IrlandGrüne Insel erneut im Corona-Lockdown – ab Mittwoch sechswöchige Ausgangssperre

Irland / Grüne Insel erneut im Corona-Lockdown – ab Mittwoch sechswöchige Ausgangssperre
„Bedrohung ernst nehmen“: Premier Martin bittet um Verständnis für den Lockdown Foto: AFP/Paul Faith

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Irland hat als erstes EU-Land einen zweiten Corona-Lockdown verkündet. Ab heute gilt eine sechswöchige Ausgangssperre, wie Ministerpräsident Micheal Martin mitteilte.

Nach 14-tägigem hartnäckigen Widerstand gegen die immer dringlicher werdenden Empfehlungen der Gesundheitsbehörde hat die irische Regierung am Montagabend strenge Restriktionen verhängt. Sie sollen zunächst für sechs Wochen bis Anfang Dezember gelten. Sein Land werde nur dann einigermaßen normal Weihnachten feiern können, wenn die Bürger im Kampf gegen SARS-CoV-2 zusammen helfen, sagte Premierminister Micheál Martin im TV-Sender RTE. „Ich bitte alle, die Bedrohung ernst zu nehmen.“

Das ausgedünnte Gesundheitssystem der Republik hatte der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr nur knapp standgehalten, bereits Ende Juni mussten erste Lockerungen des Lockdowns wieder zurückgenommen werden. Seither hat sich die Situation nicht verbessert, im Gegenteil: Anfang Oktober verlangte der oberste Gesundheitsbeamte Tony Holohan die Einstufung der Bedrohung durch Covid-19 in die höchste Alarmstufe 5. Dagegen wehrte sich die Regierung mit Verweis auf die negativen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.

Dass die erst vor knapp vier Monaten ins Amt gekommene Jamaika-Koalition nun das Ruder herumwarf, hat in Dublin für harte Kritik gesorgt. „Die Autorität der Regierung ist vermindert“, lautete das Urteil der konservativen Irish Times. Der bekannte Publizist Fintan O’Toole bewertete die Entscheidungsfindung als „stümperhaft“ und wies auf die Tatsache hin, dass an entscheidenden Sitzungen von Kabinett und Epidemiologen ausschließlich Männer teilnehmen.

Die beinahe gleich großen Koalitionspartner von Premier Martins nationalliberaler Fianna Fáil und der konservativen Fine Gael unter dem vorherigen Taoiseach (gälisch für Häuptling) Leo Varadkar sind schon seit Wochen zerstritten über das weitere Vorgehen in der Pandemie, vom kleinen grünen Partner ist kaum die Rede.

Eigentlich bleiben nur Schulen offen

Wirtschaftsminister Varadkar hatte immer wieder öffentlich Zweifel an einer Verschärfung der Regeln geäußert und damit die Geschlossenheit der Regierung gefährdet. Der jüngste Kurswechsel wird in Dublin auf einen Sinneswandel des praktizierenden Arztes zurückgeführt.

Die neuen Restriktionen verbieten jegliche Treffen unterschiedlicher Haushalte in geschlossenen Räumen; auch im Park dürfen sich die Iren nur mit einer anderen Familie treffen. Angestellte sollen so weit wie möglich im Home-Office arbeiten, von jeglichen Reisen wird abgeraten, Sport und Spaziergänge sollen höchstens fünf Kilometer von der eigenen Adresse wegführen. An Beerdigungen dürfen höchstens zehn Trauernde, an Hochzeiten bis zu 25 Feiernde teilnehmen. Pubs, Restaurants und Einzelhändler bleiben bis auf take-away geschlossen, lediglich Lebensmittelgeschäfte dürfen geöffnet bleiben. Anders als im Frühjahr sollen diesmal Schulen und Kindergärten geöffnet bleiben. Dagegen meldete die Lehrergewerkschaft Bedenken an; sie sieht ihre Mitglieder gefährdet.

Auch im britischen Nordirland gelten seit Montag zunächst für vier Wochen wieder strenge Beschränkungen, nachdem einzelne Bezirke wie Derry wöchentliche Neuinfektionsraten von bis zu 820 pro 100.000 Einwohner gemeldet hatten. Geschäfte und Gaststätten bleiben geschlossen, auch Einzelhändler dürfen nur bis 20 Uhr Alkohol verkaufen.