Bulgariens holpriger Start in die Präsidentschaft

Bulgariens holpriger Start in die Präsidentschaft

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Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

Bulgarien hat seine erste EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Doch schon der Auftakt der eher protokollarischen Präsidentschaftsehren mehrt die Zweifel, ob das Land wie erhofft seinen negativen Ruf als korruptes EU-Armenhaus aufbessern kann.

Auch bei frischgebackenen Ratsherren kommen Misstöne selten allein. Drinnen im festlich herausgeputzten Nationaltheater von Sofia stimmten die hohen Emissäre aus Brüssel zwar wie erhofft salbungsvolle Lobeshymnen auf die „hervorragenden“ Vorbereitungen auf Bulgariens erste EU-Ratspräsidentschaft an.

Draußen erschallten zu deren offiziellen Auftakt am Donnerstagabend hingegen ganz andere Töne. Ob Umweltschützer, unzufriedene Polizisten oder Pensionäre: „Mafia“ und „Rücktritt“ skandierten Tausende Teilnehmer von insgesamt neun Demonstrationen, die über die gelben Pflastersteine der Innenstadt zogen.

Für ein halbes Jahr ist die EU bei ihrem ärmsten Mitglied zu Gast. Vor allem zur Aufpolierung von Bulgariens zweifelhaftem Ruf als korruptes EU-Armenhaus will die rechtsnationalistische Regierung des bulligen Dauerpremiers Bojko Borissow die eher protokollarischen Präsidentschaftsehren nutzen. Tatsächlich ist dem Balkanstaat in den nächsten Monaten die vermehrte Aufmerksamkeit der EU-Partner gewiss. Doch schon der holprige Stotterstart mehrt die Zweifel, ob die geplante Werbekampagne in eigener Sache gelingt: Verstärkt werden die zahlreichen Missstände und Skandale im Balkanstaat während der Präsidentschaft im Brennpunkt der internationalen Öffentlichkeit stehen.

Opposition kündigt Misstrauensvotum an

Wie trostlos es im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Korruption bestellt ist, demonstrierte zu Wochenbeginn ein erneuter Auftragsmord: Mitten in Sofia wurde der regierungsnahe Unternehmer Petar Hristow von fünf Kugeln durchsiebt. Von einem Fehlstart der EU-Präsidentschaft könne keine Sprache sein, beteuerte hernach Parlamentspräsidentin Tsweta Karajantschentewa: „Solche Dinge“ passierten in jedem europäischen Land. Doch einzigartig ist vor allem die geringe Aufklärungsquote der blutigen Abrechnungen im Mafiamilieu: Bei fast keinem der rund 150 öffentlichen Auftragsmorde seit der Wende 1989 konnten Killer und Auftraggeber zweifelsfrei ermittelt werden. Auch die frohe Kunde von schadstofffreien Elektroautos, die die EU-Gäste in ihre Hotels karren, wird von Sofias undurchdringlichem Smog überschattet.

„Einigkeit macht stark“, verkünden zwar die EU-Präsidentschaftsbanner in der bulgarischen Hauptstadt. Doch ob bei dem vom Staatschef Rumen Ramew zunächst per Veto gestoppten, aber am Freitag doch noch durch das Parlament gepeitschten Antikorruptionsgesetz oder ob beim Koalitionskrach um die Europakonvention zur Gewalt gegen Frauen: Von Einheit ist selbst Sofia weit entfernt. Für nächste Woche hat die Opposition ein Misstrauensvotum gegen die Regierung angekündigt.

Pferdekarren prägen die Berichterstattung

Wenn es schlecht läuft, entpuppen sich selbst gut gemeinte Versuche zur Verschönerung des trüben Bilds als fatale Rohrkrepierer. Nach der Ankündigung des Stadtrats von Sofia, Pferdekarren während der EU-Präsidentschaft aus dem Zentrum zu verbannen, wurden fast alle Vorberichte in der internationalen Presse mit Fotos der ungewollten Armutsgefährte illustriert.

Auf die erhöhte Aufmerksamkeit und Kritik der Auslandspresse reagiert die heimische Öffentlichkeit zunehmend gereizt. Mit dem „gestohlenen Geld“ der Bürger werde eine Medienkampagne zur „Destabilisierung der bulgarischen Institutionen“ finanziert, vermeldet düster das Wochenblatt Politika. Es sei falsch, zu glauben, dass die EU nun sechs Monate lang nach Bulgariens Pfeife tanzen werde, ätzt hingegen das liberale Wirtschaftsblatt Kapital Daily. Die Aufgabe der bulgarischen Ratsherren werde sich auf das Protokoll beschränken: „Sie werden zeigen können, wie gut sie darin sind, Arbeit vorzutäuschen und an der Oberfläche zu bleiben. Echte Resultate und sinnvolle Initiativen sind ja nicht so ihr Ding.“

Peter Mutschke
13. Januar 2018 - 7.49

Bei einem Urlaub am Sonnenstrand erlitt ich beim Sturz in einem Spassbad einen Nasenbruch.Medizinische Hilfe war nebensächlich.Das einzige was diese Menschen interessierte war mein Geld. Bei allem Verständnis für die Folgen von 40 Jahren Misswirtschaft.Man sollte mal lieber die Ärmel hochkrempeln. Siehe Estland. Bestes Beispiel.