BettemburgSaisonbeginn des „Parc merveilleux“: über Besucher, Erfolgsrezepte und gelebte Inklusion

Bettemburg / Saisonbeginn des „Parc merveilleux“: über Besucher, Erfolgsrezepte und gelebte Inklusion
Der Märchenpark ist quasi unangefochten die Nummer eins unter den touristischen Attraktionen des Landes Fotos: Editpress/Alain Rischard, Fabrizio Pizzolante; Montage: Kim Kieffer

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Am Samstag ist Saisonbeginn im „Parc merveilleux“ in Bettemburg. Zwei Daten spielen eine wichtige Rolle im Leben des Parks: die Gründung im Jahr 1956 und das Jahr 1997, als die Elternvereinigung APEMH mit ins Boot stieg und die Anlage zu dem machte, was sie heute ist.

Ortsbesuch vor einer knappen Woche: Marc Neu sitzt in seinem bescheiden eingerichteten Büro im Park. Bis zur Eröffnung sind es noch einige Tage. Draußen laufen die Arbeiten auf Hochtouren. Der Direktor des Märchenparks sieht dem Ganzen aber eher unaufgeregt entgegen. „Das machen die vielen Jahre Erfahrung. Jetzt sieht es aus, als ob eine Bombe eingeschlagen wäre, aber in den Tagen vor der Eröffnung wird alles auf Vordermann gebracht.“ 

1956 wurde der Park gegründet. Der Landschaftsbauer Willem Ter Braake aus den Niederlanden hatte die Idee. Diese wurde von der Gemeindeverwaltung begeistert aufgenommen und von Teilen der Zivilgesellschaft finanziert. Der Park erfreute sich schnell großer Beliebtheit. Ein Meilenstein in seiner Geschichte ist dann das Jahr 1997. Damals beschloss die APEMH („Association des parents d’enfants mentalement handicapés“) den Park zu übernehmen. Eine Übernahme mit friedlicher und sozialer Gesinnung. Es ging vor allem darum, Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung eine adäquate Ausbildung und Arbeit anzubieten. Ein innovatives Konzept, das, neben Renovierungen und Neubauten, die Besucher bis heute überzeugen kann.

Menschen zusammenbringen

Marc Neu hat die Ateliers der APEMH in Bettingen-Mess betreut. Infolge der Übernahme des Parks wechselte er nach Bettemburg. „Mittlerweile arbeite ich 30 Jahre für die APEMH.“ Ermüdungserscheinungen sieht man ihm nicht an. Dafür aber Zufriedenheit. Sein Job gefalle ihm. Menschen zusammenbringen und das Angebot erweitern. Dazu gehören Märchen, Spielplätze, Fahrgeschäfte, die Tierwelt und auch der Kunstbereich. All dies sei keine Routinearbeit, Langeweile käme nicht auf, sagt er lachend: „Es gibt schlimmere Arbeitsplätze.“

Natürlich freut es ihn, dass der Park letzte Saison wieder die meistbesuchte Touristenattraktion des Landes war. Genau 290.407 Besucher sind gekommen – und damit rund 1.000 mehr als 2022. Kann man eigentlich solche Rekordzahlen jedes Jahr steigern? „Das fragen wir uns jedes Jahr und dann schaffen wir es trotzdem.“ Wird der Direktor deshalb „Marc merveilleux“ genannt? Marc Neu lacht. „Nein, das ist einfach nur ein Wortspiel, das sich jemand vor vielen Jahren ausgedacht hat, als wir T-Shirts und Pullover mit dem Schriftzug ,Parc merveilleux‘ bei der ,Fondation Kräizbierg‘ bestellt haben.“

„Big Erdmännchen“ is watching you
„Big Erdmännchen“ is watching you Foto: Editpress/Alain Rischard

Was ist das Erfolgsrezept des Parks? „Vieles: die Natur, die Spazierwege, der familiäre Charakter, es gibt für jeden etwas und es bleibt übersichtlich“, sagt der Direktor bei einem Rundgang durch die Anlage. „Nein, an Achterbahnen denken wir nicht, es soll ruhig und gemütlich bleiben.“

Nicht zu vergessen ist, dass die Tiere und ihre Gehege natürlich das ganze Jahr über gepflegt werden müssen

Marc Neu, Direktor des Parks

Aber etwas teurer ist der Eintritt zum Park dieses Jahr geworden? „Ja, aber immer noch erschwinglich. Wir wollen das Budget einer mehrköpfigen Familie nicht zu sehr belasten.“ Und die Märchen? „Das läuft immer noch sehr gut. Wir sind ja nicht umsonst der Märchenpark. Letztes Jahr kamen die Fabel vom Renert hinzu sowie die Zaubertruhe.“

Zwischen Ende Herbst und Anfang Frühjahr ist der Park für Besucher geschlossen. Die Mitarbeiter bleiben. Keine Zeit für Muße, gibt Marc Neu zu verstehen: „Also relax ist das nicht unbedingt. Wenn der Park zugemacht wird, beginnen die Arbeiten fürs nächste Jahr. Es gibt immer irgendwelche Baustellen, die wir während der Saison nicht angehen können. Das wird dann während der Wintermonate gemacht. Dabei sind wir ständig von der Sorge, rechtzeitig fertig zu werden, getrieben. Nicht zu vergessen ist, dass die Tiere und ihre Gehege natürlich das ganze Jahr über gepflegt werden müssen.“

Arbeiten an der Hammerel-Brücke

Das Gros der Arbeiten im Park wird von jenen Frauen und Männern gemacht, die unter dem Dach der APEMH leben und arbeiten. Eigentlich ist der Märchenpark ein einzig großes Inklusionsatelier. Marc Neu, so wirkt es, möchte nicht viel Aufhebens darüber machen. Dass hier Menschen mit einer geistigen Behinderung arbeiten, soll in der Wahrnehmung des Parks keine Rolle spielen. Ziel sei es, dass eine gute Arbeit geleistet werde. Ganz gleich von wem. Das sei richtige Inklusion, so darf man Marc Neu wohl verstehen. In der Tat: Die Menschen, die im Park arbeiten, wohnen außerhalb und kommen per Auto oder Bus zur Arbeit und fahren abends wieder nach Hause. „Besucher sollen den Park genießen. Wenn sie dann sagen, dass alles schön sauber und gepflegt aussieht, dann ist das die höchste Wertschätzung, die wir bekommen können. Dabei ist es nicht wichtig, wer die Arbeit gemacht hat.“ Rund 100 APEMH-Angestellte arbeiten im Märchenpark. Hinzu kommen 35 Leute aus der Verwaltung, rund 30 Saisonarbeiter und 25 Studenten.

Als Beobachter kann man festhalten, dass der Märchenpark Vorbildcharakter hat, wenn es darum geht, Menschen mit einer Behinderung möglichst gut auszubilden, damit sie am ersten Arbeitsmarkt oder möglichst nahe dran unterkommen können.

Farbenfrohes Unterdach
Farbenfrohes Unterdach Foto: Editpress/Alain Rischard

Die Mitarbeiter des Parks kümmern sich zu einem gewissen Teil auch um den „Gîte“, der 2023 im Schlösschen am Eingang des Parks eröffnet wurde. „Auch das findet im Rahmen der Suche nach Arbeitsmöglichkeiten für die von uns betreuten Leute statt. Mit diesen neuen Aufgaben können sie Erfahrungen in einem hotelähnlichen Gebiet sammeln“, sagt Marc Neu. Er träumt übrigens immer noch von einem Hotel nahe am Park.

Was die Zukunft anbelange, werde die monatelange Sperrung der Hammerel-Brücke die große Unbekannte dieses Jahr sein. „Leute, die sich vielleicht hier nicht so auskennen, werden anfangs einige Probleme haben“, sagt Marc Neu. „Aber das wird schon klappen.“ Dabei denkt er auch ans Wetter, denn je mehr Sonne, desto mehr Besucher.

Antworten auf alle Fragen

Unter parc-merveilleux.lu gibt es vollumfängliche Informationen über das Angebot des Parks: Öffnungszeiten, Eintrittspreise, Gastronomie, Anfahrt, Parken, Tierpatenschaften, Schnupperkurse für kleine Tierpfleger und vieles mehr. Zum Beispiel, dass Firmenfeste oder Geburtstage dort gefeiert werden können und dass Hunde im Prinzip willkommen sind.