FutsalDavide Chalmandrier (D03): In einer Woche vom Tellerwäscher zum Champions-League-Duell 

Futsal / Davide Chalmandrier (D03): In einer Woche vom Tellerwäscher zum Champions-League-Duell 
Obschon er sich zuletzt immer wieder mit Adduktorenproblemen herumplagte, will Davide Chalmandrier am Sonntag einen Teil zum Erfolg beitragen Foto: D03/Facebook

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Jugendherberge und Küchendienst statt „Maison relais“ und Erzieher-Pflichten: Davide Chalmandrier hat für eine Woche die Rollen getauscht. Der Kapitän der Differdinger Futsal-Mannschaft erzählt, wie die Woche in Lasauvage bisher verlaufen ist. D03 hat die erste Qualifikation in der Champions League gegen Helvecia London (ENG) fest im Blick. 

Tageblatt: Als Sie am Sonntag mit der Mannschaft in der Jugendherberge eingecheckt haben, ahnte wohl noch niemand, welches organisatorische Chaos auf den Verein zukommen würde. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Davide Chalmandrier: Damit hatte wirklich niemand gerechnet. In seinen Aussagen hatte der Premierminister erklärt, dass es Ausnahmen für Elite- und Profisportler geben würde. Laut der UEFA war das für unser Spiel auch der Fall, weswegen die Entscheidung des Sportministers umso überraschender für uns war. Der Vorstand hat uns am Dienstag während des Trainings mitgeteilt, dass es Probleme geben würde. Das hat uns natürlich alle sehr erschreckt. Wir haben aber gleich mit dem Trainerstab beschlossen, normal weiterzutrainieren, da es noch keine definitive Absage war. Wir wussten über die Ausweichmöglichkeiten im Ausland Bescheid und unser Vorstand war auch bereit, alles dafür zu tun. Glücklicherweise haben wir die gute Nachricht dann einen Tag später bekommen. Als Kapitän möchte ich die Gelegenheit nutzen, unserem Präsidenten Filipe Costa für seinen Einsatz zu danken. Ohne ihn wäre möglicherweise alles umsonst gewesen.

Wie beschäftigt man sich während einer sportbedingten Isolation?

Wir waren bereits vor drei Jahren vor der Champions League hier in Lasauvage in der Jugendherberge. Damals war es anders, da wir über die Woche verteilt drei Gruppenspiele absolvieren mussten und wir dementsprechend mehr Zeit in der Halle verbrachten. Diesmal ist einmal am Tag Training programmiert. Um uns zu beschäftigen, haben wir uns eine Play-Station besorgt, spielen Kicker, Karten und Gesellschaftsspiele oder machen Waldspaziergänge. Jeder hat klare Aufträge. Die Trainer kochen und wir Spieler waschen ab. Die meisten arbeiten normalerweise in der Gastronomie, das ist also kein Problem. 

Was bringt dem Team diese ganze Woche?

Es ist unser drittes Trainingslager. Das Wichtigste war diesmal, uns auf diese Weise isolieren zu können. Am Samstag werden wir von der UEFA getestet. Wir profitieren davon, eine ganze Woche unter Profibedingungen trainieren zu können. Das ist optimal für das Teambuilding. Die Trainer haben uns im Auge, wissen, was wir essen und wann wir schlafen. 

Hat man denn auf diese Weise nicht auch zu viel Zeit, über den Gegner nachzudenken?

Eigentlich nicht. Wir haben zwar bereits mit der Videoanalyse begonnen, aber der größte Teil davon kommt erst. Es wird eigentlich nicht sehr viel über das Spiel geredet. Wir beschäftigen uns und fokussieren uns auf das tägliche Training. Jeder weiß zwar, dass sie sechs Transfers speziell wegen der Champions League getätigt haben, aber das ist tagsüber kein Thema. 

Sie sind Kapitän einer erfahrenen Mannschaft. Wie hat sich der Kader verändert?

Im Gegensatz zu den Jahren davor haben wir seit 24 Monaten gezielt Spieler aus ersten ausländischen Ligen rekrutiert, wie Portugal, Italien, Tschechien oder Frankreich. Da kommen sowohl Alter als auch Profierlebnisse zusammen. Eine Champions-League-Qualifikation macht diesen Leuten keine Angst. Das ist wohl auch der Grund, warum nicht viel über die Partie geredet wird. Das Selbstbewusstsein ist größer als beispielsweise vor sieben Jahren. Damals haben wir dieses Turnier mit jungen Leuten, Schulkameraden, bestritten. Diesmal ist es anders. Jeder im Team hat Erfahrung auf diesem Niveau. Die fußballerische Entwicklung war enorm. Wir haben uns auf allen Ebenen professionalisiert – von den Videoanalysen bis hin zum Eisbad. Abgesehen davon, dass die meisten berufstätig sind, ist der sportliche Ablauf wie im Profibereich.

Dieser Schritt vom Schulhof in die Champions League ist ein tolles Gefühl. Gleichzeitig bin ich glücklich, auch jetzt noch auf diesem Niveau dabei zu sein. Ich bin der Letzte dieser Generation, der übrig geblieben ist – und der einzige Luxemburger.

Davide Chalmandrier, D03-Kapitän

Sie haben also beide Seiten erlebt, sowohl die Schulkameraden als auch die Profis. Was genießt man mehr?

Ich sehe es als perfekte Situation. Das erste Jahr haben wir mit einer Bande von Freunden die Meisterschaft gewonnen. Wir waren damals sehr stolz. Dieser Schritt vom Schulhof in die Champions League ist ein tolles Gefühl. Gleichzeitig bin ich glücklich, auch jetzt noch auf diesem Niveau dabei zu sein. Ich bin der Letzte dieser Generation, der übrig geblieben ist – und der einzige Luxemburger. Meine Kollegen haben große Qualitäten. Beide Seiten sind top und haben mich mit Stolz erfüllt. 

Waren Sie eigentlich schon mal in Cosnes-et-Romain?

Normalerweise hätte das Spiel in der neuen Halle in Niederkorn stattgefunden. Wir haben seit August allerdings erst drei Spiele dort bestritten. Deshalb fühlen wir uns auch noch nicht unbedingt heimisch. Es macht es emotional erträglicher, zu wissen, dass wir auch ohnehin nicht in der alten Oberkorner Halle angetreten wären, die abgerissen wird. Die Halle in Cosnes-et-Romain kenne ich allerdings nicht, doch wohnt mein Vater in der Gemeinde. Ich erinnere mich daran, dass der Bau vor ein paar Jahren begonnen hat und die Futsal-Mannschaft an der belgischen Meisterschaft teilgenommen hat. 

Welche Rolle spielt der Belag beim Futsal?

Man kann auf unterschiedlichen Belägen spielen. In Niederkorn wurde Parkett verlegt. In Frankreich ist es Gummi. Der Ball klebt also etwas mehr, während Parkett schneller ist. Die Anhaltspunkte sind anders. Wer was bevorzugt, ist Ansichtssache. Da es für beide neutraler Boden ist, macht das wohl keinen großen Unterschied. 

Und taktisch gesehen erwartet Sie welcher Typ Gegner?

Wir haben noch nicht so viele Informationen bekommen, aber bei der englischen Mentalität wird es wohl auf ein sehr physisches Duell hinauslaufen. Sie sind sicher auch technisch stark. Aber das sind wir auch. Obwohl wir offensiv sehr stark sind, was unser Torverhältnis in der Meisterschaft beweist, haben wir auch die beste Verteidigung der vergangenen Saison. Wir sind komplett. 

Gefeiert wie internationale Legenden: Im vergangenen Jahr wurde Davide Chalmandrier für sein 100. Meisterschaftsspiel geehrt 
Gefeiert wie internationale Legenden: Im vergangenen Jahr wurde Davide Chalmandrier für sein 100. Meisterschaftsspiel geehrt  Foto: D03/Facebook

Es wird Ihre siebte Futsal-Europapokal-Begegnung. Was war der bisher beeindruckendste Moment?

Es waren sechs in der Futsal-Qualifikation und eines auf dem Rasen im UI-Cup mit Differdingen gegen Slovan Bratislava. Das erste Futsal-Spiel war das emotionalste. Es war das erste Spiel einer Luxemburger Mannschaft im Europapokal. Bislang haben der Racing und ALSS zwar bereits Begegnungen gewonnen, aber noch kein Team hat eine Runde geschafft. Diesmal reicht ein Sieg. Aufgrund des Covid-Modus kommen in der nächsten Runde bereits die ganz großen Mannschaften in den Lostopf.

Wissen Sie schon, welche Worte Sie am Sonntag als Kapitän an die Kollegen richten werden?

Der Trainer hält seine Rede und danach hat der Kapitän das Wort. So will es die Tradition. Ich habe die Rede noch nicht vorbereitet, aber ich weiß bereits ganz genau, was ich den Jungs sagen werde – nämlich alles, was sie verdienen. 

Sie wurden im vergangenen Dezember für Ihr 100. Spiel in Luxemburg geehrt. Es kamen allerdings nicht viele hinzu. Woran lag es?

Ich habe aufgrund von Corona und zwei Verletzungen seit einem Jahr kein Pflichtspiel mehr bestritten. Vor 2015 haben wir in Belgien gespielt, rechnet man die mit ein, sind es mehr als doppelt so viele. Mittlerweile liege ich bei 106 Spielen, glaube ich. Ich habe nach einer Verstauchung und chronischen Adduktorenproblemen erst am Montag das Training wieder aufgenommen. Sollte ich spielen, werde ich nicht bei hundert Prozent sein können. 

Wie sehr würde es Sie schmerzen, nicht zum Zuge zu kommen?

Sehr … Aber in so einem Fall muss man ehrlich sein. Wenn man der Mannschaft nicht weiterhelfen kann, sollte man das klar sagen und draußen bleiben. Ich möchte ein Minimum am Sonntag dazu beitragen, diese Qualifikation zu schaffen. Aber das entscheidet der Trainer.

Champions League

Das Erstrundenspiel Déifferdeng 03 gegen Helvecia London (ENG) findet am Sonntag um 16.30 Uhr in Cosnes-et-Romain bei Longwy (F) statt. Die Begegnung wird im Livestream übertragen, da sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden wird.

Steckbrief

Davide Chalmandrier 
Geboren am 9. März 1987
Vereine: Déifferdeng 03 (17x BGL Ligue, 1x UI-Cup), Sporting Bartringen, Déifferdeng 03 Futsal (106 Spiele, 87 Tore)
Position: Fixe, Linksfuß