. Wenn sie ihn nicht ablehnen, kann er in Kraft treten. Allerdings hat Österreich eine Klage vor dem Europäischen Gerichsthof angekündigt. Dies könnte die Umsetzung verzögern. Die EU-Kommission hält ihren Entwurf jedoch für gerichtsfest – spätestens 2023 soll das umstrittene grüne Gütesiegel kommen.

HTK
3. Februar 2022 - 10.15

Weltweit werden neue AKW's gebaut. Warum? Die Müsliwelle hat Europa fest im Griff.Dabei hätte man die Kohle vor 40 Jahren schon verbieten müssen.Und wenn bei uns dann einst die Lichter ausgehen weil keine Sonne scheint oder kein Wind bläst,dann ist das Geschrei groß und wir kaufen in Frankreich ein. James Lovelock,der Vater des Naturschutzes,sprach sich für die Atomkraft aus weil sie sauber ist.Er schlug sogar vor,einen alten Brennkern in seinem Garten ( natürlich fachgerecht )als Strom und Heizlieferant zu verwenden. Da staunt der Laie.