Der König darf brennen

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Von unserem Korrespondenten Heinz Krieger

Es ist rechtens, Fotos des spanischen Königs auf einer Kundgebung zu verbrennen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ein spanisches Urteil dagegen aufgehoben. In Katalonien wurden zur Feier erneut Königsfotos verbrannt.

„Auch ich verbrenne die spanische Krone“, war auf geschwind gedruckten Plakaten in der katalanischen Kleinstadt Banyoles zu lesen, die nach der Verkündung des Urteils des Europäischen Menschenrechts-Gerichtshofes (EGMR) überall in der Stadt aufgehängt wurden. Denn die Straßburger Richter hatten ein spanisches Urteil aufgehoben, das zwei Männern Geldstrafen auferlegte, weil sie ein Bild von König Juan Carlos und Königin Sofia öffentlich verbrannt hatten.

„Borbonen ins Feuer“

In Banyoles wurde der Freispruch am Abend mit Sekt und dem Verbrennen weiterer Königsbilder – diesmal von Juan Carlos’ Sohn Felipe VI. – auf dem Rathausplatz gefeiert. Bei den katalanischen Wahlen hatten hier 80,8 Prozent den separatistischen Parteien ihre Stimme gegeben, 8.580 der gut 10.000 Wahlberechtigten. Und die katalanische Linkspartei CUP, die mit ihrer Forderung nach Ausrufung einer Republik derzeit die Regierungsbildung in Barcelona verhindert, lud auf ihre Weise zu der Bilderverbrennung ein. „Die Borbonen ins Feuer“, twitterte die CUP.

All das ist nach dem Straßburger Urteil vom Dienstag rechtens und Bestandteil des Rechts auf Meinungsfreiheit laut Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950. Nach spanischem Recht nicht. Deshalb wurden zwei damals junge Männer zunächst zu Haft und später zu Geldstrafen verurteilt, weil sie im September 2007 bei einer Protestkundgebung gegen den Besuch von König Juan Carlos und Königin Sofia im katalanischen Gerona riesige Fotos dtaer Monarchen öffentlich verbrannt haben. Die Straftat: Beleidigung der Krone.

Krone steht für Demokratie

Der Versuch, dieses Gesetz in dieser Woche im Madrider Parlament abzuschaffen, scheiterte. Denn, so das Argument der Mehrheit, es gehe nicht um die Person, sondern um die Krone oder den König als Institution. „Ein Foto der Könige zu verbrennen, ist keine harmlose Ausübung des Protest- oder Provokationsrechts, wie die europäischen Richter sagen, sondern eine Einladung zu zivilem Zwist, zur Konfrontation der Bürger und zur antidemokratischen Offensive. Die Könige verkörpern die Verfassung, die spanische Nation, demokratische Freiheiten und Grundrechte“, schrieb die königstreue Zeitung „ABC“ am Mittwoch in ihrem Leitartikel.

Die spanischen Richter sehen das genau so. Der Fall ging durch die spanischen Instanzen und wurde letztlich vom Verfassungsgericht bestätigt. Die ursprünglich ausgesprochene Gefängnisstrafe wurde auf eine Geldbuße von je 2.700 Euro für Enric Stern Taulats und Jaume Roura Capellera reduziert. Die müssen laut dem Straßburger Urteil jetzt von der spanischen Justiz an die beiden in Gerona und Banyoles lebenden Freigesprochenen zurückbezahlt werden. Hinzu kommt eine Entschädigung von 9.000 Euro, für beide zusammen.

Vier Verurteilungen 2018

Der Straßburger Gerichtshof hat Spanien nicht zum ersten Mal verurteilt. Allein in diesem Jahr gab es schon vier solcher Fälle, neben dem Urteil vom Dienstag ein Spruch zugunsten eines 87-jährigen Klägers aus Valencia, weil die Behörden ihre Bürger nicht ausreichend vor der Lärmbelastung im Ausgehviertel San José schützten. Weiter wurde Spanien verurteilt, weil im Fall von fünf Kassiererinnen deren Privatsphäre nicht geschützt wurde. Sie waren von einer versteckten Kamera beim Warendiebstahl gefilmt, angezeigt und verurteilt worden. Zu Unrecht, befand Straßburg, denn sie wussten ja nichts von der Kamera. Und zwei ETA-Terroristen, die 2006 einen Flughafenparkplatz in Madrid gesprengt und dabei zwei Menschen getötet haben, erhielten in Straßburg Entschädigungszahlungen von 50.000 Euro zugesprochen. Sie seien bei ihrer Verhaftung durch die Guardia Civil entwürdigend behandelt worden.