Ein Kühlschrank für die Armen

Ein Kühlschrank für die Armen
Fotos: Sumayyah Sayed

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Millionen Arbeiter schuften in Dubai in Extremhitze und für wenig Geld. Mit einem Kühlschrank vor dem Haus wollte eine Australierin vor zwei Jahren ein Zeichen setzen.

Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen

Millionen Arbeiter schuften in Dubai in Extremhitze und für wenig Geld. Mit einem Kühlschrank vor dem Haus wollte eine Australierin vor zwei Jahren ein Zeichen setzen. Inzwischen stehen zumindest im Ramadan 170 Kühlschränke an Dubais Straßen.

Als Sumayyah Sayed von Australien nach Dubai zog, fand sie die Hitze erdrückend. Doch trotz der sengenden Temperaturen um die 40 Grad arbeiteten Tausende Migranten auch tagsüber im Freien. Einer davon war ihr eigener Gärtner, wie Sayed in einer E-Mail schrieb.

Die junge Frau begann, dem Gärtner am Morgen etwas zu essen und zu trinken zu geben, wenn er kam, um die Gartenarbeit zu verrichten. „Aber manchmal vergaß ich es auch in der Hetze am Morgen mit den Kindern, und dann war er zu schüchtern, um zu fragen.“ Da kam der Australierin die Idee, einen Kühlschrank auf ihrer Veranda aufzustellen und ihn mit Getränken zu füllen, damit der Gärtner und auch andere Arbeiter sich selbst bedienen konnten, ohne dass es ihnen peinlich sein musste.

Kühlschrank wurde zum beliebten Treffpunkt

Sumayyah Sayed fand einen Kühlschrank und schrieb auf einer Facebook-Gruppe für die Nachbarschaft: „Ich habe einen Kühlschrank draußen, bitte packt doch etwas rein.“ Wenig hatte sie mit der Reaktion ihrer Nachbarn gerechnet, die sie innerhalb von Minuten mit Nachrichten überschwemmten und ihr helfen wollten, den Kühlschrank für ärmere Menschen zu bestücken.

„Ich stellte fest, dass der Kühlschrank so beliebt war und scherzte mit Nadia Sarie, einer anderen Freiwilligen, der ich dabei begegnete, dass der Kühlschrank beliebt genug sei, eine eigene Facebook-Gruppe zu bekommen.“ Damit war die Seite ’Ramadan Sharing Fridges‘ geschaffen und in nur drei Wochen wuchs die Gruppe auf 27.000 Mitglieder an.

Kühle Oase bei 37 Grad Hitze

Bisher ist das Projekt aufgrund des Zeitaufwandes auf die Wochen des Ramadan beschränkt – doch aus einem Kühlschrank sind inzwischen 170 geworden, die über Google Maps gefunden werden können und vor Wohnhäusern, in Parkgaragen und an Baustellen stehen. Die Kühlschränke sind mit Obst und Gemüse, Keksen und kalten Getränken gefüllt. Vor allem Laban, ein kaltes Joghurtgetränk, ist beliebt. Nicht erwünscht sind aus Hygiene- und Gesundheitsgründen gekochtes Essen oder Essensreste.

Die Arbeitsmigranten können ganztägig Essen und Trinken aus den Kühlschränken entnehmen, auch wenn die muslimischen Bürger selbst sich an die Regeln des Ramadan halten. Es geht bei dem Projekt auch darum, unterschiedliche Kulturen, Religionen und Nationalitäten zusammenzubringen. Im Durchschnitt kommen bis zu 150 Menschen pro Tag zu einem der Kühlschränke, die täglich oft mehrmals neu aufgefüllt werden müssen.

Während des Ramadan – dem neunten Monat des muslimischen Mondkalenders – der in diesem Jahr von Mitte Mai bis Mitte Juni geht – verzichten gläubige Muslime während der Tagesstunden auf Essen und Trinken. In dem „heiligen“ Monat beten Gläubige zudem mehr und sollen neben spiritueller Reflexion und Fasten Nächstenliebe zeigen. Vielen geht es auch darum, das Leiden von ärmeren Menschen zu reflektieren.

Ramadan: Nachdenken und Nächstenliebe

„Während des ganzen Jahres bin ich wie viele andere mit dem täglichen Leben beschäftigt“, schrieb Sumayyah Sayed, die inzwischen wieder in Australien lebt, die Aktion aber aus der Ferne weiterhin mit unterstützt. „Aber wenn der Ramadan kommt, ist es an der Zeit, nachzudenken.“ Es gehe nicht nur darum, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu fasten, sondern auch, sich seiner Gedanken und Worte und Selbstbeherrschung bewusst zu sein. „Und glauben Sie mir, seine Worte zu kontrollieren, wenn man hungrig ist, ist alles andere als leicht“, scherzte die Australierin und gläubige Muslimin.

Mit dem Projekt habe sie aber auch ein gutes Beispiel für ihre Söhne setzen wollen, die wie viele andere Kinder mitgeholfen haben, die Kühlschränke zu füllen. „Ich hoffe, dass es ihnen in Erinnerung bleiben wird und sie gelehrt hat, wie befriedigend es ist, zu geben.“